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Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition)

Titel: Der Löwe der Gerechtigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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mehr an die alten Zeiten denken. Jetzt sind wir Freunde, nicht wahr?»
    «Und Freunde traktiert man natürlich nicht mit Eisenstangen.»
    «Ich würde niemals eine Frau schlagen!» Trankows übertriebene Empörung half mir, mich zu entspannen. Er schien gern mit seinen Taten zu prahlen. Auch das war unbedingt eine Schwachstelle.
    Ich wusste, dass ein großes Ölgemälde nicht an einem Nachmittag fertig wird, und ließ Trankow machen. Er führte den Pinsel über die Leinwand, skizzierte vermutlich die Umrisse. Ich erinnerte mich, wie sich Fridas Muskeln unter dem Fell angefühlt hatten, wie schnell sich das weiche Bündel in ein flinkes Raubtier verwandelt hatte. Der ausgestopfte Luchs roch auch falsch. Ich veränderte ein paarmal meine Haltung, und mindestens eine halbe Stunde verging, bevor Trankow bat: «Könntest du dich jetzt ausziehen? Dann gelingen mir die Umrisse besser.»
    Ich legte den Bademantel ab und drapierte ihn über das nächste Gestell. Im Zimmer war es tatsächlich hell, die riesigen Fenster ließen keine Luft durch. Dennoch bekam ich unter Trankows prüfendem Blick Gänsehaut. Verließ ich mich zu sehr darauf, dass er genauso war wie sein Vater Walentin Paskewitsch, der seinen sexuellen Gelüsten nicht widerstehen konnte? Trankow hatte doch wohl gemerkt, wie oft sein Vater dadurch in Schwierigkeiten geraten war.
    «Wieso wurde dein Einreiseverbot eigentlich aufgehoben? Von wem hast du es erfahren?»
    «Es wäre besser, wenn du nicht sprichst.» Trankow nahm mit einem feinen Pinsel hellbraune Farbe auf, blickte zuerst zu mir, dann auf die Leinwand und zog eine dünne Linie. «Bei der Miliz hat man uns gesagt, jetzt könnten wir wieder ein Visum beantragen. Walentin traut sich trotzdem nicht nach Finnland. Er hat nicht solche Freunde wie ich.»
    Ich fragte nicht, was für Freunde das sein mochten. Trankow bat mich, das Kinn ein wenig zu heben und in die Ferne zu schauen, als sähe ich etwas Interessantes am Horizont.
    «Du musst einen wachsamen Eindruck machen. Du bist eine Luchsprinzessin, die ihr Reich überblickt. Ringsherum lauern Feinde.»
    Ich verzichtete darauf, Trankows künstlerische Vision zu kritisieren, obwohl sie mich amüsierte. Offenbar war es ihm mit der Luchsprinzessin ernst. Zu meiner Erleichterung hatte er nicht verlangt, dass ich den Slip auszog. Er arbeitete sehr konzentriert und professionell. Ich sah von Zeit zu Zeit auf die Wanduhr, und nachdem ich anderthalb Stunden lang posiert hatte, sagte ich, jetzt müsse ich eine Pause einlegen, um keinen Muskelkrampf zu bekommen.
    «Natürlich. Soll ich Tee kochen?»
    «Das kann ich ja tun.»
    Ich zog den Bademantel an und ging in die Kochnische, fest entschlossen, nur Getränke zu mir zu nehmen, die ich selbst zubereitet hatte. Im Geschirrschrank fand ich Teetassen, im unteren Schrank eine ungeöffnete Packung schwarzen Tee und ein Honigglas. Den Honig würde ich erst anrühren, wenn ich gesehen hatte, dass auch Trankow davon nahm.
    Nachdem ich den Wasserkocher genau inspiziert hatte, schaltete ich ihn ein. Die Schwäne waren ans Ufer gekommen und suchten auf dem Rasen nach Futter. Ich dachte über Trankows hochgestellte Freunde nach. Wann war er wohl in Syrjänens Dienste getreten? Da er sogar bei seinem Arbeitgeber wohnte, mussten sich die beiden gut verstehen.
    Als das Wasser aufgekocht und wieder ein wenig abgekühlt war, goss ich es über die Teebeutel. Trankow betrachtete seine Malerei und fügte irgendwo einen Tupfer Dunkelbraun hinzu. Ich hätte ihn gern gefragt, was er über David Stahl wusste. David hatte schallend gelacht, als ich ihm von meinem Abenteuer in Bromarv erzählte, in Spanien hatte er die Geschichte immer wieder hören wollen. Die Erinnerung trieb mir fast die Tränen in die Augen; zum Glück sah Trankow nicht mich an, sondern sein Bild.
    Ich fragte ihn, ob er Honig in seinen Tee wolle. Er drehte nicht einmal den Kopf, als ich einen Löffel davon in seinen Becher gab. Ich brachte ihm den Tee und warf dabei einen Blick auf das Gemälde.
    Es war noch im Anfangsstadium, auf der Leinwand waren nur schemenhafte Figuren zu sehen. In dieser Phase hätte ich eigentlich noch nicht nackt zu posieren brauchen. Aber dass Trankow nicht einfach draufloskleckste, zeigte, dass er kein kompletter Dilettant war.
    «Noch nicht gucken», sagte er fast verlegen.
    Ich kehrte in die Kochnische zurück und rührte auch in meinen Tee Honig. Frida hatte als Junges einen einsamen Schwan belauert, der sich auf unseren Hof verirrt hatte. Sie

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