Der Löwe
in der Scheiße, dass man sich nicht mal mehr mit einem Bagger wieder herauswühlen kann.
Außerdem war ich etwas besorgt, nun ja, nicht wirklich besorgt, dass Asad Khalil möglicherweise heute Abend das gleiche Ziel wie ich haben könnte. Ich brauchte mit Sicherheit keine Hilfe, um mit Khalil Mann gegen Mann fertigzuwerden, aber für den Fall, dass man in der Unterzahl sein sollte, ist es immer gut, Unterstützung zu haben. Andererseits, wenn Khalil allein war, wollte ich mit ihm allein sein.
Als ich mich dem Brightwater Court näherte, sah ich den beleuchteten Eingang des Svetlana in einem riesigen alten Ziegelbau mit zugemauerten Fenstern, der sich entlang der hölzernen
Strandpromenade erstreckte. Ich lief an dem Gebäude vorbei und auf die Promenade, wo ich, wie erwartet, den hölzernen Steg zum Svetlana sah.
Eine graue Rauchwolke erhob sich vor dem Nachtclub, und wenn ich durch den Rauch geschaut hätte, hätte ich jede Menge Zigaretten paffende Männer und Frauen gesehen. Es tut gut, an diese gesunde Salzluft zu kommen.
Ich ging zum Geländer und schaute auf den Strand und den Atlantischen Ozean. Es war kurz nach zehn Uhr abends, aber am Strand waren immer noch Leute, die spazieren gingen oder in Grüppchen beisammensaßen und, dessen bin ich mir sicher, das klare Zeug von Mütterchen Russland tranken. Die Nacht war ebenfalls klar, der Himmel voller Sterne, und im Osten ging der Halbmond auf. Draußen auf dem Wasser konnte ich die Lichter der Frachtschiffe, Tanker und Passagierdampfer sehen.
Der JFK Airport war etwa zehn Meilen östlich von hier an der Bucht, und ich starrte auf die Kette der Flugzeuglichter, die den Flughafen ansteuerten und verließen. Eins der Dinge, die mir nach 9/11 im Gedächtnis geblieben sind, war der leere Himmel – die Lichter und der Lärm hatten aufgehört, und es war sehr unheimlich. Ich kann mich noch an den Abend erinnern, als ich am Balkon stand und das erste Flugzeug seit vier Tagen sah. Ich war aufgeregt wie ein Kid aus Hinterposemuckel, das noch nie eine Passagiermaschine gesehen hat, und ich rief Kate auf den Balkon, worauf wir beide auf die Lichter des einsamen Flugzeugs starrten, das zum Landeanflug am Kennedy Airport ansetzte. Die Zivilisation war zurück. Wir machten eine Flasche Wein auf und feierten.
Ich drehte mich um und blickte den langen Holzsteg auf und ab. An diesem warmen, luftigen Tag promenierten hier Hunderte von Menschen, und ich sah Eltern, die Kinderwagen schoben, Familien, die miteinander flanierten und redeten, Gruppen junger Männer und Frauen, die sich in Balz- und Paarungsanbahnungsritualen
ergingen, und jede Menge junger Pärchen, die eines Tages ebenfalls Kinderwagen schieben würden.
In der Tat, die Welt war schön, voller guter Menschen, die tagtäglich Gutes taten. Aber es gab auch die Bösen, mit denen ich zu tun hatte und denen es eher um den Tod als ums Leben ging.
Ich streifte meinen Ehering ab – nicht etwa damit ich an der Bar als ledig durchging, sondern weil man in diesem Gewerbe keine Hinweise zu seiner Person preisgibt.
Ich blickte mich ein letztes Mal um und überzeugte mich davon, dass ich allein war, dann ging ich über den Steg zu der roten Neonreklame mit dem Schriftzug SVETLANA.
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W ie soll ich den Laden beschreiben? Nun ja, es war eine interessante Mischung aus altrussischer Pracht und einem Nachtclub in Las Vegas, vermutlich von jemandem gestaltet, der zu oft Dr. Schiwago und Casino Royale gesehen hatte.
Im hinteren Teil befand sich eine große, hufeisenförmige Bar, von der aus man teilweise freien Blick auf den Ozean und einen noch besseren Blick auf die Gäste hatte. Ich ging zwischen den Cocktailtischen hindurch und quetschte mich zwischen einem bulligen Typ in einem schillernden Anzug und einer gebleichten Blondine, die das Cocktailkleid ihrer Tochter trug, an den Tresen.
Die meisten männlichen Gäste waren ähnlich gekleidet wie ich, deshalb stand es mir nicht zu, Kritik zu üben.
Trotz meiner Aufmachung glaube ich nicht, dass ich besonders russisch aussehe, aber der Barkeeper sagte irgendwas auf Russisch zu mir – oder stammte er aus Brooklyn und sagte: »Wassollsein?«
Ich kenne in etwa sechs russische Wörter und benutzte zwei davon: »Stolichnaya, pozhaluista.«
Er zog ab, und ich blickte mich in der Cocktaillounge um. Neben den geschniegelten Anzugträgern waren allerhand Typen mit offenen Hemden und einer Vielzahl von Goldkettchen um den Hals da, dazu eine Menge Frauen, die mehr Ringe als
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