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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
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sprechen«, erwiderte ich.
    Er wirkte ein bisschen überrascht, sagte aber nicht etwa: »Mr Korsakow wurde letzte Nacht der Kopf abgesäbelt. Tut mir leid, dass Sie ihn verpasst haben.« Vielmehr fragte er: »Erwartet er Sie?«
    Boris war also am Leben und hier. »Ich bin ein alter Freund«, erwiderte ich. Ich gab ihm meine Karte, und er starrte sie an. Ich nahm an, dass er Englisch lesen konnte und dass ihm das, was er las, nicht gefiel – Antiterror-Task Force und so weiter –, deshalb sagte ich zu ihm: »Es geht um nichts Offizielles. Bringen Sie die bitte Mr Korsakov. Ich warte hier.«
    Er zögerte, dann sagte er: »Ich bin mir nicht sicher, ob er da ist, Mister …« Er schaute wieder auf meine Karte. »… Cury.«
    »Corey. Und ich bin mir absolut sicher, dass er da ist.«
    Er rief einen anderen Typ, der für ihn die Stellung halten sollte, und ich sah, wie er zur Rückseite des Restaurants ging und dann durch einen roten Vorhang verschwand.
    »Haben Sie schon mal Dr. Schiwago gesehen?«, sagte ich zu dem jungen Typ, der für den Oberkellner einsprang.
    »Bitte?«

    »Die Szene in dem Restaurant, in der der junge Typ auf den Fetten – Rod Steiger – schießt, der mit Julie Christie gevögelt hat.«
    »Bitte?«
    »Hey, ihretwegen würde ich mir auch eine Kugel einfangen. Ich habe mir drei für weniger als das eingefangen. Capisce?«
    Eine Gruppe kam herein, und der Oberkellnerlehrling geleitete sie zu einem Tisch.
    Also stand ich da, bereit, die nächste Gruppe zu ihrem Tisch zu geleiten.
    Unterdessen blickte ich mich in dem riesigen Restaurant um. Die Tische waren mit goldenen Tüchern gedeckt, auf denen Wodkaflaschen, Sektkühler und reihenweise Tabletts standen, die mit Bergen von Speisen beladen waren, und die Gäste leisteten verdammt gute Arbeit und verfrachteten das Essen dorthin, wo es hingehörte. Die Band spielte jetzt die Titelmelodie aus Liebesgrüße aus Moskau , was irgendwie komisch war.
    Die Wand hinter der Bühne ragte gut sechs Meter auf – zwei Stockwerke, und ich bemerkte jetzt, dass sich im Mittelteil der Wand unterhalb der Decke ein großer Spiegel befand, der die Kristallkronleuchter reflektierte. Ich war mir sicher, dass es ein Einwegspiegel war, durch den jemand das gesamte Restaurant beobachten konnte. Vielleicht war dort Boris’ Büro, also winkte ich.
    Drei Sängerinnen hatten die Bühne betreten, und alle waren natürlich groß, blond und hübsch und trugen enge Kleider mit metallischen Pailletten, die vermutlich eine 357er Magnum abschmetterten. Sie sangen auf Englisch irgendwas über russische Möwen, was ich seltsam fand, und es dauerte eine Weile, bis mir klarwurde, dass sie »russische Mädchen« sangen. Jedenfalls hatten sie kräftige Lungen. Kate würde dieser Laden gefallen.
    Ich nehme an, ich war auf die Möwen konzentriert, denn ich sah den Oberkellner nicht kommen, bis er neben mir stand und sagte: »Danke, dass Sie gewartet haben.«

    »Ich glaube, das war meine Idee.«
    Er hatte einen großen Jungen bei sich – einen blonden Typ mit Bürstenschnitt und einem taffen Gesicht, der einen kastenförmigen Anzug trug, der kaum über seinen Gewichtheberkörper passte.
    Der Oberkellner sagte zu mir: »Das ist Viktor« – mit k? – »und er wird Sie zu Mr Korsakov bringen.«
    Ich hätte Viktor die Hand geschüttelt, aber ich brauchte meine noch, deshalb sagte ich mit Veronikas Akzent, aber mehrere Oktaven tiefer: »Spasibo.«
    Ich folgte Viktor durch das überfüllte Restaurant, was in etwa so war, als folgte man einer Dampfwalze durch einen Blumengarten.
    Viktor teilte mit seinem Atem den Vorhang, und ich befand mich in einem Flur, der zu einer verschlossenen Stahltür führte, die Viktor mit einem Schlüssel öffnete. Wir betraten einen kleinen, schmucklosen Raum, in dem zwei Stühle standen und an dessen Rückwand eine weitere Stahltür und ein Aufzug waren. Der einzige andere Gegenstand, der mir auffiel, war eine Überwachungskamera an der Decke, die sich um 360 Grad drehte.
    Viktor öffnete die Fahrstuhltür mit einem weiteren Schlüssel und winkte mich hinein. Ich nahm an, dass die Stahltür neben dem Aufzug zu einem Treppenhaus führte, und ich bemerkte, dass sie ebenfalls ein Schloss hatte.
    Wenn ich also Asad Khalil wäre … würde ich mir einen anderen Ort suchen, um Boris kaltzumachen.
    Während wir hinauffuhren, sagte ich zu Viktor: »Sie sind also der Chefkonditor?«
    Er starrte weiter geradeaus, lächelte aber. Mit ein bisschen Humor kann man

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