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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
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Finger hatten. Allem Anschein nach hielt man sich an das Rauchverbot, allerdings begab sich ein steter Strom Leute hinaus auf die Promenade, um sich eine anzuzünden.

    Ich hörte einen Mischmasch aus Englisch und Russisch, der teilweise von ein und derselben Person gesprochen wurde, aber die vorherrschende Sprache schien Russisch zu sein.
    Mein Stoli kam, worauf ich mein drittes russisches Wort gebrauchte: »Spasibo.«
    »Anschreim?«, fragte der Barkeeper.
    »Pozhaluista.« Mit »bitte« kann man nichts falsch machen.
    Durch die Mattglaswand sah ich den Restaurantbereich, der riesig war und etwa vierhundert Menschen fasste; nahezu jeder Tisch war voll besetzt. Boris ging es offenbar gut. Oder es war ihm gut gegangen, falls Asad Khalil ihm den Kopf bereits abgesäbelt hatte. Am anderen Ende des Restaurants sah ich eine große Bühne, auf der eine vierköpfige Band etwas spielte, das wie eine Mischung aus YMCA und dem Lied der Wolgaschiffer klang. Der Tanzboden war gestopft voll mit Pärchen, jungen wie alten, dazu kamen viele präpubertäre Mädchen, die miteinander tanzten, und die üblichen alten Frauen, die ihre künstlichen Hüftgelenke trainierten. Genau genommen sah das Ganze aus wie irgendeine der ethnischen Hochzeitsfeiern, auf denen ich gewesen bin, und mir kam der Gedanke, dass ich womöglich in einen Hochzeitsempfang geplatzt war. Aber wahrscheinlich war es einfach ein ganz normaler Abend im Svetlana.
    Der genauen Berichterstattung wegen und weil ich dazu ausgebildet wurde, Menschen zu beobachten, sollte ich vielleicht auch sagen, dass eine ganze Reihe scharfer Käfer in dem Laden war. Ich meinte mich zu entsinnen, dass dies auch der Fall gewesen war, als ich mit Dick Kearns und Ivan im Rossiya war. Jedenfalls schien sich die Frau neben mir, die vor fünfzehn Jahren einer dieser scharfen russischen Käfer hätte gewesen sein können, für den neuen Jungen zu interessieren. Ich konnte riechen, wie sich ihr Fliederparfüm erhitzte, und ihre – ich will jetzt nicht zu derb klingen – Stoßstangen hingen über meinem Stoli und hätten einen eigenen Barhocker gebrauchen können.

    »Sie sind kein Rosse«, sagte sie mit schwerem Akzent.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ihr Rossisch ist furchtbar.«
    Dein Englisch ist auch nicht so prickelnd, Süße. »Kommen Sie oft hierher?«, fragte ich sie.
    »Ja, natürlich.« Dann gab sie mir die richtige Aussprache von »spasibo«, »pozhaluista« und »Stolichnaya« vor – ich hatte die falschen Silben betont – und ließ es mich wiederholen.
    Offenbar kapierte ich es nicht, denn sie schlug vor: »Ein weiterer Wodka würde Ihnen vielleicht helfen.«
    Wir kicherten beide darüber und stellten uns einander vor. Sie hieß Veronika – mitk – und stammte ursprünglich aus Kansas. Nicht aus Kursk. Ich stellte mich als Tom Walsh vor und überlegte kurz, ob ich ihr Toms Privatnummer geben sollte. Vielleicht später.
    Ich spendierte uns eine weitere Runde. Sie trank Cognac, den die Russen liebten, wie ich mich entsann, und was sollte bei zwanzig Dollar pro Schwenker daran nicht liebenswert sein? Und ich konnte ihn nicht einmal auf meine Spesenabrechnung setzen.
    Jedenfalls sagte ich eingedenk Nietzsches berühmter Maxime  – die meistverbreitete Form menschlicher Dummheit ist es zu vergessen, was man tun wollte – zu ihr: »Ich muss mit jemand in dem Restaurant sprechen, aber vielleicht sehen wir uns später.«
    »Ja? Und mit wem müssen Sie sprechen?«
    »Dem Geschäftsführer. Ich sammle für Greenpeace.«
    Veronika zog eine Schnute und sagte: »Warum tanzen Sie nicht mit mir?«
    »Liebend gerne. Gehen Sie nicht weg.«
    »Geben Sie der Dame noch einen Cognac, wenn sie so weit ist, und schreiben Sie ihn auf meine Rechnung«, sagte ich zum Barkeeper.

    Veronika hob ihr Glas und sagte zu mir: »Spasibo.«
    Die Rechnung kam, und ich zahlte natürlich bar, da ich nicht wollte, dass irgendwas von dem hier auf meiner Amex-Karte auftauchte, wo ich Kate das mit dem Svetlana erklären müsste.
    »Wir sehen uns später«, versprach ich Veronika.
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht.«
    Ich ging durch die Cocktaillounge ins Restaurant. Es roch gut hier, und mein leerer Magen knurrte.
    Ich entdeckte den Stand des Oberkellners und näherte mich einem Gentleman in einem schwarzen Anzug. Er betrachtete mich einen Moment lang, kam zu dem Schluss, dass ich ein Fremder war, und fragte mich auf Englisch: »Womit kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Ich möchte mit Mr Korsakov

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