Der Löwe
und der Hund keine Terroristen waren. Ich sah die Apartmentgebäude am Central Park West und stellte mir vor, wie Vince Paresi in seiner schönen warmen Wohnung saß, sich ein Glas Wein gönnte und zu erinnern versuchte, weshalb er sich heute Nacht auf Abruf bereithielt. Paresi hatte sogar ein Funkgerät in seinem Apartment und konnte sämtlichen Funkverkehr mithören, auch meinen, deshalb sagte ich: »Captain, ich kann von hier aus Ihr Haus sehen. Winken Sie mal.«
Ein paar Gluckser drangen aus meinem Kopfhörer, aber keine Antwort vom Boss.
Jedenfalls war es inzwischen 23.30 Uhr, und es nieselte immer noch. Es wurde kälter, ich war nass, und das Einzige, was mich jetzt frohgemut hätte stimmen können, war Asad Khalil. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich ihm die Gurgel filetiert hätte, bevor die Überwachungsteams eingreifen konnten.
Ich überquerte an der 86 th Street die Transverse Road und rechts von mir die Lichter des Polizeireviers Central Park. Das hier war keine schlechte Dienststelle, wenn man gern im Freien ist. Andererseits ist da der Winter. Kein Job ist perfekt. Nicht einmal der hier.
Jetzt sah ich weiter vorn das Reservoir, ein großes Gewässer, das fast achthundert Meter breit ist. Eine Langlaufstrecke führt außen herum, und ich sah zwei Leute gemeinsam joggen. Ich meine, wer joggt denn um Mitternacht im Regen?
Stark meldete sich. »Jäger, wir haben ein paar Leute oben am Reservoir, und sie melden, dass dort nur ein paar Jogger sind, und niemand ist Ihnen gefolgt, deshalb glaube ich, wir sollten die Sache abblasen.«
»Ich will ums Reservoir joggen«, erwiderte ich.
Wieder ein paar Ächzer, aber diesmal mehr und lauter. Hey, Jungs, ich bin derjenige, der versucht, von einem Terroristen überfallen zu werden.
Ich kam zu der Joggingstrecke und lief gegen den Uhrzeigersinn los, was die Regel ist. Meine Laufschuhe und die Socken waren nass, und ich hörte meine Füße schmatzen.
Die Strecke ist rund anderthalb Meilen lang, und nach etwa fünf Minuten fing ich an, die Sache zu genießen, was der erste grausige Schritt auf dem Weg zum Joggerzombie ist.
Inzwischenhatte ich natürlich jede Hoffnung aufgegeben, dass ich Asad Khalil begegnen würde, aber wenn einer seiner Goombahs mich beobachtete, würde er Khalil jetzt anrufen und sagen: »Dieser Mann wird an Lungenentzündung oder einem Herzanfall sterben, bevor du ihn umbringen kannst. Komm schnell.«
Jedenfalls umrundete ich das Reservoir in etwa zwanzig Minuten, was gar nicht so schlecht ist, und ich war so aufgedreht, dass ich tief Luft holte und zu Stark sagte: »Ich will das noch mal machen.«
»Moment«, erwiderte Stark. »Ich versuche gerade das SEK-Team davon abzuhalten, auf Sie zu schießen.«
»Ach, kommen Sie. Bloß noch einmal – «
»Es ist vorbei. Die Operation ist vorüber. Überwachung und Überwachungsabwehr melden, dass sie niemanden gesehen haben. Wird Zeit, dass wir heimgehen.«
»In Ordnung … aber ich laufe durch den Park zurück.« Ich nannte ihm meine Route entlang der Ostseite des Parks und machte mich auf den zwei Meilen weiten Rückweg zu meiner Wohnung.
Ich hielt mich in Richtung Süden und lief einen Weg entlang, der mich am Metropolitan Museum of Art vorbeiführte, das links von mir lag, und am ägyptischen Obelisken zu meiner Rechten. Ich blickte an dem hoch aufragenden steinernen Obelisken empor, der rund dreitausendfünfhundert Jahre alt war, und mir kam ein tiefgründiger Gedanke, der da lautete: »Das ist verflucht alt.«
Jedenfalls lief ich weiter, enttäuscht, aber mit einem seltsamen Hochgefühl. Es war genauso, wie Paresi gesagt hatte – wir unternahmen etwas, was besser war, als nichts zu tun; besser, als zu warten, bis dieses Arschloch seinen nächsten Zug machte.
Die heutige Unternehmung war zwar vorbei, aber ich war immer noch wachsam und hoffte, dass mein Team nicht heimgegangen war, während ich mich noch im Park aufhielt.
»SE Eins, hier Jäger«, sagte ich. »Seid ihr noch bei mir?«
Schweigen.
»SE Eins, Jäger. Hallo?«
Stark sagte: »Ich glaube, die andern sind alle weg.«
»Ein Witz, stimmt’s?«
»Ein Witz. Hey, legen Sie einen Zahn zu. Hier wollen alle Schluss machen.«
Ich mag in ernsten Situationen keine Witze, es sei denn, ich reiße sie.
Ich sagte: »Hey, tun Sie mir einen Gefallen – rufen Sie im Bellevue an, übergehen Sie die Zentrale und lassen Sie jemand auf der Sicherheitsetage meiner Frau ausrichten, dass ich auf dem Heimweg bin.«
»Wird
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