Der Löwe
Blut verkrustet war – Kates Blut. Und er leckte daran. Ich zog mein Messer – das Kampfmesser – und hielt es so, dass er es sehen konnte. Er nickte wieder, und wir rückten aufeinander zu. Plötzlich ging die Stadionbeleuchtung aus … und ich hörte ihn in der Dunkelheit atmen. Dann war er so nahe, dass ich ihn riechen konnte, und er sagte: »Sie habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben.«
Ich stürzte mich in der Dunkelheit dorthin, wo seine Stimme ertönt war, und spürte warmes Blut an meiner Brust, wusste aber nicht, ob es sein Blut war oder meines – oder unser beider.
Schweißgebadet und schweratmend wachte ich auf. Ich saß im Bett, starrte in die Dunkelheit, stellte mir sein Gesicht vor und sagte zu ihm: »Dich habe ich mir für mich persönlich aufgehoben. «
42
D onnerstagmorgen. Das Wetter war besser als gestern, was ich als ein Omen dafür deutete, dass ich Asad Khalil heute umbringen würde. Vielleicht war das etwas weit hergeholt.
Ich redete mit Captain Paresi, und wir besprachen die Unternehmung der vorigen Nacht, aber es gab nicht viel zu sagen, außer dass es bestens gelaufen war und alle – vor allem ich – ihre Sache gut gemacht hatten. Das Ziel der Operation, Asad Khalil, war allerdings nicht aufgetaucht. Und erst dann würden wir erfahren, wie gut wir wirklich waren.
Paresi sagte, er habe ein paar Leute abgestellt, die die Apartmenthäuser und Bürogebäude an der East 72 nd Street überprüfen sollten, angefangen bei denen auf der meinem Haus gegenüberliegenden Straßenseite. Er erklärte mir, dass das mindestens zehn Tage dauern würde – es sei denn natürlich, wir hätten vorher Glück.
Dann sagte er zu mir: »Sind Sie zu einem weiteren Nachtspaziergang bereit?«
»Zu allem, wenn ich dabei aus dem Haus komme.«
»Okay, heute Nacht wollen wir etwas anderes probieren. Ich möchte, dass Sie gegen sechs Uhr abends zur Federal Plaza 26 kommen. Nehmen Sie ein Taxi, und vielleicht folgt Ihnen ein Sandlandtaxi. Aber auch wenn nicht, gehen wir davon aus, oder hoffen es zumindest, dass Federal Plaza 26 von der Straße oder einem der umliegenden Gebäude aus beobachtet wird. Okay?«
»Sie meinen, wir könnten observiert werden? Ist das legal?«
»Vermutlich ja. Okay, gegen neun verlassen Sie dann das Gebäude und gehen zu Fuß in die Gegend, in der sich die Baustelle des World Trade Center befindet. Da unten ist es nach Einbruch der Dunkelheit ziemlich ruhig, und Sie laufen einfach etwas herum – traurig, einsam, denken über Leben und Tod nach. Irgendwann schlagen Sie dann den Weg runter zum Battery Park ein.« Und er fügte hinzu: »Wir improvisieren erst mal und entscheiden später, wie wir genau vorgehen.«
»Okay. Wo werden Sie sein?«, fragte ich ihn.
»Ich bleibe an der Federal Plaza 26, damit ich in der Nähe sein kann.«
»Gut. Und Tom?«
»Desgleichen.«
»Ich will die Gegend für morgen Nacht aussuchen«, sagte ich zu ihm.
»Wir werden diese Operation nicht übers Wochenende laufenlassen«, erwiderte er. »Da sind zu viele Leute unterwegs.«
Das war nachvollziehbar, aber froh war ich darüber nicht. »Überdenken Sie das noch mal«, sagte ich und erinnerte ihn: »Das ist alles, was wir haben, es sei denn, wir finden ihn auf die altmodische Art.«
»Richtig. Aber wir werden die Leute, die wir an diesem Wochenende bei Ihnen einsparen, dazu verwenden, um in Ihrer Gegend an Türen zu klopfen.«
»In Ordnung, aber – «
»Außerdem, John, besteht die Möglichkeit, dass er Sie findet.«
»Stimmt. Jedenfalls muss ich für ihn erreichbar sein.«
»Zu Hause sind Sie auch erreichbar«, wandte er ein. »Vielleicht versucht er’s an diesem Wochenende.«
Ich wollte nicht mit ihm streiten, zudem dachte ich bereits daran, meinen Personenschützern zu entwischen und auf eigene Faust loszuziehen, um festzustellen, ob mich der Löwe beschlich.
Paresi sagte: »Wir sehen mal, was heute Nacht passiert. Möglicherweise hat sich Khalil abgesetzt.«
»Er ist hier.«
Ich rief Kate an, und sie sagte zu mir: »Eine Schwester ist letzte Nacht gegen eins vorbeigekommen und hat gesagt, sie hätte eine Nachricht für mich. Ich dachte schon, du wärst tot.«
»So eine Nachricht würde ich dir nicht hinterlassen.«
»Das ist nicht komisch.«
»Tut mir leid, aber nach Mitternacht komme ich nicht mehr durch die Telefonzentrale.«
»Tom hat mir heute Morgen ein neues Handy geschickt, sodass du mich jetzt direkt anrufen kannst.«
»Gut.«
Dann fragte sie mich: »Wohin
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