Der Löwe
vor dem Terrorismus, diese Aussichtsterrassen, wo man den Flugzeugen zusehen und
den Leuten zuwinken konnte. Ich schwelgte laut in Erinnerungen und sagte: »Eisenhower war Präsident.«
»Wer?«
Als ich Kate vor drei Jahren kennengelernt habe, zeigte sie keinerlei Neigungen zum Sarkasmus, und sie hat mich danach einmal darauf hingewiesen, dass das eine von mehreren schlechten Angewohnheiten sei, die sie von mir übernommen habe. Außerdem trank sie keinen Alkohol und fluchte nicht. Aber all das hat sich unter meiner Anleitung geändert. Eigentlich war es so, dass ich ihr versprechen musste, das Trinken und Fluchen einzuschränken, was ich getan habe. Unglücklicherweise bin ich dadurch etwas stupide und nahezu sprachlos geworden.
Kate ist eine geborene Kate Mayfield und stammt aus irgendeinem eisigen Staat im Mittelwesten, den man normalerweise nur überfliegt, und ihr Vater war FBI-Agent. Im Dienst oder wenn sie so tun will, als kenne sie mich nicht, benutzt Mrs Corey immer noch ihren Mädchennamen. Kate macht, wie schon gesagt, dienstlich das Gleiche wie ich – Antiterror-Task Force –, und wir sind beruflich wie auch im Leben Partner. Einer der beruflichen Unterschiede ist, dass sie FBI-Agentin ist, wie ihr Vater, und Anwältin, wie ihre Mutter, während ich ein Cop bin. Beziehungsweise ein ehemaliger Cop, wegen fünfundsiebzigprozentiger Behinderung berufsunfähig. Eigentlich ist es keine richtige Behinderung, aber sie reicht für einen monatlich eintrudelnden Scheck. Diese Behinderung ist offiziell die Folge von drei schlecht gezielten Kugeln, die ich mir vor fast vier Jahren an der West 102 nd Street eingefangen habe. Im Grunde geht es mir gut, außer wenn ich zu viel trinke und Scotch aus den Löchern spritzt.
Kate unterbrach mich in meinen Gedanken und sagte: »Die ATTF sollte uns eine Springerzulage zahlen, wie es das Militär macht.«
»Schreib ein Memo.«
»So was zu können ist wichtig.«
»Wofür?«
Sie ging nicht auf meine Frage ein und wandte sich den etwa sechzig Fallschirmspringern zu, die in ihren albern gefärbten Springeroveralls ziellos herumliefen, einander dämlich abklatschten oder gegenseitig ihre Fallschirmsäcke und das Gurtzeug überprüften. Niemand, und ich meine niemand , fasst meine Ausrüstung an, nicht mal meine Frau. Ich habe ihr buchstäblich mein Leben anvertraut, und sie hat mir ihres anvertraut, aber man kann nie wissen, wann Frauen einen schlechten Tag haben.
»Ich bin der Meinung, wenn man schwierige Sachen wie Fallschirmspringen oder Bergsteigen beherrscht, gibt einem das Selbstvertrauen im Beruf, auch wenn es nicht direkt etwas mit der Arbeit zu tun hat«, erwiderte Kate etwas verspätet.
Ich war der Meinung, dass das FBI erst einmal die Grundkenntnisse der Polizeiarbeit beherrschen sollte, zum Beispiel mit der U-Bahn fahren oder einen Verdächtigen verfolgen, ohne von einem Taxi erfasst zu werden. Aber das sprach ich nicht aus. Das Konzept bei dieser gemeinsamen Task Force bestand darin, Synergien zu schaffen, indem man Bundesagenten – die anscheinend alle aus Iowa stammen, wie Ms Sims, und jedes Auto mit mehr als fünf Plätzen für ein Massenverkehrsmittel halten – mit Polizisten vom NYPD zusammenlegt, denn die kennen die Stadt genau und erledigen einen Großteil der Arbeit auf der Straße. In der Praxis funktioniert dieses Konzept sogar auf eine merkwürdige Art und Weise. Es gibt jedoch gewisse Spannungen und ein paar kleine Missverständnisse unter den Männern und Frauen aus diesen sehr unterschiedlichen Kulturen, und das, vermute ich, spiegelt sich in unserer Ehe wider. Und vielleicht auch in meiner Einstellung.
Jedenfalls sah ich, während Kate unsere Springerkameraden betrachtete, zu dem Piloten hinüber, der unter der Tragfläche
der DC-7B stand. Er blickte zu einem der Motoren hinauf. Ich mag es nicht, wenn sie so was machen.
»Der Pilot sieht älter aus als die Maschine«, stellte ich fest. »Und was zum Teufel schaut er sich da an?«
Sie warf einen Blick zu dem Flugzeug und fragte mich dann: »John, wirst du etwa ein bisschen …?«
»Stell bitte meine Männlichkeit nicht in Frage.« Genau damit hat sie mich dazu gebracht, Fallschirmspringen zu lernen. »Bin gleich wieder da«, sagte ich zu ihr.
Ich ging zu dem Piloten, der einen kurz gestutzten Bart von der gleichen Farbe wie das Aluminiumflugzeug hatte. Von nahem wirkte er noch älter. Er trug eine Baseballkappe der Yankees, die vermutlich einen kahlen Kopf bedeckte, und hatte Jeans
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