Der Löwe
paar schönen Häusern. « Und er fügte hinzu: »Dort wohnen einige Juden.«
Und mindestens eine muslimische Familie namens Haytham, dachte Khalil. Aber bald schon würde es eine muslimische Familie weniger geben.
Seine Freunde von al-Qaida hatten ihm ein Foto vom Haus der Haythams sowie eine Luftaufnahme gezeigt und ihm erklärt, dass dieses Haus im Bezirk Queens stehe, einem Stadtteil von New York City, aber es handle sich um eine Wohngegend mit Privathäusern, in denen Angehörige der Mittelschicht lebten. Sie hatten ihn darauf hingewiesen, dass ein Fremder dort Argwohn erregen könnte, ihm aber auch versichert, dass sowohl Einheimische als auch Besucher mit dem Taxi vom Bahnhof aus hinfuhren, und wenn er sich gut kleidete und rasch zuschlug, sollte er seinen Auftrag erledigen und mühelos wieder wegkommen können.
Außerdem hatten sie ihm geraten, die Sache zu überdenken oder wenigstens woanders zu erledigen und die Angehörigen des Abtrünnigen in Ruhe zu lassen. Doch Khalil hatte entgegnet:
»Es ist wichtig, dass wir anderen Glaubensbrüdern, die für die Ungläubigen arbeiten, eine eindeutige Botschaft zukommen lassen. Allah will, dass sie sterben und ihre Angehörigen ebenfalls für ihre Sünden büßen.« Und er hatte hinzugefügt: »Es ist gut, dass sie zu Hause sterben, wo sie sich am sichersten fühlen. Das ist die Botschaft.«
Khalil dachte an das Foto von dem Haus und fragte den Fahrer: »Kann es sein, dass ein öffentlich Bediensteter … oder vielleicht ein Polizist … es sich leisten kann, in Douglaston zu wohnen?«
Der Fahrer dachte über die Frage nach und erwiderte: »Ja, ich glaube schon, wenn die Frau ebenfalls arbeitet und sie nicht zu viele Krümel haben.«
»Wie bitte?«
»Kinder.«
»Aha.« Man hatte ihm mitgeteilt, dass die Frau des Polizisten Haytham berufstätig war. In Libyen arbeiteten die Frauen nicht, aber die Polizisten stahlen, deshalb ging es ihnen gut. Was Kinder betraf, so hatte die Familie Haytham eine Tochter namens Nadia, die möglicherweise zu Hause war.
Einen Menschen zu töten war nicht schwer, auch zwei nicht. Aber bei drei Menschen im gleichen Haus könnte es schwierig werden. Die meisten muslimischen Familien hatten viele Kinder, aber dieser Polizist, ein Palästinenser, hatte zu viele amerikanische Gebräuche übernommen. Und zu seinen Sünden kam erschwerend hinzu, dass er sich entschieden hatte, bei dieser sogenannten Antiterror-Task Force zu arbeiten. Es war im Grunde genommen eine Vereinigung aus christlichen Kreuzrittern und Zionisten, die sich zu einem ruchlosen Bündnis wider den Islam zusammengeschlossen hatten. Und Jibral Haytham, der sich den christianisierten Namen Gabriel zugelegt hatte, hatte die schlimmste Sünde wider seine Religion begangen, als er den Ungläubigen seine Dienste und sein Wissen um den Islam anbot.
Khalils einzige Sorge war, dass irgendjemand aus Haythams Dienststelle zu dem Schluss kam, dass auch Haytham auf Khalils Todesliste stehen könnte. Als Khalil auf seinem letzten Rachefeldzug hier war, hatte er keinen direkten Kontakt mit Haytham gehabt, doch er hatte um diesen Verräter gewusst und hätte ihn getötet, wenn er gekonnt hätte. Aber er glaubte nicht, dass das FBI jetzt an so etwas dachte und ihn erwartete. Und nach Aussage von Amir, der das Haus beobachtete, deutete auch nichts darauf hin.
Wieder dachte er an Corey. Corey war ebenso wie Haytham Polizist und arbeitete mit dem FBI bei dieser Antiterror-Task Force zusammen. Khalil hatte in Europa die Erfahrung gemacht, dass die Polizei oftmals eine größere Gefahr für ihn darstellte als die internen Sicherheitskräfte oder die Nachrichtendienste. Die Polizei dachte anders und kam manchmal zu Schlussfolgerungen, an die Nachrichtendienste gar nicht dachten, weil sie nicht dementsprechend ausgebildet waren.
Folglich wäre es möglich, dass Corey seiner Drohung, ihn als Nächsten zu töten, keinen Glauben geschenkt hatte, sondern darüber nachgedacht hatte, wer tatsächlich sein nächstes Opfer sein könnte. Wenn ja, dann hatte er möglicherweise zunächst an den FBI-Agenten George Foster gedacht. Aber vielleicht war Corey so außer sich, dass er an überhaupt nichts dachte, außer an den Tod seiner Frau. Auf jeden Fall würde er, Asad Khalil, bald erfahren, ob sie ihm voraus waren oder nicht.
Die einzige Person, von der das FBI mit Sicherheit wusste, dass sie auf Khalils Liste stand, war der tote Mr Chip Wiggins. Als Khalil zum letzten Mal hier gewesen war, hatte
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