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Der Löwe

Der Löwe

Titel: Der Löwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson DeMille
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Artikel war einfach geschrieben, sodass er ihn verstand. Das Wort »Terrorist« gefiel ihm allerdings ebenso wenig wie die Bezeichnung »feiger Anschlag«. Khalil wusste, dass man Mut brauchte, um zum Märtyrer zu werden, und er bewunderte diese Männer und sogar Frauen, die sich für den Islam opferten. Er, Asad Khalil, hatte nicht vor, für seinen Glauben zum Märtyrer zu werden; er gedachte das Schwert des Islam zu sein. Aber wenn ihn der Märtyrertod ereilen sollte, wäre er bereit dafür.
    Er las die letzten Zeilen des Artikels und dachte daran, dass der amerikanische Präsident nur eine Woche zuvor den Krieg für beendet erklärt hatte. Er hätte ihm sagen können, dass dieser Krieg nie zu Ende gehen würde, und fragte sich, warum dieser arrogante Mann das nicht begriff.
    Ein gelbes Taxi näherte sich langsam und hielt dann ein paar Meter vor ihm an. Khalil bemerkte, dass das Schild leuchtete,
das darauf hinwies, dass der Wagen nicht im Dienst war. Der Fahrer ließ das Seitenfenster herunter und fragte: »Mr Gold?«
    Khalil nickte, stieg in das Taxi und setzte sich hinter den Fahrer. »Yalla mimshee«, sagte er auf Arabisch. Los.
    Als sich der Wagen in Bewegung setzte, sagte Khalil zu dem Fahrer: »Bringen Sie mich zu dem Haus.«
    »Ja, Sir.« Amir warf einen Blick in den Rückspiegel und betrachtete seinen Fahrgast. Er kannte diesen Mann nicht und wusste lediglich, dass er ebenfalls Libyer war, der Freund eines Freundes. Und dieser Freund hatte Amir klargemacht, dass dieser Mann, der sich aus irgendeinem Grund als Jude ausgab, ein sehr wichtiger Mann war und dass man Amir dazu auserkoren hatte, seinem Heimatland einen Dienst zu erweisen, indem er seinem Landsmann half. Außerdem würde ihm dieser Mann als Zeichen seines Dankes tausend Dollar geben.
    Amir warf einen weiteren Blick in den Rückspiegel. Die Augen des Mannes waren schwarz wie die Nacht, schienen aber trotzdem zu glühen wie Kohle.
    »Achten Sie auf die Straße. Nicht auf mich.«
    »Ja, Sir.«
    Sie fuhren langsam, und Amir bog ein paarmal in ruhige Seitenstraßen ab.
    Ja, dachte Khalil, heute ist Familientag. Vielleicht waren die Amerikaner morgens zur Kirche gegangen und widmeten sich danach den weltlichen Betätigungen des christlichen Sonntags – gingen in den Park oder an den Strand, wo Männer, Frauen und Kinder halbnackt vor anderen Leuten herumliefen. Und natürlich war da der sonntägliche Einkaufsbummel. Die Amerikaner gingen an sieben Tagen die Woche einkaufen, morgens, mittags und abends, selbst an ihrem Sonntag und den Feiertagen.
    Malik hatte ihm in Tripolis erklärt: »Es sind hundertfünfzig Millionen, und sie verschlingen den Planeten. Geld ist ihr Gott, und es auszugeben ihre heilige Pflicht.« Und Malik hatte hinzugefügt:
»Vor allem die Frauen sind wie Heuschrecken auf einem Kornfeld.«
    Khalil riss sich von den Gedanken an Malik los und wandte sich wieder dem Taxifahrer zu, der vor ihm saß. »Sind Sie hier fromm geblieben?«
    »Natürlich, Sir. Und auch meine Frau und meine sechs Kinder. Wir folgen fünfmal am Tag dem Ruf zum Gebet und lesen jeden Abend im Koran.«
    »Warum sind Sie hier?«
    »Wegen dem Geld, Sir. Dem Geld der Ungläubigen. Ich schicke es meiner Familie in Tripolis.« Und er fügte hinzu: »Bald werden wir in unser Heimatland zurückkehren, so Allah will. Friede sei mit ihm.«
    Amir bog in eine von Bäumen und Ziegelhäusern gesäumte Straße ein und sagte: »Das Haus ist etwas weiter vorne, auf dieser Seite.«
    »Haben Sie mein Geschenk?«, fragte Khalil.
    »Ja, Sir.« Er nahm eine Plastiktüte vom Boden und reichte sie seinem Fahrgast.
    Khalil öffnete die Tüte und holte einen in grünes Papier und Zellophan gewickelten Blumenstrauß heraus. Dann entnahm er seiner Reisetasche ein zwanzig Zentimeter langes Tranchiermesser und steckte die Klinge in den Strauß. »Halten Sie bei dem Haus«, sagte er zu Amir. »Danach parken Sie an einer Stelle, von der aus Sie die ganze Straße einsehen können. Rufen Sie mich an, wenn Sie einen Polizeiwagen oder sonst jemanden näher kommen sehen.«
    »Ja, Sir.« Amir hielt vor einem einstöckigen Ziegelhaus mit einer blauen Haustür, die Khalil von dem Foto her kannte.
    Khalil suchte die Gegend rundum ab, sah aber nichts, das ihn beunruhigte. Vor allem aber spürte er keine Gefahr. Und dennoch musste diese SMS auf Haythams Handy eingegangen sein. Vielleicht hatten sie ihn auch zu Hause angerufen. Ein vorsichtiger
Mann wäre jetzt weggegangen, aber Vorsicht war nur ein

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