Der Löwe
fragte Khalil.
»Dem Ding nach eine halbe Stunde«, erwiderte der Fahrer und fügte hinzu: »Aber es verrät mir nichts über den Verkehr. Allerdings ist es Sonntag, deshalb sollten wir es schaffen. Haben Sie’s eilig?«
»Etwas.«
Der Fahrer fuhr vom Parkplatz, und nach wenigen Minuten waren sie auf dem Southern State Parkway in Richtung Westen unterwegs.
»Wollen Sie später zum Flugplatz zurück?«, fragte der Fahrer.
»Ich weiß es noch nicht genau.«
»Wenn Sie wollen, stehe ich den ganzen Tag für Sie zur Verfügung. «
»Danke«, erwiderte Khalil, »aber ich glaube, es wird eher ein kurzer Tag für Sie werden.«
»Auch egal.«
Khalil wunderte sich über die zahlreichen Fahrzeuge auf dem Highway, große Fahrzeuge, darunter viele, die von Frauen gefahren wurden. Und er wusste von seinem letzten Aufenthalt her, dass es in ganz Amerika so war, an jedem Wochentag. Die Amerikaner saugten das Öl aus der Erde, aus dem Wüstensand und verbrannten es zu ihrem Vergnügen. Eines Tages würden das Öl und ihr Geld aufgebraucht sein, und sie würden ebenfalls verschwunden sein.
»Es gibt keine Lastwagen«, stellte Khalil fest.
»Das ist eine Schnellstraße«, erwiderte der Fahrer. »Keine gewerblichen Fahrzeuge, ausgenommen Mietwagen und Taxis. Woher kommen Sie?«
»Aus Israel.«
»Aha? Hey, Sie sind aber nicht von Israel aus zum Republic geflogen.«
»Nein. Ich bin mit einer Privatmaschine aus Miami gekommen. «
»Aha? In welchem Gewerbe sind Sie tätig?«
»In der Süßwarenindustrie. Ich bin in Amerika als Brian Gold, der Bonbonmann bekannt.«
»Ach … ja. Ich glaube, ich habe schon von Ihnen gehört.«
»Gut.«
Der Fahrer dachte einen Moment lang nach, dann sagte er: »Brian? Ist das ein jüdischer Name? Ich meine, ein israelischer?«
Eigentlich nicht, dachte Khalil, aber es war der Name, der in seinem gefälschten amerikanischen Pass stand. Brian Gold. »Brian ist der Name, den ich benutze, wenn ich geschäftlich in Amerika zu tun habe«, erwiderte er. Khalil konnte weder
Hebräisch noch Griechisch, aber er konnte Englisch, deshalb waren ein paar der Pässe, die er in seinem Gepäck gefunden hatte, amerikanische mit amerikanisch klingenden Vornamen. Wenn jemand wissen wollte, weshalb er mit Akzent sprach und nur begrenztes Wissen über Amerika hatte, erklärte er, er habe eine doppelte Staatsbürgerschaft. Normalerweise genügte das, es sei denn, der Betreffende wurde zu neugierig und stellte weitere Fragen.
Bei seinem ersten Aufenthalt hatte er festgestellt, dass die Amerikaner vertrauensselig und überhaupt nicht argwöhnisch waren. Wenn man ihm eine Frage stellte, dann geschah es aus Neugier oder Höflichkeit. Aber Malik zufolge waren einige Amerikaner seit 9/11 argwöhnisch gegenüber allen Ausländern geworden, zumal die Regierung sie aufgefordert hatte: »Meldet es, wenn ihr etwas Verdächtiges seht.« Deshalb war er jetzt besonders vorsichtig und achtete auf jedes Anzeichen von Neugier, das ihm nicht arglos vorkam. Dieser Fahrer jedoch schien lediglich redselig zu sein, aber falls er zufällig Hebräisch konnte oder in Israel gewesen war und darüber sprechen wollte, dann könnte sich daraus ein Problem ergeben, das gelöst werden musste.
Zum Thema Geschäfte erklärte Charley Taylor Mr Gold: »Bloß damit Sie’s wissen, diese Fahrt wurde von Ihrer Firma im Voraus bezahlt. Sie müssen bloß unterschreiben.«
»Das weiß ich.«
»In der Rechnung sind zwanzig Prozent Trinkgeld enthalten, darüber müssen Sie sich also keine Gedanken machen. Es sei denn, Sie wollen es.«
»Ich weiß.« Khalil fragte sich, ob er einen derart fetten Mann mit einer Kugel töten konnte. Er könnte es natürlich, wenn er ihm die Kugel in den Kopf jagte. Aber Khalil hatte vor, durch den Sitz in den oberen Teil des Rückgrats zu schießen, damit die Kugel durch das Herz austrat.
»Sind Sie geschäftlich oder zum Vergnügen hier?«, fragte der Fahrer.
»Sowohl als auch.«
»So sollte man das machen«, sagte er und fragte: »Gefällt’s Ihnen hier?«
»Alle Israelis mögen Amerika.«
»Richtig.« Der Fahrer hielt sich weiter in Richtung Westen.
Khalil betrachtete die Umgebung. »Sieht es in Douglaston genauso aus wie hier?«, fragte er den Fahrer.
»Hä? Oh … gewissermaßen. Bloß dass wir hier im Bezirk Nassau sind. Am Stadtrand. Hier gibt’s ein hohes Steueraufkommen«, sagte der Fahrer und fragte: »Treffen Sie sich dort mit jemand?«
»So ist es.«
»Ist eine ziemlich gute Gegend. Mit ein
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