Der Löwe
das FBI – aber vielleicht war es auch Corey gewesen – ein paar Schlussfolgerungen angestellt und ihn bei Wiggins’ Haus in Kalifornien erwartet. Diesmal jedoch war Mr Wiggins, der ursprünglich der Letzte auf Khalils Liste gewesen war, zuerst an der Reihe gewesen. Und wenn das FBI jetzt, nach dem Tod von Miss
Mayfield, nach Wiggins suchte, würde es feststellen, dass man diesmal zu spät kam, um ihn zu retten. Die Letzten werden die Ersten sein.
Charles Taylor, der Fahrer, sagte zu seinem israelischen Passagier: »In dieser Gegend gibt’s auch Iraner. Sie wissen schon, Leute, die dort rausgekommen sind und ein paar Kröten haben. Vielleicht auch ein paar Pakis.«
»Pakis?«
»Pakistanis. Araber. Solche Leute.« Charles Taylor, der vielleicht an ein zusätzliches Trinkgeld von Mr Gold dachte, sagte: »Wir brauchen hier kein solches Volk. Stimmt’s?«
»Richtig.«
»Ich meine, seit 9/11 … Ich will damit nicht sagen, dass sie allesamt nichts taugen, aber … hey, bei Ihnen in Israel gibt’s doch auch Bombenanschläge. Stimmt’s?
»Richtig.«
»Hier wird der gleiche Mist passieren.«
»Davon bin ich überzeugt.«
17
K halil blickte auf seine Uhr und sah, dass zweiundzwanzig Minuten vergangen waren, seit sie den Flugplatz verlassen hatten. Etwa fünf Minuten später gab das Navigationsgerät eine Anweisung, worauf der Fahrer in eine Wohngegend abbog.
Die Häuser wirkten solide, viele davon waren aus Ziegeln und Steinen gebaut, rundum standen große Bäume, und die Vegetation war üppig und gut gepflegt. Haytham, dieser Verräter, führte ein angenehmes Leben.
»Halten Sie bitte an«, sagte Khalil.
Der Fahrer steuerte an den Straßenrand.
Khalil holte das Handy der toten Frau aus seiner Reisetasche und schaltete es ein. Innerhalb von Sekunden klingelte es, und er sah auf dem Display, dass eine weitere SMS eingegangen war. Er drückte auf die Taste und las sie: NY ATTF – FBI-Agentin Kate Mayfield in Sullivan County, NY, überfallen. Möglicher Verdächtiger: Asad Khalil, ein bekannter Terrorist, libyscher Staatsbürger. Ihr Zustand unterliegt der Geheimhaltung. Sichten Sie Ihre E-Mails nach weiteren Details, Aktualisierungen und Dienstanweisungen oder rufen Sie Einsatzzentrale an. Alarmstufe Bernstein. Fahndung eingeleitet. Walsh, VSA, NY ATTF.
Khalil schaltete das Handy aus und legte es in seine Tasche. Wenn sie diese Nachricht sendeten, wussten sie seiner Ansicht nach noch nicht, dass er das Handy der Frau hatte – denn diese Nachricht war offenbar an alle Bundesagenten ergangen, die Tote eingeschlossen.
Es sei denn … sie wussten, dass er das Handy hatte und
hatten es nicht außer Betrieb genommen, weil sie hofften, dass er so dumm sein und das Handy benutzen würde, sodass sie ihn aufspüren konnten. Oder sie wollten ihm eine falsche Nachricht zukommen lassen.
Er dachte über die Formulierungen »überfallen« und »Zustand unterliegt der Geheimhaltung« nach. Könnte das bedeuten, dass sie nicht tot war? Oder würden sie in einer SMS nicht bekanntgeben, dass sie tot war? Das beunruhigte ihn, aber er verdrängte es und widmete sich in Gedanken seinem nächsten Opfer. Wäre Haytham durch diese Nachricht möglicherweise vorgewarnt, dass er in Gefahr schwebte? Vielleicht hatte Haytham die Nachricht nicht gesehen, aber selbst wenn, warum sollte er annehmen, dass er in Gefahr war?
Khalils Instinkt, der ihn nie im Stich ließ, sagte ihm, er solle sich nicht darum kümmern, ob man ihm vielleicht eine Falle stellen wollte. Er konnte eine Gefahr riechen, aber im Moment roch er eher Jibral Haythams Blut.
Khalil nahm sein Handy und wählte eine Nummer.
»Amir«, meldete sich eine Männerstimme.
»Mr Gold«, sagte Khalil auf Englisch. »Wie sieht es aus?«
»Unverändert, Sir«, erwiderte Amir.
»Und wo sind Sie jetzt?«
»Ich parke an einer Stelle, von der aus ich das Haus sehen kann.«
»Und es gibt nichts, das Sie beunruhigt?«
»Nein, Sir.«
»Ich melde mich wieder.« Khalil legte auf und sagte zu dem Fahrer: »Ich habe meine Pläne geändert. Ich muss mich mit jemandem, der aus der Stadt kommt, am Bahnhof von Douglaston treffen.«
»Kein Problem.« Der Fahrer gab das neue Ziel in sein Navigationsgerät ein und sagte: »Sind nur ein paar Blocks.«
Drei Minuten später fuhr der Wagen auf den kleinen Parkplatz
auf der Seite des Bahnhofs der Long Island Rail Road, wo die Züge in Richtung Osten hielten.
Khalil sah einen Taxistand, aber an diesem Sonntagnachmittag waren dort keine
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