Der Lord ihres Herzens
ist... Vielleicht ist sie guter Hoffnung ... Also, ich hab ja etwas ziemlich Schockierendes gehört...
Gleich darauf saß sie in der Bibliothek in einem bequemen Sessel. Eines der großen Fenster stand offen und der Sessel war davorgeschoben, damit der Wind Janes Gesicht kühlen und sich lindernd auf ihre Lungen legen konnte. Die Terrasse draußen verhinderte, dass der Regen ins Zimmer drang, doch die scharlachroten Vorhänge wurden vom Wind in ihre Richtung gebläht.
Als der erste Kummer vorüber war, sah Jane auf. Beckenham brachte ihr ein Glas Wasser und drückte es ihr in die Hand.
„Beckenham.“ Sie schniefte unelegant, nahm den Hut vom Kopf und legte ihn auf den Tisch. „Wie lieb du bist.“
Sorge um sie zeichnete sich in seinen harten Gesichtszügen ab. Doch er brauchte keine Angst zu haben. Das Schlimmste war vorüber. Nun, wo sie so viel weinen konnte, wie sie wollte, schienen die Tränen versiegt.
„Wie peinlich“, sagte sie und tupfte sich die Wangen ab. „Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich aus härterem Holz geschnitzt sei.“ Sie sog die regenfeuchte Luft in die Lungen. „Es tut mir schrecklich leid.“ „Das braucht es nicht. Es ist keine Schande, Gefühle zu zeigen.“ Wenn er das nur selbst glauben würde. Dann hätte sie Beckenham helfen können, seine eigenen Schmerzen zu lindern. Aber sie hatte gelernt, über die Ereignisse zu schweigen und den Namen einer gewissen Dame ihm gegenüber nie mehr zu erwähnen. Sie seufzte. Jeder von ihnen hatte sein eigenes Los zu tragen.
Jane trank das Wasser und gab Beckenham das Glas zurück. Sie lehnte den Kopf an das Polster und rang sich ein Lächeln ab, um ihre Demütigung zu überdecken. „Bitte geh zurück zu den anderen. Es wäre schön, wenn wenigstens du alles hörst und es mir später erzählst. Ich traue Montford nicht über den Weg.“
Er sah in Richtung des Musikzimmers und dann wieder zu ihr. „Soll ich nach deiner Zofe klingeln?“
„Nein, lieber nicht. Ich gehe hoch, wenn ich so weit bin. Ich möchte hier ein Weilchen sitzen.“
Er kannte sie gut genug, um sie nicht zu bedrängen. Verlegen tätschelte er ihr die Schulter und verließ das Zimmer. Was für ein Glück sie hatten. Kein leiblicher Bruder hätte mehr für sie alle tun können als Beckenham. Er war so groß und so schroff und gleichzeitig so verlässlich und gut!
Jane schloss die Augen und lauschte den sich entfernenden Schritten. Das Klicken der Tür verriet ihr, dass sie allein war.
Erleichtert seufzte sie auf. Die Anspannung, die wie eine Riesenhand ihre Brust zu zerquetschen drohte, fiel langsam von ihr ab. Ihr pochendes Herz beruhigte sich allmählich. Sie döste ein Weilchen ...
Plötzlich kräuselte Jane die Nase. Was war das? Roch es nach Rauch? Die Schornsteine waren doch wohl nicht schon wieder verstopft! Sie musste unbedingt etwas dagegen unternehmen.
Aber nein! Sie war nicht länger Herrin in diesem Haus.
Jane öffnete die Augen und ihr Blick fiel durch die Terrassentür vor ihr. Sie wurde von einer großen Gestalt erfüllt, die ein so dunkles und zerzaustes Haar hatte, dass keine Frisur mehr erkennbar war. Die Augen wirkten bleischwer, der Blick war streng auf Jane gerichtet und zwischen den Zähnen des Fremden glomm ein Zigarillo.
Jane japste nach Luft. Der Reiter, den sie oben von ihrem Fenster aus gesehen hatte, stand nun so nahe vor ihr, dass sie nur die Hand ausstrecken musste, um ihn zu berühren. Entsetzt erkannte Jane, dass er sie anlächelte, ohne diesen grässlichen Zigarillo aus dem Mund zu nehmen. Ihr Herz raste wie verrückt.
Jane konzentrierte sich auf den Zigarillo. Sie steckte Rosamunds Taschentuch ein und sah den Fremden finster an. „Ich hoffe nur, dass Sie dieses grässliche Ding nicht hier drinnen paffen wollen.“
Die grünen Augen des Mannes wurden schmal. Er betrachtete sie einen Augenblick, dann schlossen sich seine Lippen um das widerwärtige Objekt. Seine Wangen wirkten dadurch noch ein wenig hohler und das Ende des Zigarillos glühte auf. Bedächtig nahm er ihn aus dem Mund, neigte den Kopf und blies den Rauch nach oben in die Luft. Die graue Wolke passierte seine wohlgeformten Lippen, stieg nach oben, ringelte sich wie liebkosend um den Stuck.
In dieser Haltung zeigte sich das störrisch vorgeschobene Kinn des Mannes besonders deutlich. Obwohl sie sich über die offene Missachtung ärgerte, mit der er sich über ihre Wünsche hinwegsetzte, blickte Jane fasziniert an seinem kühnen Hals hinab bis zum blendend weißen
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