Der Lord ihres Herzens
verlangt, dass er ihr treu blieb, als sie seinen Heiratsantrag angenommen hatte? Hatte sie verlangt, dass er sie liebte? Sie hatte gelernt, von einem Ehegatten nur sehr wenig zu erwarten.
Sie hatte gedacht, ihn ließe das alles kalt, doch als er antwortete, schien ihn jedes Wort Kraft zu kosten. „Ich wäre dir dankbar, wenn du Luke von alledem nichts sagst, bis ich ein paar Dinge in Ordnung gebracht habe.“
Sie kniff die Augen zusammen. „Nein, als sein Vater hast du bestimmt jedes Recht, ihm zu sagen, was immer du willst.“
Was für einen edlen Papa du hast, Luke! Wie blind war sie doch gewesen, es nicht zu erraten. Sie lief immer weiter durchs Zimmer. Wenn sie sich nicht bewegte, würde sie in tausend Einzelteile zerspringen.
Seine Stimme schob sich zwischen ihre Gedanken. „Auch wenn es durchaus anregend ist, dich so durch den Raum stürmen zu sehen, möchte ich doch bitten, mich nicht so auf die Folter zu spannen.“ Abrupt blieb sie stehen. „Auf die Folter spannen?“
Er rollte mit den Augen. „Unsere Verlobung. Ich nehme an, dass du sie lösen möchtest.“
Jane lachte ziemlich wild. „Warum denn das? Ich wusste doch von Anfang an, dass du ein Schuft bist.“
„Das stimmt.“ Constantine blickte wieder grimmig. „Es ist beruhigend zu wissen, dass sich in deinem kleinen Köpfchen weder Vertrauen noch irgendeine andere romantische Vorstellung festgesetzt hat, und das nach all den Nächten, die du mit mir im Bett verbracht hast.“ Ihr Gesicht brannte. Ein paar hitzige Augenblicke war sie wieder in seinem Schlafzimmer. Sie zitterte wieder in seinen Armen. Ein Gefühl des Verlusts stieg in ihr auf. Es lag nicht an den Freuden, die er ihr geschenkt hatte, sondern an der kostbaren Nähe jener gemeinsamen Augenblicke.
Der Kummer drohte sie zu überwältigen, doch sie schob ihn beiseite. Ihr dunkler Prinz schien verschwunden. Sie hatte in einem Märchen gelebt und Märchen waren nun einmal nichts anderes als eine Illusion. Sie sollte nicht klagen.
„Mich haben zwar alle möglichen Leute vor dir gewarnt, aber dennoch waren sie sich in einem einig. Angesichts dieses Testaments schien es allen das Klügste zu sein, dass ich dich heirate. Das verlangt die Pflicht.“
„Und du bist natürlich eine äußerst pflichtbewusste Dame.“
„Da hast du verdammt recht!“
Constantine blinzelte sie an. „Hast du eben geflucht?“
„Ja!“ Und es hatte sich einfach wunderbar angefühlt.
Sie begann wieder herumzulaufen. Sie presste die Hände aneinander und versuchte verzweifelt, sich einen Anschein von Ruhe zu geben.
Ja, sie war pflichtbewusst, aber dennoch hätte sie das Haus gewiss fluchtartig verlassen, wenn Luke nicht gewesen wäre. Sie wollte ihm dabei helfen, sich an die schockierende Neuigkeit seiner Herkunft zu gewöhnen. Sie wollte ihm das Gefühl vermitteln, dass sie immer für ihn da wäre, auch wenn sein gleichgültiger Vater es nicht war.
Jane ging auf Constantine zu. Mit zitternder Stimme sagte sie: „Unsere Verlobung bleibt bestehen.“
Sie zitterte und dachte an dieses arme Dienstmädchen, das hochschwanger mit Constantines Kind hinausgeworfen worden war. In dieser Nacht wollte sie ihn nicht in ihrem Bett haben. Sie wollte es nie wieder.
„Aber vergeben wird mir nicht“, sagte er.
Zorn und Trauer loderten in ihr empor. Sah er denn wirklich nicht, wer das eigentliche Opfer war? Verstand er denn gar nichts?
„Das liegt nicht an mir“, sagte sie ruhig. „Das ist Lukes Aufgabe.“
Innerlich zerrissen vor Bedauern sah Constantine, wie Jane mit hoch erhobenem Kopf den Raum verließ. Es drängte ihn, ihr nachzugehen und ihr alles zu erklären. Tatsächlich machte er ein paar Schritte in Richtung der Tür. Dann aber blieb er stehen, drehte sich um und wandte sich dem Tablett mit Drinks zu.
Brennend rann ihm der Brandy durch die Kehle, doch konnte er den Schmerz nicht dämpfen.
Er fluchte heftig.
Dann schnappte er sich die Karaffe, ging zu einem Sessel und setzte sich. Er musste nachdenken. Er goss sich einen weiteren Brandy ins Glas und stellte die Karaffe auf dem Tischchen ab. Seine Hände zitterten.
Verdammt! Er hätte wissen müssen, dass dieses Gefühl der Zufriedenheit nur von kurzer Dauer sein würde. Glück war für ihn immer der Vorbote einer Katastrophe gewesen.
Er knallte das Glas hin und stützte den Kopf in die Hände.
So ergab plötzlich alles einen Sinn. Er hatte auch deshalb so mit dem Schicksal gehadert, weil er die Gründe damals nie ganz verstanden hatte, die
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