Der Lüge schöner Schein
davor gewarnt, dich in Verlegenheit zu bringen.«
»Er hat
was
?«
»Du weißt schon. Er hat gesagt, ich soll es mir zweimal überlegen, bevor ich dir als Freund etwas erzähle, was dich als Polizist möglicherweise in Schwierigkeiten bringen könnte. Wenn Colin sich zum Beispiel bei mir melden sollte, damit ich ihm helfe.«
»Und, hat er?«, fragte Pascoe ausdruckslos und blickte dabei konzentriert in sein Glas.
»Nein, hat er nicht. Aber es hat mich nachdenklich gemacht, was er gesagt hat. Ich muss die ganze Zeit dran denken. Er irrt sich, weißt du. Das ist mir gerade klar geworden. Der dicke Dalziel irrt sich.«
»Kann ich das schriftlich haben?« Pascoe lächelte.
»Verdammt, ich steh nicht auf die totale Offenheit. Manche Dinge sollte man ruhig für sich behalten. Aber nicht aus den Gründen, die Dalziel genannt hat. Nicht deshalb, damit du in aller Gemütlichkeit ein fetter Superintendent werden kannst wie er.«
»Ganz deiner Meinung«, stimmte Pascoe ihr zu. »Das ist bestimmt kein guter Grund, mir etwas nicht zu erzählen. Obwohl ich mir diese anderen Dinge, die man ruhig für sich behalten sollte, gerne mal genauer ansehen würde.«
»Da könntest du einen Schock kriegen!«, erwiderte sie leichthin. »Der eigentliche Grund, warum ich dich heute Nachmittag angerufen habe, ist ziemlich seltsam. Als du mich in der Stadt abgesetzt hast, bin ich nicht gleich ins College zurückgefahren. Ich hatte keine Vorlesung, und nach heute Morgen war mir nach vielen Menschen. Also bin ich zwei, drei Stündchen bummeln gegangen. Dann, so um vier rum, hab ich mich auf den Rückweg gemacht. Ich bin natürlich durch Birkham gekommen, und da habe ich angehalten und wollte noch mal in den Trödelladen reinschauen. Aber der war geschlossen.«
»Nicht besonders geschäftstüchtig, unser Mr. Etherege«, bemerkte Pascoe. »Welcher übrigens gerade hereingekommen ist.«
Etherege war anscheinend bestens bekannt, und sofort wurden der Wirt und die anderen Gäste lebhaft begrüßt.
»Wie dem auch sei«, fuhr Ellie fort, »ich wollte gerade zurück ins Auto steigen, als ein Wagen hinter mir parkte. Ich dachte, den kenn ich doch, quietschgelber Citroën. Da springt Anton Davenant heraus, begrüßt mich auf das Herzlichste und sagt, er sei gerade auf dem Weg zu mir ins College.«
»Interessant«, sagte Pascoe. »Was zum Teufel wollte er von uns, das er nicht schon heute Morgen hätte haben können?«
»Das hab ich mich auch gefragt. Das Einzige, was mir eingefallen ist, war das Fehlen deiner Wenigkeit.«
»Sehr schmeichelhaft. Okay. Was hat er gesagt?«
»Weiß ich eigentlich nicht. Sah aus, als wollte er das Terrain sondieren, du weißt schon, was ich meine. Hat über Colin und die anderen gesprochen, insbesondere über Timmy. Er hat ihn offenbar kennen gelernt, als Timmy bei der EU in Brüssel arbeitete und Davenant auf einer Art gastronomischer Bildungsreise war.«
»Dann kommt Timmy zurück und fängt wieder was mit Carlo an. Interessant.«
»Das hab ich mir auch gedacht. Ich hab mich gefragt, ob er wirklich so ganz zufällig in der Gegend war.«
»Das«, sagte Pascoe, »ist eine von den gemeinen Fragen, die sich doch eigentlich nur Polizisten stellen sollten.«
»Dalziel hätte seine Freude. Aber langsam frage ich mich, ob Colin sich vielleicht bei ihm gemeldet hat und er mir ein bisschen auf den Zahn fühlen wollte, ob man einem Polizistenliebchen trauen kann.«
»Und kann man?«
»Offensichtlich nicht. Er hat auf jeden Fall nichts gesagt. Schien aber sehr an dem Buch interessiert, an dem Colin arbeitete, aber dazu konnte ich ihm gar nichts sagen. Vielleicht macht sich Colin ja Sorgen um sein Manuskript und seine Aufzeichnungen?«
»Wo Colin auch steckt«, sagte Pascoe völlig emotionslos, »er hat auf jeden Fall ganz andere Sorgen als das Wohlergehen seines Manuskripts. Du hast also angerufen, um mit mir zu plaudern?«
»Genau. Davenant war noch immer bei mir, er war nur gerade am Klo. Ich dachte, du wüsstest vielleicht gern Bescheid.«
Ihre Steaks kamen und mit ihnen Etherege. Er setzte sich nicht, sondern sah zu ihnen hinunter, ein Glas Gin in der einen und eine Flasche Tonic in der anderen Hand.
»Hallo noch mal«, sagte er mit einem Lächeln. »Ich will Sie nicht stören, wollte mich nur nach diesen Briefmarken erkundigen.«
»Wir hatten leider noch keine Gelegenheit, sie untersuchen zu lassen«, sagte Pascoe und dachte dabei an den armen alten Sturgeon, der in kritischem Zustand, vielleicht sogar
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