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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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einzige, was wir von ihm wissen. Er ist fett, Deutscher und sehr teuer.«
    »Dieser kostspielige, vollschlanke Teutone wurde von den Ungarn beauftragt, Mendax abzufangen sowie augenscheinlich jeden zu töten, der im entferntesten damit zu tun hatte. Ich kehre zu meiner ursprünglichen Frage zurück. Warum? Warum Moltaj umbringen?«
    »Nun, Sir, das machen Mörder nun mal so. Sie morden.«
    »Nur auf Befehl. Warum
befiehlt
man Golka, einen unschuldigen Violinisten zu ermorden?«
    Simon zuckte höflich mit den Schultern; Humphrey und Lady Helen setzten sich aufrechter hin, wie Kirchgänger, die ihre Aufmerksamkeit während eines Gottesdienstes bekunden wollen; Sir David Pearce gähnte; Stefan starrte verloren aus dem Fenster, und Dickon Lister versperrte weiterhin die Tür. Adrian fragte sich, wann die Aufmerksamkeit sich ihm zuwenden würde.
    »Ich frage mich«, sagte Trefusis, »warum überhaupt Menschen umgebracht werden. Sie werden umgebracht aus Gründen der Rache, der Vergeltung und des Zorns. Sie werden umgebracht, um Verborgenheit und Verschwiegenheit zu erreichen, sie werden umgebracht, um eine psychotische Gier zu befriedigen und/oder um einen materiellen Gewinn zu erlangen. Keiner dieser Gründe erklärt zureichend den immensen Aufwand an Geldern undRisiko, der betrieben wurde, um unter die Existenz eines harmlosen ungarischen Fiedlers einen Schlußstrich zu ziehen. Berücksichtigen Sie auch die
Art und Weise
des Mordes. So gräßlich, so öffentlich, so gewalttätig, so ungebührlich.«
    »Vielleicht mochte der Killer sein Gesicht nicht«, schlug Pearce vor.
    »Oh, es war aber doch ein hübsches Gesicht. Nein, es gibt nur ein Motiv, das mir notwendig und zureichend erscheint. Moltajs Ermordung geschah
meinetwegen

    »Golka hat ihn mit Ihnen verwechselt, Sir? Das kann ich mir kaum …«
    »Nein, nein, Simon. Ich meine genau, was ich sage. Moltaj wurde
meinetwegen
umgebracht, um mir Angst einzujagen.«
    Sir David stand auf, streckte sich und ging zum Schränkchen hinüber.
    »Möchte noch jemand von diesem Wein?« rief er unbestimmt in den Raum.
    »Ja, bitte«, sagte Adrian.
    Sir David ignorierte ihn, schenkte sich ein Glas ein und nahm wieder Platz. Adrian wurde rot und inspizierte seine Schnürsenkel.
    »Ich glaube«, fuhr Trefusis fort, »daß der Mord an Moltaj mir klarmachen sollte, zu welch grausamen und gnadenlosen Mitteln die Ungarn zu greifen bereit waren, um Mendax an sich zu bringen. Wenn sie dafür sogar töten, sollte ich mir sagen, dann überlasse ich sie ihnen besser gleich. Aber welch kälberne Kriegslist! Ich bin doch, hoffe ich, noch kein so alter und lahmer Kauz, wie das vermuten ließe. Falls ich wirklich Angst gehabt hätte – und ich muß hier innehalten, um Ihnen zu versichern, daß ichtatsächlich eine Heidenangst hatte wie noch nie –, dann wäre der natürliche Handlungsablauf für mich doch gewesen, die Mendax-Papiere Sir David zu übergeben und mich zu meinem Schutz auf seine Abteilung zu verlassen. Die Ungarn gehören nicht zu der Sorte, die einem Mörder auf die Fersen hetzen, einzig um Rache zu üben. Die gehören doch nicht zum MI5, um Himmels willen. Andererseits sind sie auch keine solchen Idioten, sich vorzustellen, mich in solche Panik versetzen zu können, daß ich
ihnen
Mendax gäbe. Sie konnten mir nur solche Panik machen, daß ich sie meinen eigenen Leuten gab. An dem Punkt merkte ich natürlich, daß genau dies beabsichtigt war. Ich sollte so weit eingeschüchtert werden, daß ich Mendax nicht den Ungarn präsentierte, sondern Sir David Pearce. Sir David Pearce hatte Golka engagiert. Sir David Pearce hatte Moltajs Tod angeordnet, um mir solche Furcht einzujagen, daß ich aus dem Spiel ausstieg, und Sir David Pearce hatte für Martin Szabó denselben Tod angeordnet, damit er seine Fiktion der blutrünstigen Ungarn aufrechterhalten konnte, die durch ganz Salzburg Amok laufen.«
    »Ich werde eine Schwester rufen«, sagte Sir David. »Ihr laßt ihn weiterreden. Und, um Gottes willen, besänftigt den armen Tor, bevor er gewalttätig wird.«
    Trefusis senkte bekümmert den Kopf. »Nein, David, ich glaube, niemand wird Krankenschwestern rufen. Jedenfalls nicht jetzt.«
    Schweigend begegnete Sir David Pearce dem Gaffen der anderen und brach dann in Gelächter aus.
    »Ja, um Gottes willen, ihr solltet euch sehen! Ihr könnt das doch nicht ernst meinen! Der Mann faselt, und das wißt ihr.«
    »Vielleicht sollten wir Golka fragen«, sagte Trefusis.
    »Ooh, ja
welch
eine gute

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