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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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bemerken? Er versuchte es auf die freundliche, überredende Tour. »Hey, hey, hey, was ist denn los?«
    »Es tut mir leid, Healey. Es tut mir wirklich leid, a-aber …«
    »Mir kannst du’s doch sagen. Worum geht’s?«
    Trotter schüttelte unglücklich den Kopf und schniefte.
    »Schau mal«, sagte Adrian, »hier hast du ein Taschentuch. Oh … nein, da fällt mir grad ein, das ist nicht besonders sauber. Aber ich habe eine Zigarette. Damit kannst du dir die Nase putzen.«
    »Nein danke, Healey.«
    »Dann rauche ich sie eben.«
    Nervös beobachtete er Trotter. Seine Gefühle so rauszulassen war nicht fair. Und was wollte ein Kloß wie Schweinchen eigentlich mit Gefühlen? Der hatte sein eigenes Taschentuch gefunden und schnaubte sich mit einem abscheulich schleimigen Platschen die Nase. Adrian zündete seine Zigarette an und versuchte beiläufig zu klingen.
    »Also, wo liegt der Hase im Pfeffer, Trot? Geht’s um irgendwas im Artikel?«
    »Es ist nichts. Es ist bloß dies Stück, wo er anfängt davon zu reden, wie …«
    Trotter zog ein Heft von »Bullochse!« aus der Tasche. Es war bereits auf der zweiten Seite von Adrians Artikel aufgeschlagen.
    Adrian sah ihn erstaunt an.
    »Ich würde mich damit nicht erwischen lassen, wenn ich du wäre.«
    »Schon gut, ich wollt’s sowieso wegwerfen. Ich hab alles mit der Hand abgeschrieben.«
    Trotter stieß einen Finger auf einen Abschnitt.
    »Da«, sagte er, »lies das Stück.«
    »›Und sie nennen es jugendliche Schwärmerei‹«, las Adrian, »›nun, ich schätze, sie werden niemals wissen, was das junge Herz wirklich fühlt.‹ Die Worte Donny Osmonds, des Philosophen und Aphoristikers, sitzen wieimmer. Wie können sie uns bestrafen und zermahnen, wo wir doch Gefühle haben, die stark genug sind, die Welt aufzusprengen? Entweder wissen sie, was wir durchmachen, wenn wir lieben, in welchem Fall ihre Gleichgültigkeit, uns weder zu warnen noch hindurchzuhelfen, unentschuldbar ist, oder sie haben nie gefühlt, was wir empfinden, und wir haben jedes erdenkliche Recht, sie tot zu nennen. Liebe verschrumpelt dir den Magen. Sie pökelt dir die Eingeweide. Aber was fügt sie deinem Geist zu? Sie wirft die Sandsäcke über Bord, so daß der Ballon aufsteigen kann. Plötzlich schaut man auf das Gewöhnliche hinab …«
    Adrian sah zu Schweinchen Trotter hinüber, der sich hin und her wiegte und sich an seinem Taschentuch festklammerte, als wäre es die Sicherheitsverriegelung einer Berg-und-Tal-Bahn.
    »Das letzte Stück ist ein verändertes Zitat aus
Das verlorene Wochenende
, glaube ich«, sagte Adrian. »Ray Milland, der vom Alkohol spricht. Und du … äh … du bist also verliebt?«
    Trotter nickte.
    »Ahm … jemand, jemand, den ich kenne? Du mußt es mir nicht sagen, wenn du nicht möchtest.« Adrian machte seine rauhe Kehle fast wahnsinnig.
    Trotter nickte wieder.
    »Das … muß ganz schön hart sein.«
    »Es macht mir nichts aus, dir zu sagen, wer es ist«, sagte Trotter.
    Wenn es Cartwright ist, bringe ich ihn um, dachte Adrian bei sich. Ich bringe das fette Schwein um.
    »Wer ist es denn?« fragte er, so leichtfertig er konnte.
    Trotter starrte ihn an.
    »Du natürlich«, sagte er und brach in Tränen aus.
    Langsam gingen sie zum Haus zurück. Adrian wünschte sehnlichst, wegzulaufen, damit Schweinchen Trotter sich allein im Salzbad seiner einfältigen Trübsal suhlen konnte, aber er schaffte es nicht.
    Er wußte nicht, wie er reagieren sollte. Er wußte nicht, in welcher Form. Er nahm an, daß er Trotter etwas schuldete. Das Objekt der Liebe sollte sich geehrt oder geschmeichelt fühlen, irgendwie verantwortlich. Statt dessen fühlte er sich beleidigt, erniedrigt und war empört. Mehr als das, er kam sich verarscht vor.
    Trotter?
    Schweine können fliegen. Das hier konnte jedenfalls.
    Es ist nicht dasselbe, sagte er sich immer wieder. Es ist nicht dasselbe wie zwischen mir und Cartwright. Es kann nicht sein. Mein Gott, wenn ich Cartwright nun meine Liebe erklären und er sich nur ein Zehntel so genervt fühlen würde wie ich mich jetzt …
    »Ist schon in Ordnung, weißt du«, sagte Schweinchen Trotter, »ich weiß, daß du nicht dasselbe für mich empfindest.«
    Dasselbe für mich empfindest?
O Gott.
    »Also«, sagte Adrian, »die Sache ist, weißt du, ich meine, man kommt darüber weg, oder?«
    Wie konnte er das bloß sagen? Wie konnte er das bloß
sagen
?
    »Das macht es allerdings nicht gerade einfacher«, sagte Trotter.
    »Stimmt«, sagte Adrian.
    »Mach dir

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