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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Mittelmeerinsel mit dem Schreiben von lyrischer Prosa für Faber & Faber und Literaturkritiken für den
New Statesman
zu beschließen, ganze Generationen von Pagen und »Sekretären« kommen und gehen zu sehen, sich mit Fernet Branca um seine fünf Sinne zu saufen und den Polizeichef alle sechs Monate auszuzahlen, dann sollte es so sein. Besser, als im Regen ins Büro zu fahren.
    Aus einer Laune heraus griff er zu einer großen Bibel, öffnete sie aufs Geratewohl und schrieb mit rotem Kugelschreiber»Ironie« an den Rand. Aufs Vorsatzblatt kritzelte er Anagramme seines Namens. Hydrae in alea, Iryna auf Halde, na, idealer Hay?
    Er beschoß, bei Gladys vorbeizuschauen.
Sie
würde ihn verstehen.
    Unterwegs lag Rundell hinter einem Grabstein und lauerte ihm auf. »Ha, ha! Da ist der bittersüße Nachtschatten!«
    »Du nimmst mir das Wort aus dem Munde, Lustbengel! Nur du konntest etwas so Widerliches wie das Keksspiel kennen.«
    »Mußt du ja wissen.«
    Adrian täuschte vor, sein Notizbuch herauszuziehen.
    »›Mußt du ja wissen‹, das muß ich mir aufschreiben. Könnte sich eignen, falls ich mal bei einem Wettbewerb um die geistloseste Bemerkung der englischen Sprache teilnehme.«
    »Dann bitte ich um deine.«
    »Ist nicht zu haben.«
    Rundell winkte ihn mit einem gekrümmten Finger herbei. »Neuer Gag«, sagte er. »Komm her.«
    Adrian näherte sich vorsichtig.
    »Worauf so häßlich trachtest diesmal du?«
    »Nein, ich mein’s ernst. Komm her.«
    Er zeigte auf seine Hosentasche. »Steck deine Hand hier rein.«
    »Also ehrlich … selbst du, Lustbengel, gehst damit ein bißchen …«
    Rundell stampfte mit dem Fuß auf.
    »Das ist ernst! Ich hatte eine brillante Idee. Fühl mal.«
    Adrian zögerte.
    »
Mach
schon.«
    Adrian grub seine Hand in die Tasche.
    Rundell kicherte.
    »Siehst du! Ich habe die Taschen rausgeschnitten. Und keine Unterhose an. Ist das nicht brillant?«
    »Du Arsch von einem Lustbengel …«
    »Um Gottes willen, mach weiter, wo du schon mal angefangen hast.«
     
    Adrian erreichte Gladys und setzte sich mit einem Plumps. Unten hauchte Rundell ihm einen extravaganten Kuß nach und haute ab, um seine Kräfte wieder zu sammeln, bevor er den Trick bei jemand anderem probierte.
    Warum bin ich mit diesem Lustbengel nicht zufrieden? fragte Adrian und wischte sich die Finger an seinem Taschentuch ab. Er ist sexy. Er macht Spaß. Mit ihm kann ich Sachen anstellen, von denen ich bei Cartwright nicht mal träumen würde. Verdammt, da kommt jemand. »Freund oder Feind?«
    Schweinchen Trotter schleppte sich ins Sichtfeld.
    »Freund!« keuchte er.
    »Ha! Ihr scheint erschöpft, mein Herr. Kommt und haltet durch gleich mir.«
    Trotter setzte sich, während Adrian sich mit einem Ampferblatt Luft zufächelte.
    »Ich bin seit langem der Überzeugung, daß der Kotillon zu kräftezehrend für die Sommermonate ist. Persönlichkeiten von Stand sollten ihn meiden. Ich habe sichere Kenntnis, derzufolge ich nach dem Tanzen eines Kotillons beispiellos schlicht aussehe. Das Menuett ist meiner Meinung nach der einzige Tanz für den Edelmann von Rang und Namen. Ihr werdet mir beipflichten, mein Herr, das steht wohl außer Frage? Ich glaube, Harry Walpole bemerkteeinmal, ›man sollte im Leben alles einmal ausprobieren außer Inzest und Volkstänze‹. Das ist eine ganz ausgezeichnete Maxime, wie ich erst letzte Nacht im Bett zu meiner Mutter sagte. Vielleicht erweist Ihr mir später die Ehre, mich ins Kartenzimmer zu begleiten? Es wurde eine Partie Bassetspiel versprochen, und ich beabsichtige, meinen Herrn Darrow bei fünfhundert Guineen zu stechen.«
    »Healey«, sagte Trotter. »Ich sage nicht, daß du es warst, und ich sage nicht, daß du es nicht warst, es ist mir ziemlich egal. Aber der bittersüße Nachtschatten …«
    »Der bittersüße Nachtschatten«, sagte Adrian. »
Solanum dulcamam
, der gemeine Bittersüß im Gesträuch:
     
    Sie suchen hier, sie suchen dort,
    Die Lehrer suchen allerort.
    Ist er nicht schnell unterm Gemüs,
    Der nie gefaßte Bittersüß?
     
     
    Arm, aber mein.«
    »Du hast seinen Artikel gelesen, nehme ich an?« sagte Schweinchen Trotter.
    »Ich mag ihn zu müßiger Stunde einigemal durchgeblättert haben«, sagte Adrian. »Warum fragst du?«
    »Also …«
    Trotter hatte einen Frosch im Hals. Adrian schaute ihn bestürzt an. Tränen sprangen ihm in die Ferkelaugen.
    Zur Hölle. Die Tränen anderer waren zuviel für Adrian. Legte man ihnen den Arm um die Schultern? Gab man vor, es nicht zu

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