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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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hat mir im Vertrauen etwas mitgeteilt …«
    Tickford beugte sich vor und umklammerte Adrians Handgelenk. »Eins verspreche ich Ihnen, Adrian. Was immer Trotter Ihnen gesagt haben mag, Sie
müssen
es mir jetzt sagen. Verstehen Sie? Sie müssen!«
    »Es ist mir ein bißchen peinlich, Sir … können Sie ihn nicht selber fragen?«
    »Nein, nein. Ich möchte es von Ihnen hören.«
    Adrian schluckte.
    »Also, Sir, ich habe gestern nachmittag Trotter zufällig getroffen, und er … also er fing plötzlich an zu weinen, und da habe ich ihn gefragt, was denn los wäre, und er sagte, er wäre sehr unglücklich, weil er … na ja, also er war sozusagen …«
    Mensch, war das schwer.
    »… er war … also er sagte, er liebte jemanden … er, verstehen Sie, war verknallt.«
    »Ich verstehe. Ja, natürlich. Ja, ich verstehe. Er glaubte, er liebte jemanden. Einen anderen Jungen, nehme ich an?«
    »Das sagte er, Sir.«
    »Trotter wurde heute nachmittag in einem Schuppen auf Brandiston Field gefunden«, sagte er und schob ein Stück Papier über die Tischplatte. »Dieser Zettel steckte in seiner Tasche.«
    Adrian erstarrte. »Sir?«
    Tickford nickte traurig.
    »Der dumme Junge«, sagte er. »Der dumme Junge hat sich aufgehängt.«
    Adrian schaute auf den Zettel.
    »Es tut mir sehr leid, aber ich konnte es nicht länger ertragen«, stand da. »Healey weiß, warum.«
    »Seine Mutter und sein Vater sind schon auf dem Weg von Harrogate hierher«, sagte Tickford. »Was soll ich bloß sagen?«
    Adrian sah ihn voller Panik an.
    »Warum, Sir? Warum hat er sich bloß umgebracht?«
    »Sagen Sie mir den Namen des Jungen, in den … für den er diese Sache empfand, Adrian.«
    »Also, Sir …«
    »Ich muß es wissen.«
    »Es war Hugo Cartwright, Sir. Hugo Cartwright.«

 
    Zwei Savile-Row-Anzüge, ein Tommy Nutter und ein Bennett, Tovey and Steele, saßen sich an einem Tisch im Wilton’s gegenüber.
    »Gut zu wissen, daß es die Hiesigen noch gibt«, sagte der Bennett, Tovey and Steele. »Ich dachte langsam, sie seien ausgestorben.«
    »Wo Sie das gerade sagen«, sagte der Tommy-Nutter-Anzug, »meine Achillesferse bilden ja eher die Dinger vom Pazifik. Die sind irgendwie schleimiger, finden Sie nicht? Fleischiger, wenn man das so nennen kann.«
    Der Bennett, Tovey and Steele war nicht der Meinung. Er fand es mal wieder typisch für den Tommy Nutter, einen so gewöhnlichen Austerngeschmack zu haben.
    »Dieser Montrachet ist eine Spur zu warm, nicht wahr?«
    Der Bennett, Tovey and Steele seufzte. Von den Beinen seiner Amme an war er in dem Glauben aufgewachsen, weiße Burgunder dürften nicht zu kühl serviert werden. Im Wiltons kannte man ihn und achtete sorgfältig darauf, ihm den Wein genau so zu servieren. Der Tommy Nutter würde einen Vortrag allerdings übelnehmen. Männer seines Schlages waren absurd empfindlich.
    »Einerlei«, sagte der andere. »Wer will sich gleich beschweren? Also dann. Reden wir mal über Mendax. GDS hatte keine Freude, muß ich leider sagen, an dem Odysseusmaterial. Gar keine Freude.«
    »Überhaupt keine Dechiffrierung möglich?«
    »Ach, geknackt haben sie’s schon. Es war eine alte Tauschchiffre. Vorkrieg. Absolut antiquiert.«
    »Das paßt«, grunzte der Bennett, Tovey and Steele. »Und was war drin?«
    »Namen, Adressen und Telefonnummern. Eine Masse harmloser Österreicher. Direkt aus dem verdammten Salzburger Telefonbuch, ob Sie’s glauben oder nicht.«
    »Das alte Arschloch.«
    »Die Frage ist also«, der Tommy Nutter drehte schüchtern den Stiel seines Weinglases, »hat Ihr Odysseus das Material rausgebracht oder zurückgelassen?«
    »In der Post hatte er nichts. So viel wissen wir.«
    »Kann Ihr Freund im feindlichen Lager noch für seinen Unterhalt aufkommen?«
    »O ja.«
    »Gut, er ist nämlich ein gieriger Hurensohn.«
    Der Bennett, Tovey and Steele überhörte das. Es war nicht gerade so, als ob er Tommy Nutter für Telemach bezahlte. Er glaubte natürlich, er zahlte, und wahrscheinlich würde er nie merken, daß es direkt aus der Tasche des Bennett, Tovey and Steele kam und nie vom Fonds zurückgefordert werden würde. Es ging um ein reines Privatgeschäft, aber der Verbindungsmann mußte glauben, daß es dabei Honig für sie zu holen gab. Es hätte keinen Sinn, wenn sie herausfänden, daß der Dienst zur Gänze für die privaten Ziele des Bennett, Tovey and Steele genutzt wurde.
    »Ich glaube, das Mendaxmaterial ist immer noch drüben«, sagte er, »außerhalb der Mauern Iliums.«
    »In Salzburg,

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