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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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dem man nicht nachsagen würde, der vierte, fünfte, sechste oder siebte in einem unwahrscheinlichen Kreis aus Spionen, Doppelagenten und unbarmherzigen Verrätern zu sein. Sie sollten nicht darauf hören.«
    »Aber Sie haben im Krieg doch in Bletchley gearbeitet, oder nicht? Am Enigma-Code?«
    »Beryl Ayliffe, die Bibliothekarin des Colleges, auch.Müssen wir also annehmen, daß sie eine MI5- … wie nennt man das … Agentin ist?«
    Adrian sah die kettenrauchende Kastellanin der Bibliothek von St. Matthew’s vor sich.
    »Nein, natürlich nicht«, gab er zu. »Aber …«
    »Haha. Pech gehabt, das ist sie nämlich!«
    »Was?«
    »Oder nicht?« fragte Trefusis sich. »So verdammt schwer zu sagen in diesem verdammt tödlichen Spiel, das wir spielen. Egal, was macht’s schon aus? Ist nicht alles verflucht gleich? Links, rechts? Richtig, falsch? Die alten Unterscheidungen sind doch nicht mehr wert, verdammt einmal, zweimal und noch mal.«
    »Schon gut, schon gut«, sagte Adrian, vom Spott verletzt. »Ich gebe zu, das alles hört sich etwas albern an. Aber wir haben letztes Jahr gesehen, wie ein Mann ermordet wurde. Das können Sie doch nicht leugnen.«
    »Zugegeben.«
    »Und deswegen fahren wir nach Salzburg zurück?«
    »Ich glaube nicht, daß wir vor Frankreich essen sollten. Es gibt ein erstaunlich gutes Restaurant am Bahnhof von Arras. Schauen Sie, ob Sie das auf der Karte finden können, das wäre nett.«

II
     
    Adrian hatte noch nie
foie gras
gegessen.
    »Ich dachte, das wäre normale Pastete«, sagte er.
    »O nein, Pastete ist längst nicht so gut. Das hier sind die Lebern selbst. Kurz angebraten. Ich denke, es wird Ihnen schmecken.«
    Das tat es.
    »Das schmilzt ja buchstäblich im Mund!« rief er aus. »Unglaublich!«
    »Sie werden bemerken, daß der Corton Charlemagne ausgezeichnet dazu ist. Endlich einmal einwandfrei serviert. Einer meiner ehemaligen Studenten wird wahrscheinlich der nächste Herausgeber des
Spectator
. Sobald er sein Amt antritt, werde ich ihm einen kleinen Artikel über die britische Unart, weiße Burgunder zu sehr zu kühlen, zur Veröffentlichung unterbreiten. Wenn die jungen Freunde, die man hat, sich schon nicht zu schade sind, für so ordinäre Zeitschriften zu schreiben, können sie ihre Schuldgefühle wenigstens dadurch besänftigen, daß sie eine Plattform für fortschrittliche Ideen bereitstellen. Ich habe mir das Ziel gesetzt, all meine Schüler zu lehren, an korrekt servierte Weine zu glauben.«
    Adrian hörte dem Gesprächsfluß des Professors nur mit halbem Ohr zu. Ein junger Mann und eine Frau hatten kurz zuvor das Restaurant betreten, standen jetzt mitten im Saal und warteten darauf, an einen Tisch geführt zu werden, plötzlich verengten sich Adrians Augen. Er beugte sich zu Trefusis hinüber.
    »Schauen Sie sich nicht um, aber das Paar hinter Ihnen, das gerade hereingekommen ist …« Er senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »
Sie waren auf unserer Fähre!
Ich schwöre, es sind dieselben. Sie standen in der Autoschlange hinter uns. In einem grünen BMW.«
    Trefusis brach sein Brötchen und schaute versonnen in den großen Spiegel über Adrians Schultern.
    »Wirklich? Gott sei meiner armen Seele gnädig, die Welt ist klein, und Sie irren nicht.«
    »Sie glauben doch nicht … Sie glauben doch nicht, daß sie uns vielleicht …
folgen

    Trefusis zog die Augenbrauen hoch. »Möglich ist es natürlich. Es ist immer möglich.«
    Adrian ergriff Trefusis’ Arm über den Tisch. »Ich könnte pinkeln gehen und ihren Wagen fahruntüchtig machen. Was meinen Sie?«
    »Sie glauben, wenn Sie auf ihr Auto urinieren, wird es dadurch fahruntüchtig?«
    »Nein, ich meine, ich
tue
so, als ob ich pinkeln muß, aber in Wirklichkeit entferne ich den Verteilerrotor oder ziehe das Zündkabel raus oder was man halt so macht.«
    Trefusis blickte ihn mit der bloßen Spur eines Lächelns an. »Wissen Sie, wie man
foie gras
herstellt?«
    »Donald, ich meine es ernst. Ich bin sicher, daß sie uns verfolgen.«
    Seufzend legte Trefusis das Stück
brioche
hin, das er mit Butter bestrichen hatte.
    »Ich meine es auch ernst. Es wird Zeit, mein junger Freund, daß Sie erfahren, worum es bei dieser Reise überhaupt geht.«
    »Ehrlich?«
    »Ehrlich. Also, ich frage Sie noch mal. Wissen Sie, wie man
foie gras
herstellt?«
    Adrian starrte Trefusis an. »Äh … nein. Nein, das weiß ich nicht.«
    »Also gut, dann werde ich es Ihnen sagen. Sie ziehen eine Gans vom Welpen an auf oder Kalb oder wie eine

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