Der Lüster - Roman
Eingeweiden, und sie sagte sich, da sie sich aufgewühlt fühlte und auf schmerzliche Weise reumütig: Das ist Müdigkeit, nichts weiter. Sie schlief ein fallend fallend fallend durchs Dunkel. Sie erstarrte: die Stadt aus Metall. Die Stadt aus Metall. Die Stadt-aus-Metall. Alles glänzte übermäßig sauber, und in ihr war die Angst, nicht denselben großen Glanz erlangen zu können, sondern bescheiden und schmutzig zu erlöschen. Die Frauen waren blond und wussten mit einer bloßen Kopfbewegung neue Frisuren zu schaffen; feine, glatte, seidige, fast flüchtige und ärgerliche Haare, die wie Flüsse von ihren runden Köpfen flossen. Man könnte die höchste Kuppel der Stadt erklimmen, unten all das Metall funkeln sehen und rufen: Ich will sterben, ich will sterben – sie unterbrach sich: Das war das erste Mal, dass sie sich wünschte zu sterben, seit sie am Leben war. Und etwas sagte auch: Mein Gott, unendlich zärtlich, fast verschämt, fast boshaft: Du lieber Gott. Sogleich war das Kissen ein Haufen, in den man den Kopf versenkte und Wärme fand, die Wärme von Federn, es roch darin nach ebendem Körper, der diesen Duft einsog; eine laue und beharrliche Kraft zog einen in die Mitte des Bettes und des Schlafs, und man fiel, man fiel, es war nutzlos, sich von dem Traum befreien zu wollen und auf das blassweiße, kränkliche Licht der Sonne zuzugehen, die über den Lidern war wie eine schwankende Last. Dem Traum entfliehen, dem Traum entfliehen. Aber die Leiterin der Stadt, mit Brille und einem Lächeln, wie schmerzlich war es, vor ihr zu stehen, sie kam und nötigte sie, Spiegeleier zu essen, gebraten in heißen Pfannen voller Schmalz, eines nach dem anderen zu essen, Dutzende davon, Vicente, Dutzende, und dabei spürte sie, wie ihr Magen weinte vor Abscheu. Und eben da kam erneut das »Ich will sterben« – es war das erste Mal, seit sie am Leben war –, jetzt aber so stark und ernst, dass es ihr vorkam, als hätte sie bisher nur geübt. Mit einem Seufzen verschaffte sie sich eine Arbeit als Wäscherin der Badewannen der blonden Frauen der Stadt der Leiterin – wie schnell alles war und was für ein Wirbel. Es waren große, glatte Badewannen, und die Frauen waren so schön, die Schenkel so mächtig, dass sie am Ende eine von ihnen wurde. Vergeblich suchte man nach Eiern; wie selten sie waren, wie selten! Wenn sie doch welche fanden, aßen die Frauen sie roh, selbst nackt, fein wie aus Seide, sich in die Wanne legend. Da wuchs allmählich das, was sie am meisten fürchtete – braun, glänzend und ersterbend –, wurde größer und größer und größer, bis eine als Frau nur noch lachen konnte, um die Tragik fortzulügen; es wuchs, bis es zu viel wurde für die Augen und für den Geschmack im Mund und zuletzt jeglichen Gedanken an Größe, den man haben konnte, zunichte werden ließ, Ozeane, die das Land überfluteten und bedeckten; danach endlich der Rückgang. Aber wie viel? am Ende wie viel? genug, genug! sie argumentierte mit ausgestreckter Hand – wurde so präzise, dass ein Faden den anderen durchdrang, so wie der Faden die Nadel durchdringt und den empfindlichen Stoff. Es zeichnete sich ab, dass eine weitere kleine Anstrengung genügen würde, um aufwachen zu können. Mit einem übermenschlichen Impuls zog sie den Körper aus dem Treibschlamm, einzig mit der keuchenden Kraft des eigenen Wünschens, und wurde gewaltsam in die Leere des gelben Tages geschleudert, der draußen summte; der Geruch des Zimmers, verstärkt von der Hitze, schärfte ihr Bewusstsein, und sie bemerkte mit einem leisen Seufzen, dass sie aufgewacht war – eine leichte Hand tauchte aus dem Wasser auf, und der Traum trübte sich ein. Ein starker Migräneanfall verkrampfte ihr den Magen, im Kopf hämmerte es. Das Unterkleid hochgerafft, setzte sie sich fast bewusstlos im Bett auf, und wie in den ersten Wogen des Schlafs ließ sie sich lange verweilen. Manchmal riss sie die Augen noch weiter auf, sah sich ein wenig um, zog sich dann entsetzt zurück. Endlich wurde sie wach. Eine Uhr schlug eingesperrt in einer fernen Wohnung, Schatten und Staub. Sie richtete sich halb auf. Aus der Müdigkeit, die wach war und neuerlich angespannt, schien wie aus aufgewühlter Materie ein schwacher Impuls auszuströmen, erst richtungslos, dann scharf, fast schreiend mit der zurückgehaltenen Kraft aufplatzender Knospen – sie stand auf. Ja, bin ich wahnsinnig? nicht doch, wiederholte sie sich strahlend und schwach, nicht doch …, wiederholte
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