Der Lustmolch
haben? Besonders, wenn man es selber nicht getan hat. Und zwar schon eine ganze Weile lang.
O ja, es war nicht zu übersehen - schon als sie zur Tür von Mollys Trailer hereinkamen und Theo zum zweiten Mal in dieser Nacht aufweckten: Gabes Grinsen, das so breit war wie der Kühlergrill eines alten Chryslers, und Val Riordan, die Jeans trug und kaum Make-up. Beide leicht durcheinander und dauernd am Kichern wie kleine Kinder. Theo hätte am liebsten gekotzt. Er freute sich für die beiden, aber dennoch hätte er am liebsten gekotzt.
»Was gibt's?« fragte Theo.
Gabe stand förmlich unter Strom und gab sich alle Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Er steckte die Hände in die Taschen, damit er nicht wild mit ihnen in der Luft herumfuchtelte. »Ich -« Er schaute Val an und lächelte. »Wir glauben, daß dieses Wesen, wenn es denn existiert, eventuell von Beutetieren mit einem niedrigen Serotoninspiegel angezogen wird.«
Gabe stand wippend auf seinen Fußballen, während er darauf wartete, daß seine Worte eine Wirkung zeitigten. Theo jedoch saß einfach nur da und starrte ihn mit der unveränderten Miene besorgter Erschöpfung an, die er schon an den Tag gelegt hatte, als die beiden zur Tür hereingekommen waren. Er nahm an, daß von ihm erwartet wurde, daß er nun irgendwas sagte.
»Molly war hier«, erklärte Theo. »Das Wesen existiert. Es hat Mikey Plotznik gefressen und Joseph Leander und wer weiß wen sonst noch. Sie sagt, es ist ein Drache.«
Gabes Lächeln verflüchtigte sich mit einem Schlag. »Das ist großartig. Ich meine, das ist natürlich furchtbar, aber vom Standpunkt des Wissenschaftlers aus gesehen ist es großartig. Ich habe noch eine Theorie über diese Tierart. Ich denke, es verfügt über einen ganz speziellen Mechanismus, um seine Beute anzulocken. Bist du in letzter Zeit geil gewesen?«
»Du brauchst nicht gleich abzuheben, Gabe. Es freut mich ja, daß ihr beide euren Spaß gehabt habt, aber man muß ja nicht unbedingt Salz in die Wunden streuen.«
»Nein, nein, du verstehst mich falsch.« Gabe setzte ihm auseinander, wie es dazu gekommen war, daß Val Riordan bei ihren Patienten sämtliche Antidepressiva abgesetzt hatte und wie infolgedessen das Sinken des Serotoninspiegels zu einem Ansteigen der Libido geführt hatte. »Folglich wimmelt es in Pine Cove nur so von Leuten, die geil sind.«
»Haargenau«, sagte Theo, »und ich komme trotzdem nicht zum Stich.«
Val Riordan lachte, und Theo starrte sie an. Gabe sagte: »Die Ratten, die noch am Leben waren und die ich in der Nähe von diesem Trailer gefunden habe, wo wir glauben, daß dieses Wesen auch gewesen ist, diese Ratten waren dabei, sich zu paaren, als ich sie gefunden habe. Es gibt ein paar Arten fleisch-fressender Pflanzen, die Sex-Pheromone absondern, um so ihre Beute anzulocken. Bei einigen Tierarten kommt es vor, daß das Verhalten des Männchens - ein Duft, ein Tanz oder sein Federschmuck - die Eierstöcke des Weibchens stimuliert, ohne daß es zu einem physischen Kontakt kommt. Ich denke, das ist mit uns passiert.«
»Unsere Eierstöcke sind stimuliert worden?« Theo rieb sich den Schlaf aus den Augen. »Ich will ganz ehrlich zu dir sein, Gabe, aber ich spüre es nicht.«
Val wandte sich an Gabe. »Das ist aber nicht sehr romantisch.«
»Es ist unglaublich aufregend. Das, womit wir es hier zu tun haben, ist vielleicht das eleganteste Raubtier, das die Welt je gesehen hat.«
Theo schüttelte den Kopf. »Ich habe kein Zuhause, keinen
Job, keinen Wagen. Möglicherweise gibt es schon einen Haftbefehl auf meinen Namen, und du willst, daß ich aus dem Häuschen gerate darüber, daß hier in der Stadt ein Monster rumkraucht, das einen geil macht, damit es einen fressen kann? Tut mir leid, Gabe, aber irgendwie kann ich dem keine positiven Seiten abgewinnen.«
Val meldete sich zu Wort: »Unter Umständen ist das aber auch der Grund, warum es dir so leichtgefallen ist, mit dem Grasrauchen aufzuhören.«
»Wie bitte? Leichtgefallen?« Theo wäre am liebsten aufgesprungen und hätte beiden eine gescheuert.
»Hast du's jemals so lange ohne geschafft?«
»Kann gut sein, daß sie recht hat, Theo«, sagte Gabe. »Wenn dieses Ding Auswirkungen auf den Serotoninspiegel hat, dann kann es genausogut sein, daß es auch andere Neurotransmitter beeinflußt.«
»Na prima«, sagte Theo. »Dann machen wir doch eine Entzugsklinik auf! Die eine Hälfte der Patienten verfüttern wir an das Ungeheuer, und die andere wird wieder gesund. Ich
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