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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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lag.
    »Nicht!« Er hielt ihre Hand fest. »Lass es so. Du darfst es nicht verstecken.«
    Sie lieߟ das Haar fallen. Es strotzte vor Gesundheit und Kraft. Sie war schön wie eine Meerjungfrau. Eine Meerjungfrau mit braunen Augen.
    Ruben umfasste ihren Kopf mit beiden Händen und betrachtete ihr Gesicht. Lange. Wie um es nie zu vergessen. Er drückte sie nieder und beugte sich über sie.
    »Ich liebe dich«, flüsterte er.
    Ilka erstarrte, aber nur kurz. Er fühlte ihre Finger auf seiner Wange.
    »Dann lass mich gehn«, sagte sie leise.
    Die Enttäuschung schlug über ihm zusammen. Er lieߟ Ilka los und stand auf.
    »Wage es nie wieder, mich darum zu bitten«, sagte er. »Nie wieder, hörst du? Nie!«
     
    Eine sehr junge Frau, fast noch ein Mädchen. Auch wenn er sie immer anders malt, spätestens auf den zweiten Blick erkennt man sie. Mag er die Farbe ihrer Haare und Augen verändern, Körper und Gesicht verzerren oder unter Schleiern und Stoffen verstecken, er kann den Betrachter nicht täuschen. Hinter all den Kunstgriffen schaut uns ein und dasselbe Mädchen an und er ist besessen von ihr.
    Ich schob Mike die Zeitschrift hin. Während er den Artikel las, versuchte ich, mich abzuregen. Es gelang mir nicht, und Donna, die sich gerade gemütlich auf meinem Schoߟ zusammengerollt hatte, knurrte mich an und suchte fluchtartig das Weite.
    »Der Typ scheint ein ziemlicher Freak zu sein«, sagte Mike. »Ein Maler, der immer nur ein einziges Motiv malt. Das ist doch plemplem.«
    Hatte er es wirklich nicht wahrgenommen? Ich starrte ihn an.
    »Was ist?« Er war vollkommen ahnungslos.
    »Erkennst du sie nicht?«
    »Erkennen? Wen?«
    Ich beugte mich über den Tisch und tippte auf die Fotos. »Da! Das Mädchen auf seinen Bildern!«
    »Ja. Und?«
    »Siehst du denn nicht, wen er da gemalt hat? Wieder und wieder und wieder? Die Ąhnlichkeit ist doch frappierend!«
    »Ach so.« Er bedachte mich mit dem Blick eines leidgeprüften Vaters, der seinem hyperaktiven Kind bei den Hausaufgaben hilft. »Seit wann hat Ilka ihre Nase am Kinn sitzen? Hör auf, Jette. Du spinnst.«
    »Natürlich hat er ihr Gesicht verfremdet. Das hat was mit Stil zu tun. Dieses hier ist ein bisschen wie Picasso. Und das da ein bisschen wie Klimt. Aber trotzdem erkennt man sie doch ganz leicht.«
    »Vielleicht fehlt mir dazu eine bestimmte Gehirnwindung«, sagte Mike achselzuckend. Er hatte sich in den Anblick des Fotos vertieft, das Ruben Helmbach zeigte.
    Auf dem Bild trug er Jeans und ein schwarzes Sakko. Er lehnte an einer weiߟen Wand und hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben. Sein Gesicht war schmal, fast hager. Er sah unwahrscheinlich gut aus, ein verschlossener, ernster Typ, der Erinnerungen in mir anstieߟ, die ich nicht zulassen wollte. Ich suchte in seinen Zügen nach ߜbereinstimmungen mit Ilka, konnte sie jedoch nicht entdecken. Vielleicht kamen sie zum Vorschein, wenn er sich bewegte, wenn er redete, lachte, traurig war.
    »Warum hat sie mir nie von ihm erzählt?« Mike konnte den Blick nicht von dem Foto abwenden. »Warum hat sie ihn aus ihrem Leben gestrichen? Was ist in dieser Familie passiert?«
    Aber ich war in Gedanken längst woanders. Merle war mit Ilkas Foto losgezogen, um die Leute in Ilkas und Lara Englers Viertel zu befragen. Ein Mensch konnte sich nicht in Luft auflösen, erst recht nicht unbemerkt. Irgendjemandem musste was aufgefallen sein.

    Mike und ich hatten uns vorgenommen, noch mal sämtliche Krankenhäuser abzuklappern und an allen Orten zu suchen, die für Ilka eine Bedeutung hatten. Wir würden das sehr gründlich tun. Und dann würden wir uns mit Ruben Helmbach befassen.
     
    Ilka wartete, bis sie sicher sein konnte, dass Ruben nicht zurückkommen würde. Dann erst stand sie auf und zog die Schere heraus. Sie hatte sie aus einer offen stehenden Schublade im Atelier entwendet, als Ruben ihr das Glas geholt hatte.
    Ganz spontan hatte sie zugegriffen und die Schere hinten in den Bund der Jeans geschoben. Sie war ungefähr zwanzig Zentimeter lang, und Ilka hatte vor Angst geschwitzt, dass Ruben sie finden würde. Er hätte nur die Hand auf ihren Rücken zu legen brauchen.
    Sie ging durch die Zimmer und sah sich aufmerksam um. Wo war ein gutes Versteck? Unter der Wäsche? Hinter den Polstern des Sofas? Unter der Matratze?
    Mit der Schere in der Hand fühlte Ilka sich fast geschützt. Sie war Ruben jetzt nicht mehr völlig ausgeliefert. Sie hatte die Möglichkeit, sich zu wehren.
    Aber würde sie es

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