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Der Maedchensammler

Der Maedchensammler

Titel: Der Maedchensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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dieses Haus zu einem Kriegsgebiet werden lassen. Aber solange man keine unschuldigen Zuschauer verletzt, darf man jede Waffe benutzen.« Sie lächelte. »Aber beim nächsten Mal will ich nicht diejenige sein, die hier bleibt und das Feuer im Herd hütet.«
    »Sobald wir in Herkulaneum sind, wirst du mittendrin sein.
    Falls wir jemals dorthin kommen. Trevor bewegt sich bei seinem großartigen Schwindel nur im Schneckentempo vorwärts.«
    »Was wahrscheinlich klug ist«, sagte Eve. »Im Endstadium einer Aktion ist es ratsam, Vorsicht walten zu lassen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich meine Rekonstruktionen völlig ruinieren kann, wenn ich zu ungeduldig werde. Aber ich weiß auch, dass warten schwer ist. Geh bald ins Bett. Du siehst hundemüde aus.«
    »Das bin ich auch.« Jane winkte Toby zu sich und ging den Flur hinunter. »Heute Nacht schlafe ich bestimmt wie ein Stein.«
    »Ohne Träume?«, fragte Eve ruhig.
    »Du meinst Träume von Cira?«
    Fallende Felsbrocken. Schmerz. Blut.
    Jane schüttelte den Kopf. »Ich habe schon lange nicht mehr von Cira geträumt. Vielleicht ist das ja vorbei. Vielleicht träume ich nie wieder von ihr.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher. Wenn man bedenkt, dass sich im Moment alles um Cira dreht, würde es mich wundern, wenn sie dich nicht ständig beschäftigte.«
    »Ich auch. Aber andererseits ist sie sowieso immer da. Hab ich dir erzählt, dass sie wahrscheinlich so eine Art Musicalstar war?«
    »Nein. Wirklich?«
    »Ist das nicht seltsam? Sie hatte so ein hartes Leben. Es muss ihr schwer gefallen sein, den Clown zu spielen. Ich kann sie mir gar nicht vorstellen, wie sie singend und kaspernd über die Bühne hüpft.« Sie zuckte die Achseln. »Aber wahrscheinlich war sie zu allem fähig. Gute Nacht, Eve.«
    »Schlaf gut.«
    Sie würde bestimmt gut schlafen, dachte Jane, als sie die Tür hinter sich schloss. Falls sie träumte, dann wahrscheinlich von Sontag und Aldo und den Ruinen von Herkulaneum und von Trevor, der sein Spinnennetz um sie alle herum spann.
    Sie sollte froh sein, dass sie nicht mehr von Cira träumte.
    Vielleicht hatte der Kreis sich jetzt geschlossen, vielleicht war ihre Geschichte zu Ende erzählt. Vielleicht war Cira unter den herabstürzenden Felsbrocken gestorben.
    Trauer. Einsamkeit.
    Sie spürte, wie sie sich innerlich dagegen auflehnte. Nein, das durfte nicht sein.
    Sie war verrückt. Wie konnte sie etwas verhindern, das vor zweitausend Jahren geschehen war? Was auch immer sich in jener Nacht in dem Tunnel abgespielt hatte, sie musste es akzeptieren.
    Sie begann sich auszuziehen. »Aber es ist nicht fair, stimmt’s, Toby?«, flüsterte sie, als sie unter die Bettdecke schlüpfte. »Sie hat so tapfer gekämpft. Sie hat es verdient zu überleben …«
    Dahlonega, Georgia
    Das Foto von der Büste im Archaeology Journal war etwas unscharf, aber unverkennbar.
    Cira.
    Aldo betrachtete begierig das Frauengesicht, bevor er den begleitenden Artikel überflog. Die Bestätigung. Der Autor des Artikels drückte sich sehr diskret aus, aber es bestand kein Zweifel daran, dass das Fachblatt Sontags Fund bestätigte. Man hatte der Redaktion sogar großzügigerweise ein Foto der Büste zur Verfügung gestellt, die in dem Vorraum gefunden worden war.
    Er öffnete die Seite der Florentiner Zeitung La Nazione.
    Offenbar hatte es eine weitere Pressekonferenz gegeben, auf der Sontag von seiner sensationellen Entdeckung gesprochen und angekündigt hatte, er werde einen Gesichtsrekonstrukteur anheuern, um sicherzugehen, dass das Skelett und die Büste zu ein und derselben Frau gehörten. Es war die zweite Meldung dieser Art innerhalb von zwei Tagen.
    Gesichtsrekonstrukteur.
    Cira.
    Jane MacGuire.
    Der Kreis schloss sich, zog sich zusammen wie eine Schlinge.
    Also gut, das Schlimmste war eingetreten, aber auch das würde er für sich ausnutzen können. Vielleicht war das die Herausforderung, die er brauchte, um zu beweisen, wie sehr er diesem Miststück überlegen war.
    In der vergangenen Nacht hatte er von Cira geträumt und war voller Verlangen aufgewacht. Gebrochene Knochen und Blut und Tränen, die sie angesichts ihrer Demütigung vergossen hatte. Aber ohne Jane MacGuire würde er kein Blut kosten können. Sie war die lebende Verkörperung dieser Hure. Um sein Werk zu vollenden, musste er beide haben.
    Und er würde sie kriegen. Das hatte er verdient.
    Aber das Schicksal geriet manchmal ins Straucheln, und dann musste man ein bisschen nachhelfen. Er musste die Kontrolle

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