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Der Maedchensammler

Der Maedchensammler

Titel: Der Maedchensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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denken als einer. Ich werde über nichts, was du mir sagst, die Nase rümpfen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Träume manchmal die einzige Rettung sind.«
    »Das weiß ich.«
    Eve zuckte zusammen, als sie einen seltsamen Unterton in Janes Stimme wahrnahm. »Jane?«
    Gott, das hatte sie nicht sagen wollen, dachte Jane. Am besten, sie behalf sich mit einer Notlüge. Nein, sie hatte Eve noch nie belogen, und sie würde jetzt nicht damit anfangen. »Ich … habe dich gehört.«
    »Wie bitte?«
    »Du hast am See gesessen, und du wusstest nicht, dass ich auf dem Weg hinter dir war.«
    »Und?«
    »Bonnie. Du hast mit Bonnie gesprochen.«
    Eve schwieg eine Weile. »Im Schlaf?«
    »Wahrscheinlich. Du hast gegen einen Baum gelehnt. Ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass du mit jemandem gesprochen hast, der nicht da war.« Als sie den Schrecken in Eves Gesicht sah, fügte sie hastig hinzu: »Das war vor über drei Jahren. Ich wusste, du würdest nicht darüber reden wollen, deswegen habe ich dich nie
    … Ich hätte den Mund halten sollen. Hör auf, mich so anzusehen. Das ist in Ordnung. Es ist dein gutes Recht, zu … Es ist in Ordnung.«
    »Drei Jahre.« Sie schaute Jane ungläubig an. »Und du hast nie ein Wort …«
    »Was hätte ich denn sagen sollen? Du hast gelitten. Also hast du mit deiner toten Tochter gesprochen. Das ging mich nichts an.«
    »Und du hast nie gedacht, ich wäre ein bisschen … neben der Spur?«
    »Du doch nicht.« Sie sank vor Eve auf die Knie und legte den Kopf in ihren Schoß. »Und wenn«, flüsterte sie, »würde ich so sein wollen wie du. Jeder Mensch auf der Welt sollte so verrückt sein.«
    »Gott bewahre.« Zärtlich streichelte Eve ihr über die Haare.
    »Keine Fragen?«
    »Ich hab ja schon gesagt, das geht mich nichts an. Tut mir leid, dass ich es überhaupt erwähnt habe. Ich wollte dich nicht …
    Lass nicht zu, dass sich deshalb zwischen uns etwas ändert. Das könnte ich nicht ertragen.«

    »Es wird sich etwas zwischen uns ändern.«
    Jane hob den Kopf. »Wirst du dich mir gegenüber befangen fühlen? Bitte nicht …«
    »Schsch.« Eve drückte ihr einen Finger auf die Lippen. »Ich fühle mich nicht befangen. Im Gegenteil, ich fühle mich dir näher denn je.«
    »Warum?«
    Eve lachte in sich hinein. »Weil du mich für ein bisschen übergeschnappt hältst und mich trotzdem liebst. Weil du drei Jahre geschwiegen hast, um mich nicht zu verletzen. Ich würde sagen, das ist was ganz Besonderes, Jane.«
    »Quatsch«, erwiderte Jane mit zitternder Stimme. »Du bist etwas Besonderes. Du bist gut und liebenswürdig, und ich habe Glück, dass ich mit dir unter einem Dach wohnen darf. Das ist mir schon immer klar gewesen.«
    Sie stand auf. »Es ist also alles in Ordnung? Du bist mir nicht böse?«
    »Überhaupt nicht.« Sie verzog das Gesicht. »Wenn ich den Schock erst mal überwunden habe, wird es mir wahrscheinlich sogar gut tun, mit jemandem über Bonnie reden zu können.«
    »Joe weiß nichts davon?«
    Eve schüttelte den Kopf. »Es ist … zu kompliziert.«
    »Ich werde niemandem davon erzählen. Nicht mal Joe.«
    »Das weiß ich.«
    Jane wandte den Blick ab. »Eine Frage hätte ich doch. Wenn du sie mir nicht beantworten willst, ist das auch in Ordnung.«
    »Frag nur.«
    »Ist Bonnie … Ist sie ein Traum so wie meine Träume?«
    »Ich sage mir immer, dass sie ein Traum ist. Sie sagt mir, sie sei ein echter Geist, und ich würde mich dieser Erkenntnis nur verweigern.« Sie lächelte. »Manchmal glaube ich ihr. Ich habe also offensichtlich nicht das Recht, das, was du erlebst, in Frage zu stellen, Jane.«
    »Du hast das Recht, zu tun und zu lassen, was du willst.« Sie ging auf die Tür zu. »Und ich werde es mit jedem aufnehmen, der etwas anderes behauptet. Gute Nacht, Eve.«
    »Gute Nacht, Jane. Schlaf gut.«
    »Ich versuch’s.« Sie lächelte ihr über die Schulter hinweg zu.
    »Und wenn nicht, komm ich zu dir, um mich trösten zu lassen.«
    »Ich bin immer für dich da.«
    Als Jane ihr Zimmer betrat, war sie noch immer gerührt von Eves Worten. Ja, Eve würde immer für sie da sein. Bis Eve in ihr Leben getreten war, hatte es keinen Menschen gegeben, dem sie hatte vertrauen können, und nach dem Gespräch heute Nacht fühlte sie sich ihr mehr verbunden als je zuvor.
    Jetzt würde sie ins Bett gehen und versuchen zu schlafen und hoffen, dass sie nicht wieder an diesen dunklen Ort gezogen würde. Noch nicht. Die Träume kosteten sie von Mal zu Mal mehr Kraft. Sie fühlte sich jedes

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