Der Maedchensammler
»Nein, raubeinig zu sein ist nicht das Schlechteste«, flüsterte sie. Aber sie wusste, dass sie ihm heute Nacht nichts erzählen würde.
Noch nicht, Bonnie …
»Ich bin unterwegs«, sagte Bartlett. »Ich bin gerade auf dem Kennedy-Flughafen zwischengelandet. Einen Direktflug habe ich nicht mehr bekommen, aber ich müsste in ein paar Stunden in Atlanta sein. Falls die Polizei mich nicht schnappt.«
»Ich glaube, diese Gefahr besteht noch nicht«, erwiderte Trevor. »Die hätten dich gar nicht erst durch die Passkontrolle gelassen, wenn Quinn deine Verbindung zu mir schon spitzgekriegt hätte.«
»Das ist ja beruhigend. Wo treffen wir uns?«
»Im Foyer des Best Western am Lake Lanier. Nimm kein Zimmer. Wir machen uns sofort auf den Weg.«
»Und wo fahren wir hin?«
»Zu Quinns Haus am See. Na ja, nicht direkt zu seinem Haus.
Ich habe die letzten beiden Nächte im Wald geschlafen.«
»Wieso? Wenn ich mich recht erinnere, habe ich für dich eine nette kleine Hütte im Norden der Stadt gemietet. Ich war ziemlich stolz darauf, wie gründlich ich alle Spuren verwischt habe.«
»Ich muss in ihrer Nähe bleiben. Früher oder später wird Aldo dort aufkreuzen.« Er überlegte. »Womöglich ist er schon da.
Aber ich bin ihm noch nicht über den Weg gelaufen. Quinns Grundstück ist riesig, und Aldo fühlt sich im Wald wie zu Hause.«
»So wie du. Doch ich habe ja auch noch nie erlebt, dass du irgendwas nicht aus dem Ärmel schüttelst. Wirklich deprimierend. Wobei du in der freien Wildbahn nicht ganz so geschickt bist wie im Casino. Ich schätze, da draußen stehen die Chancen nicht halb so gut. Aber was weiß ich schon. Du hast mich schon des Öfteren eines Besseren belehrt. Ich jedenfalls kann nicht behaupten, dass ich wild auf diese Art von Überlebenstraining bin.«
»Du wirst dich schon dran gewöhnen.«
»Du kannst mir viel erzählen. Wir sehen uns um neun im Hotel, falls dich bis dahin keiner im Wald erwischt.«
Bartlett legte auf.
Trevor schaltete sein Handy ab und schaute auf den See hinaus. Jane war dort drüben in dem Haus. Es war zwar früher Nachmittag, und eigentlich müsste sie in der Schule sein, aber offenbar hielten sie sie zu Hause, wo sie in Sicherheit war.
In vermeintlicher Sicherheit. Wenn Aldo ins Spiel kam, gab es keine Sicherheit. Er war absolut unerbittlich, und seine Geduld kannte keine Grenzen.
Und die gleiche Geduld würde Trevor jetzt auch aufbringen müssen. Gott, das war hart. So nah war er noch nie an ihm dran gewesen. Nun, er musste sich gedulden. Jane MacGuire war ein weithin strahlendes Leuchtfeuer, dem Aldo nicht würde widerstehen können, und er brauchte nur zu warten, bis der Mistkerl sich zu nah an die Flammen wagte.
Beim Mord an Jane würde Aldo nicht auf sein Ritual verzichten wollen. Auf keinen Fall würde er sie von weitem mit einem Präzisionsgewehr erschießen. Und wenn Trevor die Lage richtig einschätzte, würde er Zeit genug haben einzugreifen, bevor Aldo wirklich dazu kam, das Mädchen zu töten.
Die Chancen stehen nicht halb so gut.
Da irrte sich Bartlett gewaltig. Die Chancen waren immer so gut wie die Energie, die man darauf verwandte, sie zu seinen Gunsten zu wenden. Er musste sich einfach von allen Gefühlen frei machen und sich allein auf Verstand und Logik verlassen.
Er musste den Augenblick vergessen, als er Jane angeschaut und die Lebendigkeit gesehen hatte, die ihr Gesicht ausstrahlte. Sie durfte als Person keine Rolle für ihn spielen, nur als Mittel zum Zweck. Er hatte einen Fehler gemacht. Einen weiteren konnte er sich nicht leisten.
Oder Jane MacGuire würde in einigen Tagen tot sein.
»Die Asche, die die Forensiker bei Caroline Halliburtons Leiche gefunden haben, ist definitiv vulkanischen Ursprungs«, sagte Christy, als Joe ans Telefon ging. »Wir versuchen gerade zu ermitteln, von welchem Vulkan sie stammt. Bisher hatten wir noch kein Glück.«
»Kann Scotland Yard nicht weiterhelfen?«
»Was die Asche angeht, die bei den anderen Opfern gefunden wurde, sind die bisher ebenfalls zu keinem Ergebnis gekommen.«
»Das hat Trevor auch gesagt. Woher zum Teufel wusste er das, wenn er nicht von Scotland Yard ist?«
»Die Antwort liegt auf der Hand.«
»Ja.« Und die Wahrscheinlichkeit musste er akzeptieren. Zum Teufel mit seiner Intuition. Seine Erfahrung sollte sein Denken in diesem Fall bestimmen. »Irgendwas Neues über Trevor?«
»Bisher noch nicht. In ihren Datenbanken finden sich keine Informationen über einen Mark Trevor, und
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