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Der Maedchensammler

Der Maedchensammler

Titel: Der Maedchensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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Mal wie in einer Tretmühle, die immer schneller lief. Sie musste erst wieder Kraft schöpfen, bevor sie es mit dem nächsten Traum aufnehmen konnte.
    »Ich komme«, murmelte sie, als sie unter ihre Decke schlüpfte.
    »Lass mich nur erst ein bisschen ausruhen. Ich lasse dich nicht im Stich, Cira …«

5
    Es war zu dunkel, verdammt, und sie hatten die Verandabeleuchtung nicht eingeschaltet. Tief enttäuscht ließ Aldo das Fernglas sinken. Als die beiden Frauen auf die Veranda herausgetreten waren, hatte er gehofft, sie deutlich sehen zu können, aber sie waren im Halbdunkel kaum zu erkennen gewesen.
    Aber er wusste, welche von ihnen Jane MacGuire war. Er konnte die ungeheure Lebensenergie spüren, die pulsierende Kraft, die Poesie, die einen großen Teil von ihr ausmachte. Als sie sich vor die andere Frau gekniet und ihren Kopf auf deren Schoß gelegt hatte, war ihm das so typisch vorgekommen, so vertraut. Mit einer simplen Geste konnte sie die Herzen der Menschen berühren, mit einem Lächeln oder einer Träne andere manipulieren, dachte er bitter.
    In diesem Fall manipulierte sie die Frau, bei der es sich um Eve Duncan handeln musste. Die Frau schaute ihr immer noch nach, und Aldo konnte die Liebe, die die beiden verband, beinahe spüren. Es hatte ihn nicht weiter überrascht festzustellen, dass Jane mit der Gesichtsrekonstrukteurin zusammenlebte, die zur Identifizierung von Caroline Halliburton beigetragen hatte. Es war nur ein weiteres Anzeichen dafür, dass der Kreis sich allmählich schloss.
    Selbst der Streifenwagen auf der anderen Straßenseite hatte ihn nicht einschüchtern können. Er konnte sich im Wald so lautlos bewegen wie ein Tier. Und die Polizisten, die das Haus bewachten, ließen nur darauf schließen, dass sie seine Nähe spürte und Angst sie umtrieb. Genauso, wie es sein sollte.

    Joe lag reglos im Dunkeln, als sie ins Bett schlüpfte, aber sie spürte, dass er nicht schlief.

    »Jane hatte schon wieder einen Albtraum«, sagte sie, als sie sich die Decke überzog. »Ich musste mit ihr reden.«
    »Und?«
    »Sie läuft durch einen Tunnel, kriegt keine Luft, jemand ist im Tunnel hinter ihr her, aber sie hat keine Angst vor ihm.« Sie kuschelte sich an ihn und legte ihren Kopf an seine Schulter.
    »Hört sich an wie ein typischer Albtraum, aber bei Jane ist nie irgendwas typisch. Wir müssen sie im Auge behalten.«
    »Das steht außer Frage«, sagte Joe trocken. »Vor allem unter den gegebenen Umständen. Und wenn es sich um einen ganz normalen Albtraum gehandelt hätte, wärst du bestimmt nicht so lange mit ihr draußen auf der Veranda geblieben.«
    Eve schwieg einen Augenblick. »Sie sagt, manchmal ist sie sich nicht sicher, ob es ein Traum ist.«
    »Also, das ist schon eher ungewöhnlich.«
    »Und ein bisschen beängstigend?«
    »Nein, aber man darf es nicht ignorieren.« Zärtlich streichelte er ihr übers Haar. »Du hast auch lange genug Albträume wegen Bonnie gehabt, und wir haben uns da durchgekämpft.«
    O ja, sie erinnerte sich gut an die ersten Jahre nach Bonnies Entführung, als er ihr Fels in der Brandung gewesen war. Aber von den heilenden Träumen der letzten Jahre hatte sie ihm nie etwas erzählt. Das Ganze war einfach zu seltsam. Wie würde er reagieren, wenn sie ihm von ihren Visionen berichtete?
    »Eve?«
    »Was, wenn sie Recht hat, Joe? Manchmal frage ich mich …
    Woher weiß man, was ein Traum ist und was nicht?«
    »Ich weiß es.« Er hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Jetzt werd nicht philosophisch. Willst du etwas über die Realität wissen? Dann frag einen sturen Polizisten wie mich. Wir leben mit der Realität.«
    »Ja, das stimmt.«
    Er musste gespürt haben, dass sie sich innerlich ein bisschen von ihm zurückgezogen hatte, denn er nahm sie fester in den Arm. »Also gut, ich bin nicht der feinfühligste Mann auf der Welt. Doch ich bin für dich da, und für Jane. Also nimm, was ich dir geben kann.«
    »Aber du bist feinfühlig, Joe.«
    Er lachte in sich hinein. »Sicher. Ich bin nur deswegen feinfühlig, weil ich dich so sehr liebe, dass du nicht mal Luft holen kannst, ohne dass ich es merke. Ansonsten bin ich ein raubeiniger Mistkerl, und das möchte ich auch bleiben.
    Raubeinig zu sein ist nicht das Schlechteste. Nicht, wenn es hilft, für deine und Janes Sicherheit zu sorgen.«
    Das war ganz der Joe, wie sie ihn kannte, dachte Eve. Loyal, klug und bestrebt, seine weiche Seite zu leugnen. Gott, wie sehr sie ihn liebte. Sie wandte sich ihm zu und küsste ihn.

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