Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Maedchensammler

Der Maedchensammler

Titel: Der Maedchensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
Vom Netzwerk:
Erinnerungen, meine Kämpfe, es sind ihre.« Sie schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich meine, sie sind meine und doch nicht meine. Verrückt …«
    »Nein, du bist nicht verrückt. Du brauchst nur Hilfe, um das zu begreifen.«
    »Ja, und der Seelenklempner würde mir erklären, dass ich versuche, der Realität zu entfliehen, indem ich mich in eine andere Person versetze. Blödsinn. Meine Realität gefällt mir.«
    »Aber diese Albträume gefallen dir nicht.«
    »So schlimm sind sie auch wieder nicht. Ich kann damit leben.«
    »Aber ich nicht. Wenn du vielleicht ein Beruhigungsmittel nehmen würdest, dann –«
    Jane fuhr zu ihr herum. »Nein!«
    »Ich bin auch nicht wild auf Medikamente, aber es könnte –«
    »Ich habe keine Angst davor, ein Beruhigungsmittel zu nehmen. Ich kann einfach nicht … ich muss das zu Ende bringen.«
    »Was?«
    »Ich muss bis ans Ende des Tunnels vordringen. Sie wird …
    Ich sterbe, wenn ich da nicht rauskomme.«
    »Bist du dir darüber im Klaren, wie irrational das klingt?«
    »Das ist mir völlig egal. Ich muss es tun.« Als sie sah, dass Eve etwas entgegnen wollte, fuhr sie hastig fort: »Hör zu, ich weiß nicht, was da mit mir passiert, aber ich glaube … nein, ich weiß, dass es einen Grund dafür gibt. Es fällt mir schwer, das zuzugeben, denn ich glaube eigentlich nicht an Dinge, die ich nicht sehen oder berühren kann.« Sie versuchte zu lächeln. »Ich glaube an dich und Joe und an das, was uns verbindet. Das ist gut und real. Aber das, was in dem Tunnel passiert, ist auch real.
    Und wenn ich nicht weiter versuche, ihr zu helfen, könnte sie verloren sein.«
    »Du hast schon wieder ›sie‹ gesagt.«
    »Hab ich?« Das hatte sie gar nicht gemerkt. »Also, was denkst du, Eve?«
    »Ich weiß nicht, was ich denken soll.« Sie runzelte die Stirn.
    »Wenn du es nicht bist, dann sag mir, wer diese Frau sein könnte. Glaubst du, es handelt sich um eine Art telepathische Verbindung zu einer Frau in Not? Ich habe schon öfter gehört, dass so was vorkommt.«
    »Nicht bei mir. Ich besitze keine übersinnlichen Fähigkeiten.«
    »Alles ist möglich.«
    Jane lächelte. »Ich dachte mir schon, dass du versuchen würdest, eine Möglichkeit zu finden, die es dir erlaubt, mir zu glauben, auch wenn das alles verrückt klingt. Deshalb habe ich es dir erzählt.«
    »Nachdem ich dich unter Druck gesetzt habe.«
    »Ich wollte es dir nicht zu leicht machen.« Ihr Lächeln verschwand. »Ich habe keine Antworten, Eve. Ich habe eine Menge Fragen, und jede einzelne davon jagt mir Angst ein.«
    »Wann hat das mit den Albträumen angefangen?«
    »Vor zwei Monaten.«
    »Etwa um die Zeit, als Aldo im Südosten aufgetaucht ist.«
    »Aber ich wusste nichts davon. Er kann sie also nicht ausgelöst haben.« Sie lächelte wieder. »Mach schon. Sag mir, alles ist möglich. Das gefällt mir.« Sie trank ihre Tasse aus. »Da ich keine Antworten habe, klingt es sehr tröstlich.« Sie stand auf. »Mach dir nicht zu viele Gedanken darüber, Eve. Vielleicht hört es ganz von allein auf.« Sie trat auf sie zu und umarmte sie.
    »Und falls es dich beruhigt, in dem Tunnel ist mir kein Serienmörder auf den Fersen. Das ist nicht der Grund, warum ich weglaufe.«
    »Gut. Ich bin froh, dass du allein bist. Wir haben schon genug Sorgen, auch ohne dass dieser Scheißkerl dich bis in deine Träume verfolgt.«
    Jane zögerte. »Na ja, eigentlich bin ich nicht ganz allein.
    Jemand ist hinter mir her. Ein Mann. Aber ich habe keine Angst vor ihm, sondern ich bin wütend auf ihn.«
    »Wer ist es?«
    Jane schüttelte den Kopf. »Er ist wie ein Schatten.« Sie zuckte die Achseln und lächelte. »So, jetzt weißt du alles, was ich weiß.
    Wahrscheinlich ist das alles Schwachsinn und das Ergebnis meiner verkorksten Kindheit. Aber ich habe nicht vor, mir das von irgendeinem Seelenklempner sagen zu lassen. Also vergessen wir die Sache einfach und gehen ins Bett.«
    »Ich kann das nicht vergessen.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.« Eine Woge der Zuneigung durchflutete Jane, als sie Eve anschaute. »All die Jahre kämpfst du nun schon darum, die Verlorenen nach Hause zu bringen, und du erträgst den Gedanken nicht, dass ich dazugehören könnte, und sei es nur ein kleines bisschen. Ich bin nicht verloren, Eve. Es gibt einen Ausweg aus dem Tunnel. Ich weiß nur noch nicht, wohin sie … wohin ich unterwegs bin.«
    »Dann sag mir, wenn du wieder einen Albtraum hast, und wir versuchen, es gemeinsam rauszufinden. Zwei Köpfe können besser

Weitere Kostenlose Bücher