Der Maedchensammler
wahrscheinlich fesseln und knebeln und forttragen müssen, sonst bleibt er die ganze Nacht auf seinem Posten. Er hat sich gefreut wie ein Schneekönig, weil er etwas Nützliches tun konnte, um Sie zu beschützen.«
»Wie süß.«
»Sie schmelzen ja auch schon dahin«, murmelte Trevor und stand seufzend auf. »Ich bringe dann mal die Post ins Haus.«
»Das kann ich machen.«
Er warf einen Blick auf ihren Laptop. »Sie sind beschäftigt.
Was machen Sie da eigentlich?«
»Hausaufgaben. Ich arbeite gern hier draußen auf der Veranda.«
Er verzog das Gesicht. »Hausaufgaben. Ich vergesse immer wieder, wie jung Sie sind. Was Freud wohl dazu sagen würde
…« Er ging zur Tür. »Sorgen Sie dafür, dass außer mir niemand den Briefkasten leert.«
»Sagen Sie das Joe.«
»Quinn hat kein Problem damit, mich die Sklavenarbeit erledigen zu lassen. Er weiß, dass ich nicht so dumm bin, ihm auf die Füße zu treten. Wir gewöhnen uns allmählich aneinander.« Er öffnete die Fliegengittertür. »Ich mache mir mehr Sorgen um Eve.«
»Weil sie bei Ihnen nicht so dahinschmilzt wie bei Bartlett?«
»Weil sie eine Mutter ist, die ihr Junges beschützt. Und möglicherweise unberechenbar.« Er warf einen Blick über die Schulter. »Werden Sie mir erzählen, warum Sie sich so sehr wünschen, dass Cira den Vulkanausbruch überlebt hat?«
Offenbar hatte er sich nicht täuschen lassen und war nicht bereit, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Aber sie würde sich ihm nicht anvertrauen. »Da ich von allen mit ihr gleichgesetzt werde, fühle ich mich vielleicht mit ihr solidarisch und möchte, dass die Sache damals gut ausgegangen ist. Das wäre doch ein gutes Zeichen.«
»Ja, allerdings.« Kopfschüttelnd musterte er ihr Gesicht.
»Aber ich glaube nicht, dass es das ist …«
»Glauben Sie, was Sie wollen.«
»Das tue ich immer.« Er überlegte. »Aber ich muss es wissen.
Ich muss alles über Sie wissen. Das ist sicherer für uns beide.«
»Warum?«
»Er wird jedes Geheimnis, jede Erinnerung, jedes Gefühl benutzen, das ihn näher zu Ihnen bringen kann. Mit Toby hat er es auch so gemacht.«
»Das war mein Fehler. Das wird mir nicht wieder passieren.
Und ich werde Ihnen nicht mein Herz ausschütten. Sie haben bereits eigenmächtig in meinem Leben herumgeschnüffelt und viel zu viel über mich in Erfahrung gebracht.«
»Ja.« Plötzlich lächelte er. »Und es war mir ein Vergnügen. Es ist mir immer noch ein Vergnügen.« Er ging ins Haus.
Sie musste ihren Blick mit Gewalt von der Tür losreißen.
Himmel noch mal, sah er gut aus. Meistens, wenn er in ihrer Nähe war, hatte sie lediglich seine anziehende Persönlichkeit und die Wachsamkeit, die das bei ihr auslöste, wahrgenommen.
Aber soeben war ihr mit einem Mal aufgefallen, was für ein unglaublich schöner Mann Trevor war.
Schön? Das würde Trevor nicht gefallen. Wie war sie nur auf das Wort gekommen?
So schön wie ein Gott.
Cira hatte diese Worte benutzt, um Antonio zu beschreiben.
Antonio – intelligent, zynisch und charismatisch. Antonio, der Cira verführt und geblendet und betrogen hatte. Aber am Ende hatte er auch versucht, sie zu retten. Oder war das nur eine erneute Täuschung gewesen?
Was machte es schon für einen Unterschied? Es war schließlich ein Traum und nicht die Realität. Und falls es sich dabei um eine Art telepathische Verbindung zu Aldo handelte, dann hatte sie die Geschichte offenbar selbst weitergesponnen und ausgeschmückt. Sie war hundertprozentig auf Ciras Seite, und Aldo betrachtete sie mit Sicherheit als böse Hexe.
Und was war mit Antonio?
Vielleicht brauchte sie einfach einen Helden, um Cira zu retten. Obwohl er eher ein Antiheld war.
Wie Trevor.
Sie erstarrte. Ciras Ansichten über Antonio deckten sich auf verblüffende Weise mit Janes Ansichten über Trevor. Und vom ersten Augenblick an war er ihr seltsam vertraut vorgekommen.
Sie hatte Eve sogar erzählt, dass er sie an irgendjemanden erinnerte.
Antonio?
Sie konnte sich nicht einmal erinnern, wie Antonio aussah.
Cira war diejenige, die ihn sah, nicht sie. Cira war hin- und hergerissen zwischen Zorn, Verbitterung, Hoffnung und Liebe.
Liebe? Liebte Cira Antonio immer noch?
Ach, zum Teufel mit der ganzen Geschichte. Das alles spielte überhaupt keine Rolle. Womöglich träumte sie ja nie wieder von Cira. Es waren schon mehrere Tage seit dem letzten Albtraum vergangen, in dem die Erde sich unter Ciras Füßen aufgetan und sie in die glühende Lava gestarrt
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