Der männliche Makel: Roman (German Edition)
geringste Chance, das zu beweisen. Aber sie war felsenfest davon überzeugt, dass er der einzige Maulwurf im ganzen Gebäude war, der ihr schaden wollte und nicht zögern würde, seine Informationen weiterzugeben.
Es war völlig zwecklos, sich auf die Arbeit konzentrieren zu wollen. Der altbewährte Zauber wirkte plötzlich nicht mehr. Stattdessen ging sie alle drei Minuten ins Internet und googelte sich selbst, um sich zu vergewissern, dass sie noch nicht in den Skandal verwickelt war. Wenn sie mit zitternden Fingern »Eloise Elliot« in den Suchbalken eintippte, stieß sie auf buchstäblich Tausende von Ergebnissen. Doch eine rasche Durchsicht bestätigte ihr stets, dass es sich nur um berufliche Inhalte handelte. Artikel und hin und wieder ein Foto von ihr, leichenblass und im schwarzen Kostüm neben den Tyrannosauriern, die mit geröteten Gesichtern und in grauen Anzügen einen leicht angeheiterten Eindruck machten.
Also gut … kein Grund zur Sorge. Zumindest noch nicht.
Das Glück blieb ihr bis zur Mittagspause hold, und schließlich war es Robbie, der ihr die Hiobsbotschaft überbrachte. Er hatte den Takt und, nicht zu vergessen, das Mitgefühl, sie zu warnen, weil es sich inzwischen herumgesprochen hatte.
Robbie klopfte diskret an die Tür, steckte den weißen Haarschopf herein und fragte sie höflich, ob er kurz mit ihr sprechen könne. Noch nach einigen Stunden hatte sie lebhaft vor sich, wie er leise die Tür hinter sich geschlossen und dann ihren Schreibtisch umrundet hatte, um es ihr zu sagen.
Die Story war auf dem Tisch. Robbie hatte gerade bei Twitter etwas über sie und Jake gelesen. Der Benutzername des Verfassers klang frei erfunden, aber das galt ja eigentlich für alle. Und um es noch schlimmer zu machen, hatte der Übeltäter einen Link zu einem Foto von ihr und Jake gepostet, das Robbie ihr nun zögernd zeigte. Mit zitternder Hand klickte sie den Link an … und da waren sie beide und sahen aus wie der Inbegriff eines Liebespaars: Eloise in dem silbern schimmernden, eng anliegenden Kleid und Jake, wie er den Arm um sie legte. Sie hatte Mühe, die heißen Tränen zu unterdrücken, die ihr in die Augen traten. Sie wirkten so … es gab kein anderes Wort dafür … glücklich.
»Chefredakteurin und Ex-Sträfling bei einem romantischen Wochenende in luxuriösem Fünf-Sterne-Hotel«, lautete die marktschreierische Bildunterschrift.
Entsetzt sackte Eloise in ihrem Sessel zusammen und starrte ins Leere. Das verdammte Firmenwochenende. Jemand hatte sie fotografiert und das Bild per Twitter verbreitet. Wer der Übeltäter war, war nicht schwer zu erraten. Allerdings wusste Eloise nur zu gut, dass sie es dem Schuldigen niemals würde nachweisen können, so gern sie das auch getan hätte. Aber nein, Seth war mit äußerster Vorsicht zu Werke gegangen. Selbst sein Twitter-Konto lief unter einem Decknamen: @besorgter_buerger. Herrgott, was war denn das für ein Benutzername? Jedenfalls hatte sie keine Chance, ihn zur Rede zu stellen.
Außerdem musste sie sich eingestehen, dass die Geschichte bis auf das »romantische Wochenende« zu hundert Prozent wahr war. Sie konnte nichts abstreiten, dementieren oder sich wie ein Politiker aus der Affäre ziehen. Ihre einzige Hoffnung war, dass rasch Gras über die Sache wachsen würde.
Gut, inzwischen war ihr kotzübel. Und ein Blick in die traurigen Augen des armen Robbie bestätigte ihre schlimmsten Befürchtungen: Alle, die in diesem Gebäude arbeiteten, wussten Bescheid.
Und damit nicht genug. Sobald Informationen bei Twitter auftauchten, konnten die Zeitungen blitzschnell zugreifen. Twitter war ein Gottesgeschenk für faule Journalisten. Sich dort eine Story herauszusuchen war schon die halbe Miete.
Und der Skandal war perfekt.
Wo würde das alles enden?
Im nächsten Moment musste sie an Lily denken. Ein Albtraum. Würde sie auch in die Sache hineingezogen werden? Würde jemand einen Zusammenhang zwischen Jake und Lily vermuten? Bei der bloßen Vorstellung geriet sie in Panik. Sie musste Helen anrufen und sie bitten, das Haus nicht zu verlassen und Lily gut zu verstecken, bis sie zurück war …
»Eloise, ist es sehr schlimm?«, fragte der arme Robbie und musterte sie ausgesprochen besorgt. Sie zuckte zusammen, denn vor lauter Nachgrübeln über ihre Ängste hatte sie ganz vergessen, dass sie nicht allein war. »Ich bin immer für dich da. Wir alle sind das. Und falls ich etwas für dich tun kann …«
Irgendwie gelang es ihr, seinen Worten zu
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