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Der männliche Makel: Roman (German Edition)

Der männliche Makel: Roman (German Edition)

Titel: Der männliche Makel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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Helen. Bitte sag es mir. Denn wenn ich einen Fehler gemacht habe, würde ich gerne wissen, welchen.«
    »Nein, du hast keinen Fehler gemacht … du gehst nur sonst immer so strategisch vor …«
    »Und?«
    »Und inzwischen scheinst du echt mit ihm befreundet zu sein.«
    »Jetzt mach mal einen Punkt. Was ist denn daran so schlimm? Es ist … ich kann es nicht beschreiben … eben einfach schön, einen richtigen Freund zu haben. Einen Kumpel.«
    »Nein, nein, das habe ich nicht gemeint …«, erwidert sie gedankenverloren.
    »Jetzt red schon endlich.«
    »Es ist nur … ich denke eigentlich andie Zukunft«, sagt Helen schließlich und kann mir dabei nicht in die Augen sehen.
    »An welche Zukunft?«
    »Hör mal«, fährt sie nach einer Weile fort. »Gut, ich bin Jake nie begegnet …«
    »Dieses Thema hatten wir doch schon. Du weißt, dass es nicht geht. Wer soll denn auf Lily aufpassen, während ich euch beide einander vorstelle?«
    »Schon gut«, antwortet sie, streckt die Hand nach der Flasche Pinot Grigio aus, die vor ihr auf dem Couchtisch steht, und schenkt uns beiden großzügig nach. »Aber ich frage mich dauernd, was passiert, wenn du den Zeitpunkt für geeignet hältst, dass Lily ihn kennenlernt. Sobald sich die beiden sehen, wird Jake feststellen, dass du ihm etwas verheimlicht hast. Dann wird er doch sicher wissen wollen, welchen Grund du hattest, ihm die Existenz seiner Tochter zu verschweigen. Seines eigenen Kindes. Und wie wird er sich dann deiner Ansicht nach fühlen? Wie, in Gottes Namen, willst du ihm das erklären? Oder hast du vor, einfach aus seinem Leben zu verschwinden, so schnell, wie du gekommen bist? Wirst du ihn seinem Schicksal überlassen und hoffen und beten, dass er nicht wieder auf die schiefe Bahn geraten ist, wenn Lily alt genug ist, um ihn selbst aufzuspüren? Ich habe nämlich den Eindruck, dass deine Arbeit getan ist. Du hast deine Zauberkräfte walten lassen und einen Ex-Sträfling in einen ehrbaren Lehrer aus der Mittelschicht verwandelt. Wahrscheinlich muss er in einer Tweedjacke mit Lederflicken an den Ellbogen herumlaufen, um das Bild zu vervollständigen. Wie ich dich kenne, lässt du ihn sicher bald in einem lehrermäßigen Fiat Punto herumfahren …«
    »Ich werde nicht …«
    Obwohl … gar kein so schlechter Gedanke.
    »Eloise, ich sage doch nur, dass du es mit einem anderen Menschen zu tun hast, nicht mit einem erfolgreich abgeschlossenen Projekt. Ja, du und er seid nun trotz aller Widrigkeiten Freunde geworden, und das ist wunderbar, falls du das so möchtest. Du hast ihn wirklich gern, wie ich manchmal glaube, sogar mehr, als du selbst es ahnst. Allerdings lügen Freunde einander nicht an und haben keine Geheimnisse voreinander. Du hingegen verheimlichst ihm so viel, dass mir ganz schwindelig wird. Also schenk ihm einfach reinen Wein ein. Denn früher oder später wird er herausfinden, was du ihm alles verschwiegen hast. Und dann würde mich dein Masterplan interessieren.«
    Während sie immer weiterredet, trifft mich aus heiterem Himmel eine neue Befürchtung wie ein Schlag ins Gesicht, sodass ich hochfahre und ins Leere starre.
    »Was ist?«, fragt Helen, die meinen Stimmungswandel spürt.
    »Mir ist nur gerade etwas eingefallen. Gütiger Himmel, warum habe ich nicht schon früher daran gedacht?«
    »Los, spuck es aus.«
    »Nun … ich bin die ganze Zeit selbstverständlich davon ausgegangen, dass Jake Lily automatisch lieben und vergöttern wird, so wie alle anderen es tun. Dass er eine Rolle in ihrem Leben spielen will. Aber was, wenn ich mich irre?«
    »Was soll das heißen?«
    »Das haben wir uns noch gar nicht überlegt. Nehmen wir einmal an, ich tue, was du vorgeschlagen hast, und sage Jake die Wahrheit. Was, wenn er die Flucht ergreift und nichts mit Lily zu tun haben will? Dazu hätte er nämlich alles Recht der Welt. Ganz abgesehen von seiner juristischen Position. Du hättest den ganzen Papierkram sehen sollen, den sie mir im Reilly Institute gezeigt haben. Die Spender müssen mehrere Erklärungen unterschreiben, in denen klipp und klar steht, dass sie auf jegliches Umgangsrecht mit ihrem Nachwuchs verzichten. Die Frage ist, wie ich Lily erklären soll, dass ich ihren Dad zwar gefunden habe, er aber keinen Kontakt mit ihr wünscht.«
    Sie antwortet nicht. Ich starre weiter grüblerisch ins Leere.
    Nach einer langen Pause bricht Helen endlich das Schweigen.
    »Willst du meinen Rat hören?«, erkundigt sie sich und lässt nachdenklich den Wein in ihrem Glas

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