Der männliche Makel: Roman (German Edition)
Menschen berührt zu werden? Und schon so lange?
Seine Hände liegen auf meinem Nacken und fangen dann an, langsam mit einer meiner Haarsträhnen zu spielen. Vor Sehnsucht krampft es mir den Magen zusammen … ganz gleich, was auch passiert, ich will nicht, dass er aufhört …
Gut, inzwischen fühle ich mich schwindelig, als ich mich unwillkürlich zu ihm umdrehe. Er umfasst mein Gesicht und liebkost es langsam mit seinen Fingern.
»Ist das in Ordnung?«, flüstert er so leise, dass ich ihn kaum höre.
Meine Vernunft rät mir, diesem Wahnsinn Einhalt zu gebieten, aufzustehen, solange ich noch kann, eine schlagfertige Bemerkung zu machen und mich wieder nach unten zu den anderen zu gesellen. Denn ich bin gerne mit Jake befreundet. Eine Freundschaft ist doch eine viel sicherere und dauerhaftere Angelegenheit, oder? Ganz zu schweigen von der Bombe, die ich morgen platzen lassen werde … warum also riskiere ich das alles, indem ich mich ihm zuwende, leise aufseufze und mir nichts sehnlicher wünsche, als in seinen Armen zu liegen und seine Lippen auf meinen zu spüren … sicher hört er, wie mein Herz klopft, das muss er einfach …
Ich brauche nicht lange zu warten. Eine Sekunde später hat er mich neben sich aufs Bett gezogen und drückt mich an sich. Er raunt mir etwas ins Ohr und schlingt die kräftigen Arme um meine Taille, dass ich ihm nicht mehr entkommen kann. Nicht, dass ich das möchte. Im Moment habe ich keine Ahnung, was ich will – ganz zu schweigen, was ich da eigentlich tue.
»Weißt du, wie wundervoll du bist?«, murmelt er mir ins Haar, und ich spüre, wie seine Zunge sanft mein Ohr streift. »Ich bin noch nie einem so unglaublichen Menschen wie dir begegnet.«
Wieder erröte ich, worauf er lächelt.
»Ich sehe so gern, wie du rot wirst. Es passt so gar nicht zu dir, und du bist dann so hübsch.«
Ich weiche ein kleines Stück zurück und schaue ihm ins Gesicht.
»Jake …«
»Mmmm …«, brummt er und zieht mich wieder an sich.
»Was machen wir da? Sind wir wirklich sicher?«
»Ich bin mir noch nie sicherer gewesen.«
»Aber was ist mit deiner Freundin? The Girl from Ipanema … entschuldige, ich meine … wie heißt sie noch mal … Monique?«
»Nichts.« Er schenkt mir ein spöttisches Grinsen. »Da ist nichts. Wir sind nur befreundet und waren einmal zusammen im Kino, mehr nicht. Das habe ich dir doch schon erzählt.«
»Ja, aber ich habe mich gefragt …«
»Ach, Liebling.« Er lächelt und zeichnet mit Küssen die Konturen meines Schlüsselbeins nach. »Ich habe sie nur erwähnt, weil du letzte Woche beim Abendessen so nervös warst. Ich dachte wirklich, du würdest mir jetzt eröffnen, dass du verheiratet bist oder in einer festen Beziehung lebst. Also wollte ich dich beruhigen und den Druck von dir nehmen, indem ich dir von Monique erzähle. Erinnerst du dich nicht, dass ich gesagt habe, wir würden uns nur rein freundschaftlich treffen …«
Jetzt. Der richtige Moment ist gekommen.
»Jake, ich wollte dir an diesem Abend etwas sagen … und hatte keine Gelegenheit dazu …«
»Pst. Merkst du denn nicht, dass ich dich gerne küssen möchte?«
Mit diesen Worten umfasst er meine Taille und zieht mich an sich, sodass nur noch wenige Zentimeter unsere Gesichter trennen und ich nicht anders kann, als zu vergessen, was ich sagen wollte, und in seine wunderschönen großen blauen Augen zu schauen. Ich will, dass er mich küsst … und als er es endlich tut, ist es ein endloser Kuss, so weich und innig und erotisch, dass ich unwillkürlich aufstöhne. Er streichelt meinen Körper … und es wird heißer und heißer. Ich will nicht, dass er aufhört. Dieser Moment darf nie vorübergehen. Ich will, dass er sich in mein Gedächtnis einprägt, damit ich ihn später noch einmal durchleben kann …
Es kostet mich alle Willenskraft, mich loszumachen. Aber irgendwie gelingt es mir.
»Bitte nicht, Jake, zuerst muss ich mit dir reden …«
»Was ist, Liebling?«
Im nächsten Moment läutet das Telefon.
Ich erschrecke so, dass ich fast wieder nüchtern werde.
»Lass es klingeln und erzähl mir, was los ist«, sagt er mit belegter Stimme und schließt fest die Arme um mich.
Aber das geht nicht. Es könnte ja Helen oder Lily sein. Vielleicht ist zu Hause etwas passiert. Also befreie ich mich, rutsche in Richtung Nachttisch und hebe ab.
»Hallo?«
»Eloise, wo zum Teufel steckst du?«
Ruth O’Connell, die noch beschwipster klingt, als ich mich gerade fühle.
»Hallo, Ruth, alles
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