Der Magier von Fairhaven
gehen.«
Er schüttelte den Kopf. »Wenn es nicht gut läuft, brauche ich vielleicht außerhalb von Fairhaven eine Zuflucht.« Cerryl täuschte Lyasa nur ungern, aber es diente ihrer eigenen Sicherheit, wenn sie nicht erfuhr, wie Kalesin verschwunden war. Der Brief, mit dem Kalesin begonnen hatte, reichte ihr als Warnung, und so konnte sie, falls Cerryl etwas zustieß, wahrheitsgemäß sagen, dass sie nichts über Kalesins Verschwinden wusste.
»Wie willst du fahren?«
»Ich werde Layel bitten, dass ich auf einem seiner Schiffe mitfahren darf. Ich kann mir vorstellen, dass er zustimmt.«
»Wenn es darum geht, seine Tochter zu retten?« Lyasa lachte. »In dieser Hinsicht brauchst du dir sicher keine Sorgen zu machen.«
»Die Sorgen werden erst anfangen, wenn ich in Fairhaven bin.« Und sie werden nicht klein sein.
LXXXVI
C erryl sah nachdenklich an Layel vorbei zur Reling der Abendsonne, die im grauen Wasser des Hafens vor Anker lag.
Layel klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Ich komme nicht mit, aber Wandrel wird Euch schon sicher ans Ziel befördern.« Der Kaufmann mit dem schütteren Haar grinste. »Hier an Bord habt Ihr ein schönes Quartier und die Mannschaft ist bestens ausgebildet. Die Abendsonne ist ein gutes Schiff.«
»Ganz gewiss.«
»Außerdem kann Wertel dann noch mehr von den Dörrfrüchten, Werkzeugen und Sägeblättern schicken, die ich für diesen Burschen in der Sägemühle besorgen sollte. Er glaubt immer noch, er könnte die Sorte Planken schneiden, die man in den Werften Sligos braucht, und das bedeutet, dass es reichlich Goldstücke mit Zöllen einzunehmen gibt.«
Cerryl lächelte leicht. »Es freut mich, dass Ihr hergekommen seid.«
»Abgesehen von der Kälte … ja, eigentlich bin ich selbst auch froh darüber. Hier muss ich mir keine Sorgen machen, was Muneat treibt oder ob ich genügend Fuhrleute und Wagen bekommen kann …« Layel lachte. »Ich könnte noch viel erzählen, aber Ihr legt jetzt besser ab.« Der Kommissionär runzelte die Stirn und blickte Cerryl offen an. »Seid Ihr sicher, dass Ihr nicht in Lydiar ein paar Wächter haben wollt?«
»Nein, nur zwei Pferde. Niemand wird sich erinnern, dass ich überhaupt dort war.«
»Magier-Arbeit?«
»Magie«, bestätigte Cerryl.
»Kommt Ihr bald zurück?«
»Wahrscheinlich nicht.« Wenn ich erfolgreich bin, bleibe ich dort, und wenn nicht, bin ich tot … oder verletzt und zum Straßenbau eingeteilt.
»Das hatte ich befürchtet. Nun ja … Ihr wisst ja, was ich empfinde. Versucht, meine Tochter zur Vernunft zu bringen.«
»Wahrscheinlich wird sie eher versuchen, mich zur Vernunft zu bringen.«
Layel nickte ein letztes Mal und stieg langsam die Laufplanke zur Pier hinunter. »Sie gehört Euch, Meister Wandrel.«
»Die Leinen los!«
Cerryl zog sich zurück und beobachtete die Matrosen, die ihr Schiff aus dem Hafen manövrierten und Kurs auf Lydiar nahmen.
Was erwartet mich in Fairhaven? Cerryl hatte immer wieder das Glas benutzt und Kinowin und Leyladin beobachtet, aber beider Leben schien in gewohnten Bahnen zu verlaufen, soweit Cerryl es sagen konnte. Gegen diejenigen, denen er am meisten misstraute, wagte er das Glas nicht einzusetzen, weil er fürchtete, schon dies würde ihnen zu viel verraten.
Er blickte nach Norden zum kalten Wasser des Nordmeers hinter dem Wellenbrecher.
LXXXVII
C erryl saß in Leyladins Schlafgemach auf dem Stuhl und nickte immer wieder ein. Er musste dringend schlafen, aber er wagte es nicht, solange sie nicht wohlbehalten wieder im Haus war. Die Pferde waren gestriegelt und eingestellt. Da er zu müde gewesen war, um Soaris’ Hilfe abzulehnen, war es letzten Endes schneller gegangen, als er vermutet hätte. Cerryl hatte sich gewaschen und umgezogen, um den Staub von der Reise loszuwerden und die Wartezeit sinnvoll zu nutzen.
Draußen vor dem Schlafzimmerfenster flüsterte der Herbstwind in den Bäumen, die ihre Blätter abgeworfen oder grau verfärbt hatten. Den ganzen Weg von Lydiar bis nach Fairhaven hatten die Bäume ein trauriges Grau gezeigt, das erst im Winter durch den Schnee aufgehellt werden würde.
Wieder einmal riss er den Kopf hoch und sah zur Tür. Aber es war nach wie vor still im Haus, nur in der Küche, wo Meridis etwas zusammenbraute, war ab und zu ein Klappern zu hören. Er nickte wieder ein, bis er endlich eine Tür knallen hörte und auf einen Schlag hellwach war. Er sah sich um.
Die Schlafzimmertür wurde geöffnet und Leyladin, die noch ihren
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