Der Magier von Fairhaven
vorsichtiger Cerryl?«, schnaubte Anya.
»Ich werde tun, was Jeslek tun wollte und Sterol nicht begriffen hat. Wir müssen die Kontrolle über die wichtigsten Handelshäfen gewinnen und auf diese Weise mehr Goldstücke eintreiben.«
Anya zog die Augenbrauen hoch. »Ach?«
»Sedelos und Wertel haben in der letzten Jahreszeit die Steuereinnahmen. in Lydiar fast verdoppelt. Jetzt arbeite ich an einem Plan, um auch von Certis die Gebühren einzutreiben, die sie uns schuldig sind.«
»Und in einem Jahr werden wir dann Goldstücke und keine Macht mehr haben.«
»Wenn wir kein Gold haben, Anya, dann werden wir noch viel früher machtlos sein.«
»Wenigstens habt Ihr eine Vorstellung, worum es geht.« Anya wandte sich an die Heilerin. »Ihr solltet ihn drängen zu handeln, Leyladin.«
»Ich bin sicher, dass er handeln wird«, erwiderte die Heilerin sanft. »Und er wird Eure Worte mit der gebotenen Aufmerksamkeit abwägen. So hat er es schon immer gehalten.«
»Aus Eurem Mund gesprochen, übermitteln diese Worte verborgene Bedeutungen und wenig Trost.« Anya stand stirnrunzelnd auf. »Nun gut, ich will mich fügen und Fydel und den anderen sagen, dass Ihr die notwendigen Geldmittel auftreibt, um die Schwarzen zu bekämpfen. Ich kann ihnen auch sagen, dass Ihr durch Sterols extravagante Einfälle behindert werdet, da er Euch die Schatztruhe der Gilde fast leer hinterließ.«
»Sie war tatsächlich beinahe leer«, bestätigte Cerryl. Obschon nicht ganz aus diesem Grund.
»Und es ist gut, dass Ihr nicht die Absicht habt, unseren Händlern weitere Steuern aufzuerlegen.« Anya verneigte sich. »Sie werden es zu schätzen wissen.« Sie drehte sich um. »Mit Eurer Erlaubnis?«
»Das hoffe ich doch.« Besonders, was Jiolt angeht.
Als die Tür geschlossen war, schüttelte Leyladin den Kopf. »Sie will, dass du Recluce angreifst.«
»Das kann ich jetzt nicht tun, selbst wenn ich es wollte, und das weiß sie.«
»Sie wird dich weiter bedrängen.«
»Natürlich. Dadurch will sie mich vernichten. Sie wird wie Jeslek die Schwarzen als unseren ärgsten Feind herausstellen, und wenn ich nicht angreife, dann wird sie mir die Schuld an den Sorgen der Händler und der Gilde geben und einen anderen Erzmagier suchen.« Es sei denn, du kannst ihre Pläne durchkreuzen.
Leyladin langte nach ihrem Becher mit Wasser. »Das gelingt ihr vielleicht sogar, obwohl du ihre Absichten durchschaut hast.«
»Ich weiß. Ich muss tun, was mir möglich ist, aber ohne Goldstücke und Einnahmen aus dem Handel kann ich überhaupt nichts machen.«
»Vater und Lyasa haben mehr geschickt, als du erwartet hast.«
»Beinahe eintausend Goldstücke, aber mehr wird bis zum nächsten Sommer nicht kommen, fürchte ich. Auf dem Nordmeer breitet sich das Eis aus. Tyrhavven wird höchstens noch ein paar Achttage eisfrei bleiben, vielleicht etwas länger, wenn es nicht zu kalt wird.«
Leyladin drückte seine Hand. »Du hast dir nicht vorgestellt, dass es so kommen würde, nicht wahr?«
»Ich wusste, dass es so kommen würde, aber ich habe gehofft, ich könnte es vermeiden.« Er trank einen Schluck Wasser und stand auf. »Ich muss durch die Hallen gehen. Ich kann nicht ständig im Turm sitzen, wenn es so viele gibt, die mich noch nicht kennen oder sich nicht an mich erinnern.«
»Ich gehe nach Hause. Es würde nicht gut aussehen, wenn eine Schwarze dich begleiten würde.« Sie stand auf. »Ich erwarte dich zum Abendessen und du wirst nicht hier schlafen.«
»Jawohl, meine Herrin.« Er lächelte.
Leyladin erwiderte das Lächeln.
XCII
C erryl drehte sich im Sitzen herum und sah aus dem Turmfenster. Die winterliche Bewölkung versprach kalten Regen oder Pappschnee, aber bisher war noch nichts heruntergekommen und er hatte auch keine Kopfschmerzen.
»Der Magier Heralt«, meldete der Wächter vor der Tür.
»Er soll eintreten.« Cerryl stand auf und kam hinter dem Tisch hervor. Obwohl schon ein paar Achttage im Amt, wunderte er sich immer noch, dass er jetzt der Erzmagier war, dem die Leute ihre Aufwartung machten. Allerdings gelten die Ehrbezeugungen dem Titel und dem Amt, nicht dir persönlich.
Heralt schien ganz der Alte – kurzes braunes Haar, olivbraune Augen, eine Spur von Trotz und Schüchternheit. Auf der Stirn zeichneten sich Falten ab, unter den Augen hatte er dunkle Ringe. »Erzmagier.«
»Bitte setz dich. Möchtest du Wein?«
»Gern.«
Cerryl schenkte ihm einen halben Becher Weißwein ein, der sich aus irgendeinem Grund im Turm besser
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