Der Magier von Fairhaven
Aufgabe des Erzmagiers«, erklärte Kinowin an Cerryls statt. »Würdet Ihr besser schlafen, wenn Ihr wüsstet, was Seine Hoheit weiß?«
Der Oberhauptmann brauchte nicht lange für die Antwort. »Ich glaube nicht.«
»Ich auch nicht.« Kinowin ging zur Tür des Turmzimmers. »Gostar! Lasst die Wächter vom Eingang des Turms kommen. Und schickt einen Boten herein.«
Senglat hob den Dolch mit einem Stück Tuch auf und achtete darauf, nur den Griff zu berühren.
Cerryl und Leyladin zogen sich etwas zurück und sahen ihm zu.
Als Senglat mit den Wächtern und Jiolts Leichnam verschwunden war, schlossen sie die schwere Tür und Leyladin nahm Cerryl einen Augenblick fest in die Arme. Dann löste sie sich wieder von ihm.
»Es gefällt Euch nicht, so handeln zu müssen, nicht wahr?«, fragte Kinowin.
»Nein. Aber es war nötig. Ich kann nicht zulassen, dass Anya oder die alten Kommissionäre Fairhaven regieren.« Er hielt noch einen Augenblick Leyladins Hände fest. »Anya wird gleich hier sein.«
»Warum? Sie wird doch nicht kommen … nachdem gerade eben eine ihrer kleinen Intrigen gescheitert ist.« Leyladin war völlig verwirrt.
»Wie viele andere Intrigen gab es überhaupt?«, wollte Kinowin wissen.
»Genug«, erklärte Cerryl. »Und sie wird kommen. Deshalb wollte ich Esaak und Redark dabei haben. Ihr bleiben jetzt nur noch Drohungen.«
»Im Augenblick. Und dann wird sie mit einem leichtgläubigen jungen oder alten Magier wieder von vorn beginnen.« Leyladins Lachen war kurz und bitter. »Es sei denn, du unternimmst etwas.«
»Ich habe es versprochen«, sagte Cerryl mit belegter Stimme. »Ich habe es versprochen und ich halte meine Versprechen.«
»Ich weiß.« Leyladin berührte leicht seine Wange. »Ich werde nichts mehr sagen.«
Noch bevor sie die Hand wieder sinken ließ, klopfte es an der Tür. »Der Obermagier Redark.«
»Er soll hereinkommen.«
Redark betrat das Turmzimmer, zauste seinen roten Bart und wandte sich an Kinowin. »Ich habe Jiolts Leichnam gesehen …«
»Er hat versucht, den Erzmagier mit einem vergifteten Dolch anzugreifen«, sagte Kinowin. »Wir hielten es für ratsam, Euch zu unterrichten.«
»Jiolt … er ist ein Hitzkopf … aber ein treusorgender Familienvater …« Redark schüttelte den Kopf.
»Das mag sein, doch der Dolch war echt«, erwiderte Cerryl. Warum glauben die Leute nur immer, ein Mann, der seine Familie liebt, wäre nicht zu Mord und Verrat fähig?
»Das … das ist kaum zu glauben …«, stammelte der Obermagier mit dem roten Bart.
»Der Dolch war vergiftet«, fügte Kinowin hinzu. »Oberhauptmann Senglat hat es bemerkt.«
»Vergiftet?« Redark erbleichte.
Esaak kam schnaufend durch die Tür, die noch nicht wieder geschlossen worden war. »Ich habe mich beeilt, Erzmagier … Obermagier … Heilerin.«
»Gut.« Cerryl deutete zum Tisch. »Wenn Ihr Platz nehmen wollt …«
»Der Erzmagier …«, murmelte Esaak.
»Der Erzmagier bleibt lieber stehen.« Cerryl ging zum Fenster, schaute hinaus und rang immer noch um seine Fassung.
Es klopfte. »Die Magierin Anya«, verkündete Gostar.
Cerryl nickte und drehte sich um. »Sie soll eintreten.«
Anyas Stiefel kickten auf dem Steinboden, als sie zum Tisch marschierte. Sie ignorierte die vier sitzenden Gäste und starrte Cerryl an, der am Fenster stand. »Warum habt Ihr Jiolt herbestellt? Was ist mit ihm geschehen?«
Cerryl zuckte mit den Achseln. »Er hat mich angelogen. Dann hat er versucht, mich mit einem vergifteten Wurfmesser zu töten. Es war ein Dolch aus Schwarzem Eisen. Er ist tot. Was habt Ihr erwartet?«
»Er ist tot? Ihr habt ihn ermordet!« Anya riss die Augen auf. »Ihr … habt … ihn… ermordet. Ihr! Ihr elender … nein, nein, nein!«
Sie ging auf Cerryl los, Chaos-Flammen flackerten auf den Fingerspitzen.
Cerryl zog ebenso wie die anderen Magier volle Schilde aus Ordnung und Chaos auf.
Anya beherrschte sich und ließ die Flammen erlöschen. »Nicht … nicht Ihr … nicht auf diese Weise. Nicht Ihr, Cerryl. Erzmagier«, korrigierte sie sich eilig und blickte zu Kinowin und Redark, als hätte sie die Obermagier jetzt erst bemerkt. Die rothaarige Frau schluckte schwer. »Ihr habt ihn einfach so getötet? Den mächtigsten Kommissionär in Fairhaven? Obwohl der Handel jetzt schon so schwierig ist?« Sie sprach nun leiser, die Stimme wurde kalt und hart.
»Wenn ein Magier der Stadtwache solche Urteile fällen kann, dann kann es der Erzmagier auch«, erwiderte Cerryl. »Ich werde der Gilde
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