Der Magier von Fairhaven
nicht genau erklären, aber ich weiß, dass ich sie im Augenblick nicht beseitigen kann, ohne das Misstrauen der ganzen Gilde auf mich zu ziehen.« Diese Geschichte muss erst noch die Runde machen … und das wird sie. »Es gibt keine Beweise dafür, dass Jiolt und Anya sich verschworen haben, und was Kinowin, du oder ich durchs Wahrlesen herausfinden könnten, würde niemand glauben.«
Leyladin seufzte. »Sie wird jemanden finden, den sie gegen dich aufstacheln kann.«
»Nicht vor dem Angriff auf Recluce.« Cerryl zuckte müde mit den Achseln. »Und wenn sie es wirklich schafft, dann ist es gut, wenn ich die Betreffenden auf diese Weise kennen lerne, bevor ich sie nach Candar hinausschicke.«
»Du meinst es wirklich ernst, was? Dass du die Gilde auf ganz Candar verteilen willst?«
»Das ist mir ernst. Wenn der größte Teil der Bruderschaft hier sitzt, gibt es viel zu viele Intrigen und die Arbeit bleibt liegen.«
»Dabei werden viele sterben.«
»Wahrscheinlich«, gab Cerryl zu. »Aber sie werden für das Wohl Candars und Fairhavens sterben, statt durch Intrigen und Ränke in den Hallen.«
»Du musst aber Erzmagier bleiben, und das wird dir nicht gelingen, wenn du weiterhin solchen Anschlägen ausgesetzt bist. Und was ist, wenn die Flotte geschlagen wird?«
»Ich wäre überrascht – angenehm überrascht, aber dennoch sehr überrascht –, wenn die Flotte tatsächlich dem Südkap oder dem Schiff des Schmieds einen ernstlichen Schaden zufügen könnte.« Cerryl drehte sich langsam zum Fenster herum und dehnte die gespannten Muskeln.
»Und du hast sie trotzdem auslaufen lassen?«
»Wie hätte ich sonst beweisen können, dass es sinnlos ist, Recluce anzugreifen?« Wie sonst … und wie viele werden bei diesem Versuch, es zu beweisen, den Tod finden?
Cerryl schluckte und holte tief Luft. Er blickte zur schneebedeckten Weißen Stadt hinaus, die in diesem Augenblick wirklich eine Weiße Stadt war. Eine kalte, weiße Stadt mit einem kalten Weißen Erzmagier.
CIV
C erryl ließ seinen Blick über die Versammlung am Tisch schweifen – Kinowin, Redark und Leyladin. Ultyr, die neu geweihte, junge Magierin, hielt sich schüchtern etwas zurück und stand hinter einem Hocker, den Cerryl zusätzlich hatte aufstellen lassen.
»Seid Ihr bereit?«, fragte Cerryl.
»Ja, Ser.« Ultyr trat vor und konzentrierte sich.
Langsam, viel langsamer, als wenn Cerryl selbst das Bild gesucht hätte, teilten sich die Nebelschleier im Glas und enthüllten Schiffe auf einem dunkelblauen Meer. Das Schwarze Schiff ohne Masten und Bugspriet, das eine große Menge dunkler Ordnung zu enthalten schien, näherte sich durch die nicht sehr hohen Wellen einem größeren Schiff – es war die Weiße Schlange, wie Cerryl glaubte. Eines der kleineren Kriegsschiffe auf der Leeseite der Weißen Schlange schwenkte nach Backbord ab, als hätte der Magier auf Deck die tödliche Gefahr gespürt, die vom Schwarzen Schiff ausging.
»Bei der Dunkelheit, sieht das böse aus«, murmelte Redark.
Das Schwarze Kriegsschiff schob sich neben die Weiße Schlange, die sofort mehr Segel setzte, aber das Schwarze Schiff hielt mühelos mit und zog wieder gleichauf. Ein Lichtblitz und etwas anderes zuckte zur Schlange hinüber, der Bugspriet zersprang in tausend Stücke. Der Bug der Weißen Schlange drehte nach Backbord herum und das Schiff schwankte hin und her, als der vordere Teil der Takelage zusammen mit den Splittern des Bugspriets im Meer versank.
Eine Reihe Feuerkugeln flog von der beinahe lahm gelegten Schlange zum Angreifer hinüber, prallte aber wirkungslos von den Schwarzen Eisenplatten des Schiffs ab. Drei weitere Schüsse aus der Waffe des Schwarzen Schmieds schlugen im Heck der Schlange ein, die bald darauf zu krängen anfing. Hin und wieder kamen noch Feuerkugeln von der Schlange und den Begleitschiffen geflogen, konnten aber nichts ausrichten. Das kleine, mit Schwarzem Eisen verkleidete Schiff kreiste unterdessen um den großen Schoner.
»Mehr als ein Dutzend Schiffe und fast so viele Magier – und sie tun einfach nichts«, murmelte Redark.
»Es scheint so, als könnten sie nichts ausrichten«, meinte Kinowin. »Sie kommen nicht nahe genug heran, um wirklich eingreifen zu können; wenn sie herankämen, würden sie nur unsere Bewaffneten und erst recht unsere Schiffe in Gefahr bringen.«
Plötzlich wurden vom Schwarzen Schiff aus Enterhaken geworfen, dann flogen dunkle Pfeile hinüber und erstickten jeden Widerstand auf dem Deck der
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