Der Magier von Fairhaven
Anspannung erlaubte er sich hin und wieder einen raschen Blick ins Spähglas, um zu sehen, wie es Leyladin ging. Ihre ferne Ansammlung von Ordnung schimmerte ein wenig grau, der Schmied Dorrin dagegen stellte sich als reines Schwarz da. Lag es daran, dass sie inmitten des Chaos lebte? Oder gab es einen anderen Grund? Warum wird nirgends Grau erwähnt, weder in den Büchern noch von den älteren Magiern? Warum taucht das Grau nicht einmal als etwas auf, vor dem man warnen muss?
Die Schleier im Glas klärten sich; und fast als hätte sie seinen unsichtbaren Besuch erwartet, schaute die Heilerin mit dem rotblonden Haar lächelnd auf. Sie war mit einem grünen Hausmantel bekleidet und saß am Schreibtisch in dem mit seidenen Tüchern geschmückten Zimmer. Dieses Zimmer versetzte Cerryl immer noch in Erstaunen, aber er erwiderte das Lächeln, obwohl sie es nicht wahrnehmen konnte, denn er freute sich über ihres. Nach einem langen Blick ließ er das Bild wieder los und starrte das leere Glas an.
Schließlich, nachdem er aus der fast leeren Flasche einen Schluck Wasser getrunken hatte, konzentrierte er sich und suchte nacheinander die Dörfer an der Nachschubstraße ab. Alle schienen verlassen, wie sie es seit dem Frühling gewesen waren.
Cerryl rieb sich die Stirn und fragte sich nicht zum ersten Mal, wohin die Spidlarer verschwunden waren. Er stand auf und ging zum Kamin, nahm eine neue Wasserflasche vom Brett und trank einen großen Schluck. Dann kehrte er zum Tisch und dem Spähglas zurück.
Nach einigem Suchen fand er endlich die spidlarischen Truppen, die auf einer hoch gelegenen Wiese zwischen einigen Bäumen lagerten. Soweit er es erkennen konnte, hatten sie sich nach Norden und Westen bewegt und sich zwischen Fydels und Cerryls Einheiten geschoben, befanden sich jetzt aber mehr als vierzig Meilen nördlich der Straße zwischen Elparta und Axalt.
Cerryl warf einen Blick auf seine Straßenkarte und nickte. Es gab einen Weg, keine richtige Straße, der schräg von der Straße nach Elparta abzweigte. Der Weiße Magier nahm an, dass Jeslek diesem Weg wahrscheinlich keine Beachtung schenken würde. Aber er wird es tun, wenn du zulässt, dass die Wagen mit den Vorräten gekapert werden oder ein Flankenangriff gegen ihn erfolgt. Cerryl schürzte die Lippen. Ob sich die Gegner mit einer weiteren Truppe vereinigen wollten?
Seufzend wandte er sich wieder dem Glas zu und blinzelte, bis ihm die Augen tränten und die unvermeidlichen Kopfschmerzen sich ankündigten.
Tatsächlich näherte sich von Westen her eine zweite Streitmacht, kleiner als die erste zwar, aber immer noch doppelt so groß wie Cerryls Truppe. Die beiden Truppenteile würden die Straße zwischen Axalt und Elparta zur gleichen Zeit erreichen. Falls du sie nicht aufhältst.
Aber wie? Mit tränenden Augen massierte Cerryl sich die Stirn. Wenn er reines Chaos einsetzte – vor allem die Feuerkugeln –, konnte er jeweils nur eine geringe Anzahl von Bewaffneten angreifen. Er trank noch einen Schluck aus der Flasche, stand auf und ging zur Tür.
Draußen war die stille Luft wärmer als im Innern des Holzhauses. Als der Duft von bratendem Lamm in seine Richtung wehte, ging Cerryl zu den Kochfeuern hinüber.
Ferek stand schon am Zaun der Koppel und aß ein Stück fettiges Fleisch. »Ihr scheint heute Morgen nicht sehr guter Dinge, Magier Cerryl«, meinte der Unteroffizier. »Sind die Blauen jetzt in die Osthörner gezogen, um die Straße zu erreichen?«
»Ich glaube nicht.« Cerryl grüßte Hiser mit einem Winken.
Der blonde Unteroffizier schluckte den letzten Bissen des harten Brotes hinunter und gesellte sich zu dem Magier und dem älteren Unteroffizier.
Die Kopfschmerzen und die tränenden Augen erinnerten Cerryl daran, dass auch er etwas essen musste. So sah er sich auf dem Brett um, das, auf zwei Baumstümpfe gelegt, als Essensausgabe diente. Cerryl nahm sich fast einen halben Brotlaib und schnitt mit seinem Gürtelmesser aus Neusilber mühsam einen Keil vom trockenen weißen Käse ab, der beinahe so hart war wie das Holz, auf dem er lag.
Das Brot war warm und frisch, aber trocken. Cerryl hatte Mühe, es zu kauen und zu schlucken. Er wünschte, er hätte die Wasserflasche aus der Hütte mitgenommen, aber immerhin gelang es ihm, eine Ecke vom Käse abzubeißen und herunterzuschlingen, ehe er sich wieder an die Unteroffiziere wandte. »Es sind jetzt zwei Truppenteile. Eine Abteilung ist diejenige, die wir gehetzt haben, die zweite, etwa halb so groß
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