Der Magier von Fairhaven
Amtssitz geeignet war und wo er mit seinen Lanzenreitern und anderen Leuten zusammenkommen konnte. Es musste ein anderes als das von Jeslek beschlagnahmte Gebäude sein, und nach Möglichkeit eines, in dem er nicht fror, wenn Eis und Schnee kamen. Zudem sollte er sich möglichst schnell darum kümmern, weil Jeslek bereits die Vorkehrungen für seinen Aufbruch traf. Er würde einen Großteil der Weißen Lanzenreiter, die Elparta belagert hatten, mitnehmen.
Cerryl suchte Hiser und betraute ihn mit der Aufgabe, vorab eine Auswahl passender Gebäude zu treffen, wobei er darauf zu achten hatte, dass benachbarte Häuser oder Nebengebäude als Unterkünfte für Hisers und Fereks Leute dienen konnten. Außerdem sollte das Haus nicht zu weit von Jesleks Hauptquartier entfernt sein, auch wenn Jeslek sich vorerst nicht in der Stadt aufhalten würde.
Während der Herbstregen wie ein feiner Schleier niederfiel, beugte Cerryl sich im Sattel vor und blickte die breite Straße hinunter, die nördlich des Hügels verlief, auf dem der Erzmagier sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte, um ein vergleichsweise bescheidenes Gebäude hinter einer niedrigen Mauer zu begutachten.
»Dies hier … nun ja, es ist das Beste, das Ferek und ich finden konnten.« Hiser hustete. »Besser als diese Gasthöfe mit den undichten Dächern am Fluss. Aber es riecht. Hier riecht alles.«
Cerryl ritt langsam die letzten hundert Ellen zum Haus und hielt kurz vor der Mauer an. Das Haus wirkte stabil, auch wenn bei den Beben, denen die Stadtmauern zum Opfer gefallen waren, einige der roten Dachziegel Sprünge und Risse bekommen hatten. Die vordere Mauer war fast sechs Ellen hoch und aus Stein gebaut. An einer Seite war das Tor, das groß genug für einen Wagen war, aus den eisernen Scharnieren gerissen. Das kleinere gusseiserne Tor, das als Eingang gedacht war, hatte gehalten. Hinter dem Tor lag ein Hof, der vom Hauptgebäude und einem Stall begrenzt wurde.
Nachdem er den Wallach auf den Hof gelenkt hatte, band Cerryl ihn unter dem vorspringenden Dach der Scheune an ein Geländer und stieg ab. Hiser und zwei weitere Lanzenreiter folgten seinem Beispiel. Sie eilten ihm voraus zur Tür des Wohnhauses.
Einer der Lanzenreiter drehte den bronzenen Türknopf herum und stieß die Tür auf. Der Gestank, der herauswehte, drehte Cerryl beinahe den Magen um. Er wich zurück und wartete, ob der leichte Wind den Gestank wegwehen würde. Tatsächlich war nach einer Weile das Schlimmste verflogen. Durch den Mund atmend, betrat Cerryl den grün gefliesten, mit Walnussholz vertäfelten Flur. Drei von vier Schubladen der Eichentruhe an der rechten Wand standen offen, die vierte war herausgerissen; verschiedene bunte Leinensachen lagen wahllos durcheinander am Boden.
Auch die einzige Truhe im Wohnzimmer war geplündert worden. Splitter von Steingutgeschirr lagen auf den grünen Kacheln und dem geflochtenen goldgelben Teppich in der Mitte des Raumes.
Cerryl hätte sich beinahe übergeben, als er am Sofa vorbei durch einen Bogengang in das kleine Studierzimmer neben dem Wohnraum trat. Drei Leichen, schon stark verwest, lagen zwischen einem Ecktisch und einem runden Tisch auf den grünen Kacheln.
Eine war – dachte er – vermutlich eine junge Frau gewesen. Bei den beiden anderen handelte es sich möglicherweise um ihre Eltern. Wieder unterdrückte er ein Würgen und sammelte Chaos-Energie um sich.
»Bei der Dunkelheit«, flüsterte Hiser.
Einer der jungen Lanzenreiter rannte zur Vordertür. Cerryl konnte hören, wie er sich draußen übergab.
Eine Feuerkugel blitzte auf und die verwesenden Leichen und der größte Teil des Gestanks waren verschwunden.
»Öffnet die Läden und die Fenster.« Cerryl ging zum nächsten Fenster und riss die Fensterläden und dann die Fenster selbst auf. Im Gegensatz zu vielen anderen Gebäuden in Elparta besaß dieses Haus Fenster aus geblasenem Glas.
Eine Weile stand er am offenen Fenster und ließ die kalte, feuchte Luft an sich vorbei ins Studierzimmer streichen. Dieses Zimmer würde als Besprechungsraum dienen, denn es hatte einen runden Tisch und sogar einen Schreibtisch in der Ecke.
Etwas weiter hinten, rechts neben der Küche, befand sich offenbar das Esszimmer. Er drehte er sich um und ging durchs Wohnzimmer, vorbei an der schmalen Treppe, die zum ersten Stock hinaufführte.
»Haben wir hier jemanden, der kochen kann?« Cerryl schüttelte den Kopf und dachte an die drei Toten. War die junge Frau vergewaltigt und getötet worden?
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