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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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»Ich meine, Miss.«
    Auf seinem Kutschbock trieb Po Doggly die beiden Pferde an, und die Kutsche setzte sich in Bewegung, natürlich immer noch in Richtung Hatrack Mouth. Für Po war es nicht einfach, auf dieser Straße einen Wendeplatz zu finden, und so war Alvin schon eine ganze Weile unterwegs, bevor die Kutsche wieder zurückkam und an ihm vorbei fuhr. Po bremste die Pferde etwas, und Dr. Physicker beugte sich aus dem Fenster und warf einen Dollar hinaus. Alvin fing ihn auf, eher aus Reflex, als daß er darüber nachgedacht hätte.
    »Dafür, daß Ihr Miss Larner geholfen habt«, sagte Dr. Physicker. Dann trieb Po die Pferde wieder weiter, und sie fuhren davon, während Alvin staubbedeckt zurückblieb.
    Er spürte das Gewicht der Münze in seiner Hand, und einen Augenblick lang war er versucht, sie der Kutsche nachzuwerfen. Doch das würde überhaupt nichts bringen. Nein, er würde sie Physicker ein anderes Mal zurückgeben, auf eine Weise, die niemanden verärgern konnte. Und dennoch tat es weh. Es saß tief, dafür bezahlt worden zu sein, einer Dame zu helfen, als wäre er ein Diener oder ein Kind oder so etwas. Und das Schlimmste war der Gedanke, daß es möglicherweise ihre Idee gewesen war, ihn zu bezahlen. Als glaubte sie, daß er sich einen Vierteltageslohn verdient habe, indem er für ihre Ehre kämpfte. Hätte er einen Rock getragen und eine Krawatte anstelle eines schmutzigen Hemdes, so wäre sie mit Sicherheit davon ausgegangen, daß er ihr einen Dienst erwiesen hatte, wie jeder christliche Gentleman ihn einer Dame schuldig war, und dann hätte sie auch gewußt, daß sie ihm Dankbarkeit schuldete anstelle einer Bezahlung.
    Bezahlung. Die Münze brannte in seiner Hand. Ach, ein paar Minuten lang hatte er beinahe geglaubt, daß sie ihn mochte. Fast hätte er gehofft, daß sie vielleicht einwilligen würde, ihn zu unterrichten, ihm dabei zu helfen, etwas besser lernen zu können, wie die Welt funktionierte, was er tun konnte, um ein wahrer Macher zu werden und die schreckliche Macht des Entmachers zu zähmen. Doch jetzt, da es eindeutig war, daß sie ihn verabscheute, wie hätte er sie jetzt auch nur danach fragen können? Wie hätte er auch nur so tun können, als sei er es wert, von ihr unterrichtet zu werden, wenn doch alles, was sie an ihm sah, nur Schmutz und Blut, Dummheit und Armut waren? Sie wußte, daß er es gut meinte; aber in ihren Augen war er dennoch ein Rohling, wie sie es zu Anfang ja auch gesagt hatte. Es saß noch immer in ihrem Herzen. Brutalität.
    Miss Larner. So hatte der Doktor sie genannt. Er schmeckte den Namen, als er ihn aussprach. Staub im Mund. Tiere bringt man nicht in die Schule.

15. Lehrerin
    Miss Larner hatte nicht die Absicht, diesen Leuten auch nur einen Zoll entgegenzukommen. Sie hatte schon genügend Schreckensgeschichten über Schuldirektorien am Frontier gehört, um zu wissen, daß sie versuchen würden, die Einhaltung der allermeisten Versprechen zu umgehen, die man ihr in den Briefen gemacht hatten. Es fing schon an.
    »In Euren Briefen habt Ihr mir versichert, daß eine eigene, private Unterkunft Bestandteil meiner Bezahlung sein solle. Einen Gasthof betrachte ich nicht als private Unterkunft.«
    »Ihr werdet dort Euer eigenes Privatzimmer haben«, wandte Dr. Physicker ein.
    »Und alle meine Mahlzeiten am Gemeinschaftstisch einnehmen? So etwas ist unannehmbar. Wenn ich bleibe, werde ich den ganzen Tag in der Gesellschaft der Kinder dieser Stadt verbringen, und wenn dieses Tageswerk vollbracht ist, erwarte ich, daß ich mir meine eigenen Mahlzeiten zubereiten und sie allein verzehren kann, um den Abend in Gesellschaft von Büchern verbringen zu können, ohne abgelenkt oder gestört zu werden. Gentlemen, das ist in einem Gasthof nicht möglich, und daher ist ein Zimmer in einem öffentlichen Gasthof auch keine private Unterkunft.«
    Sie merkte, wie sie sie abschätzten. Einige von ihnen wirkten von der schieren Präzision ihrer Sprache beschämt – sie wußte sehr genau, wie sich ländliche Rechtsanwälte in ihren eigenen Städten aufzuführen pflegten; aber jemandem mit wahrer Bildung waren sie nicht gewachsen. Die einzige wirkliche Schwierigkeit würde vom Sheriff kommen, Pauley Wiseman. Wie absurd, daß ein erwachsener Mann immer noch den Kosenamen eines Kindes benutzte.
    »Nun hört mal her, junge Lady«, sagte der Sheriff.
    Sie hob eine Braue. Es war typisch für einen solchen Mann, daß er sie mit ›junge Lady‹ anredete, obwohl Miss Larner so aussah, als

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