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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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zu Anfang würde sie toben, doch mit der Zeit würde sie Peggy weniger vermissen, als sie es selbst erwartet hatte. Das Baby würde sie von der Sorge um ihre Tochter ablenken. Außerdem wußte Mama, daß Peggy schon für sich selbst sorgen konnte. Mama wußte, daß Peggy niemand war, der sich an den Rockzipfel eines anderen hängte. Arthur Stuart aber brauchte sie.
    Wäre dies das erste Mal gewesen, daß Peggy gemerkt hätte, was Mama ihr gegenüber empfand, hätte es sie zutiefst verletzt. Aber es war schon mindestens das hundertste Mal, und sie hatte sich inzwischen daran gewöhnt. Sie hatte weitergeschaut und den Grund dafür entdeckt, und sie liebte ihre Mama dafür, daß sie eine bessere Seele war als die meisten, und vergab ihr, daß sie Peggy nicht mehr liebte.
    »Ich liebe dich, Mama«, sagte Peggy.
    »Ich liebe dich auch, Baby«, sagte Mama. Sie hob nicht einmal den Blick, und sie erriet auch nicht, was Peggy vorhatte.
    Papa schlief noch. Schließlich hatte er letzte Nacht ein Grab ausgehoben und wieder zugeschüttet.
    Peggy schrieb eine Nachricht. Normalerweise achtete sie beim Schreiben darauf, eine Menge zusätzlicher Buchstaben hinzuzufügen, wie man es immer in den Büchern zu sehen bekam, doch diesmal wollte sie sichergehen, daß Papa die Nachricht selbst lesen konnte. Das bedeutete, nur so viele Buchstaben zu verwenden, wie man benötigte, um die Worte laut lesen zu können.
    Ich libe euch Papa und Mama abr ich mus gen ich weis das es falsch is Hatrak one Fakl zurük zu lasn aber ich bin ja auch sechzn Jare Fakl gewesn. Hab meine Zukunf gesen und werde in Sicherheit sein macht euch meinetwegn keine Sorgn.
    Sie schritt zur Vordertür, schleppte ihren Sack zur Straße und brauchte nur zehn Minuten zu warten, bis Doktor Whitley Physicker in seinem Wagen vorbeifuhr, auf der ersten Etappe seiner Reise nach Philadelphia.
    »Du hast doch bestimmt nicht hier auf der Straße auf mich gewartet, nur um mir den Milton zurückzugeben, den ich dir geliehen habe«, meinte Whitley Physicker.
    Sie lächelte und schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Ich möchte, daß Ihr mich bis Dekane mitnehmt. Ich möchte dort eine Bekannte meines Vaters aufsuchen, und wenn Euch meine Gesellschaft nichts ausmacht, würde ich gern das Geld für die Kutsche sparen.«
    Peggy sah, wie er kurz überlegte, aber sie wußte, daß er sie mitnehmen würde, auch ohne ihre Eltern zu fragen. Er war ein Mann, der der Auffassung war, daß ein Mädchen ebensoviel wert war wie ein Junge. Vor allem aber mochte er Peggy einfach, er betrachtete sie als eine Art Nichte. Und weil er wußte, daß Peggy niemals log, brauchte er die Sache auch nicht zu überprüfen, indem er ihre Eltern fragte.
    Und sie hatte ihn ja auch nicht angelogen. Papas alte Geliebte, die Frau, von der er träumte und für die er litt, lebte in Dekane – seit einigen Jahren war sie Witwe, doch die Trauerzeit war vorüber, so daß sie niemanden würde abweisen müssen. Peggy kannte diese Dame sehr gut, denn sie hatte sie all die Jahre über genau beobachtet. Wenn ich an ihre Tür klopfe, brauche ich ihr nicht einmal zu sagen, daß ich Horace Guesters Tochter bin. Sie würde mich auch als Fremde aufnehmen, ja, das würde sie, und sie würde für mich sorgen und mir helfen, weiterzukommen. Aber vielleicht sage ich ihr doch, wessen Tochter ich bin und woher ich von ihr weiß und wie Papa immer noch mit der schmerzvollen Erinnerung an seine Liebe zu ihr lebt.
    Der Wagen fuhr klappernd über die bedachte Brücke, die Alvins Vater und seine älteren Brüder vor elf Jahren gebaut hatten, nachdem der älteste Sohn ein Opfer des Flusses geworden war. In den Dachbalken nisteten Vögel. Sie machten einen wilden, musikalischen, fröhlichen Lärm. Für Peggy hörte sich ihr Zirpen so an, wie sie sich eine große Oper vorstellte. In Camelot, unten im Süden, gab es eine Oper. Vielleicht würde sie eines Tages dorthin gehen und der Musik lauschen, vielleicht würde sie gar den König selbst in seiner Loge zu sehen bekommen.
    Vielleicht aber auch nicht. Denn eines Tages würde sie möglicherweise genau den Weg finden, der zu jenem kurzen, aber wunderschönen Traum führte, und dann würde sie wichtigere Dinge zu tun haben, als sich Könige anzuschauen oder sich die Musik des österreichischen Hofes anzuhören, wie sie von rüschengeschmückten Musikern aus Virginia im prunkvollen Opernsaal von Camelot gegeben wurde. Alvin war wichtiger als all das, wenn er nur zu seiner ganzen Macht finden konnte, und

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