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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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könnte ihm über den Weg laufen und ihn erkennen, aber das konnte ich ja nicht ahnen. Übrigens hat er erst nach Allans Verschwinden eingewilligt, sich bei meinen Eltern vorzustellen.«
    Tatsächlich, dieses Detail hatte Sam vollkommen vergessen: Er hatte Rudolf wirklich erst vor einem Monat persönlich getroffen. Bis dahin war er nur ein Name gewesen, den Evelyn oft erwähnte. Er schien ein überaus vielbeschäftigter Geschäftsmann zu sein, der häufig im Ausland unterwegs war.
    »Wenn ihr beide zum Firmensitz von Arkeos gefahren seid, was habt ihr da eigentlich gemacht?«
    »Rudolf arbeitete meist in seinen Büros und ich wartete in seiner Wohnung im obersten Stockwerk auf ihn. Ich musste nicht viel tun, ich musste nur an ihn denken . . .«
    »Was?«
    »An ihn denken, ja, sonst nichts. Es wäre mir auch schwergefallen, nicht an ihn zu denken, denn überall hing sein Porträt! Er behauptete, mich in seiner Nähe zu wissen, helfe ihm dabei, sich auf seine Aufgaben zu konzentrieren und bessere Ideen zu entwickeln. Als würde ich positive Wellen zu ihm aussenden . . . Das erschien mir ungemein romantisch! Was für ein Trottel ich doch war . . .« »Und sonst«, fragte Sam weiter, ohne darauf einzugehen, »ist kürzlich etwas passiert, das sein verändertes Verhalten erklären würde?«
    »Schwer zu sagen . . . Er wurde nur . . . irgendwie distanzierter. Vor zehn Tagen wollten wir eigentlich nach New York reisen, doch im letzten Moment konnte er auf einmal nicht fliegen, angeblich, weil er einen wichtigen Kunden treffen musste. Er kam am übernächsten Tag zwar nach, doch er war mit seinen Gedanken ganz woanders. Von da an . . .«
    Evelyn wurde unterbrochen, als plötzlich die Zimmertür aufflog. Ein alter Arzt mit dickem weißem Schnurrbart kam herein, gefolgt von einer Krankenschwester, die einen Rollwagen vor sich herschob. Beide kamen geradewegs zum Bett.
    »Sie hatten recht, Janet«, erklärte der Arzt, ohne sich überhaupt vorzustellen. »Die Kontrollschirme haben sich nicht geirrt, unser Held ist wieder hellwach!«
    Er trat zu Sam ans Bett, während er die blinkenden Zahlen auf den verschiedenen Geräten beobachtete, dann nahm er sein Handgelenk, um ihm den Puls zu fühlen. Mit dem zerzausten grauen Haar, dem Schnurrbart und dem Dackelgesicht sah er aus wie Einstein, der kurz davor war, eine komplizierte Gleichung zu lösen.
    »Mmhh!«, machte er. »Ist noch immer sehr unregelmäßig, aber schon viel besser. Wie fühlst du dich, Junge?«
    »Ah ... topfit«, antwortete Sam, in der Hoffnung, schnell wieder aufstehen zu dürfen.
    »Perfekt, perfekt«, freute sich der Arzt. »Wir müssen nur noch ein paar ergänzende Untersuchungen machen . . . Und Sie, meine liebe Frau, sollten sich unbedingt ausruhen«, sagte er zu Evelyn gewandt. »Sie sehen sehr erschöpft aus. Der junge Mann hier hat das Schlimmste überstanden, glauben Sie mir. Es sei denn, er hat Angst vor Spritzen!«
    Ein Klappern auf dem Rollwagen ließ Sam aufschrecken. Die Krankenschwester war gerade dabei, eine Spritze mit einer beeindruckenden Nadel zu versehen, die aussah, als stammte sie direkt aus einem Horrorstreifen – Dr. Einsteins Klinikinferno zum Beispiel. Und Samuel hasste Spritzen . . . Instinktiv spannten sich seine Muskeln an bei der Vorstellung, dass gleich zehn Zentimeter Metall in seine Haut gestochen wurden, um seine Venen zu suchen. Es gab Momente im Leben, da wäre man besser tot. . .

 
24.
     Anästhesie
     
    Wie von Dr. Einstein – der eigentlich Hawk mit Nachnamen hieß – angekündigt, blieb Samuel achtundvierzig Stunden zur Beobachtung in der Klinik von Saint Mary. Am ersten Tag wurden verschiedene Untersuchungen durchgeführt, unter anderem ein Belastungstest auf dem Fahrrad, der keinerlei beunruhigende Anomalien zeigte, dem alten Arzt allerdings eine Serie zweifelnder Seufzer entlockte.
    »Also wirklich, höchst seltsam . . .«
    Samuel wagte nicht zu fragen, was an seinen Werten so seltsam war, er hatte Angst, die Wahrheit über den Zustand seines Herzens zu erfahren und dann vielleicht nicht mehr vollenden zu können, was er sich vorgenommen hatte .. .
    Auf dem Weg zur Röntgenabteilung gab es jedoch eine nette Überraschung für ihn, als er Isobel wiedertraf, die Krankenschwester, die so nett zu ihm gewesen war, als er sie am Krankenbett seines Vaters getroffen hatte. Sie hatte ihm angeboten, er könne jederzeit zu ihr kommen, wenn er niedergeschlagen war und das Bedürfnis hatte, mit jemandem zu reden. Sie

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