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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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davon blieb ihm nicht viel Zeit. Erst einmal musste er sich von diesem lästigen Stoff befreien, der ihm die Handgelenke zusammenschnürte . . .
    Sam kroch an der Mauer entlang und stieß gegen einen Krug oder eine Truhe, die dem Geräusch nach ziemlich voll war. Gegenstände oder Vorräte für die letzte Reise des Hohepriesters . . . Als Sam damals nach seinem Zusammentreffen mit Ahmousis diesen Ort verlassen hatte, waren einige Grabbeigaben bereits hier abgestellt worden, was seine erste Vermutung über den Zeitpunkt zu bestätigen schien.
    Von oben her erklangen Schritte und Sam sah auf. Ein gelblicher Lichtschimmer erhellte die große Öffnung in der Mitte der Decke, den einzig möglichen Zugang zu dieser Kammer. Ursprünglich hatte dort eine Strickleiter gehangen, doch irgendjemand musste sie entfernt haben. Und dieser Jemand . . .
    »Na endlich, du bist wach!«, rief Rudolfs verhasste Stimme. »Seit mindestens zehn Minuten spaziere ich schon hier rum, du hast ausgesehen, als wolltest du Winterschlaf halten!«
    Er kniete am Rand der Öffnung und leuchtete Sam mit der Fackel ins Gesicht. »Elisa, schon vergessen? Du bist nicht zur Erholung hier!«
    »Schließlich haben Sie mich bewusstlos geschlagen!«, protestierte Sam.
    »Na klar! Hältst du mich etwa für einen Anfänger? Meinst du, ich hätte ohne ein gesundes Misstrauen all diese Reisen überlebt?«
    Er nahm die Fackel in die andere Hand und richtete seine Waffe auf Sam.
    »Weißt du was? Es gab zwei schöne Überraschungen, als ich hier ankam: Erstens scheint, wie ich es gehofft hatte, der Goldreif nicht zu zählen, wenn man ihn in die Transportvertiefung legt. Wahrscheinlich ist er ein Bestandteil der Wege durch die Zeit oder etwas Ähnliches . . . Auf jeden Fall konnte ich meinen Revolver und den Armreif zusammen transportieren. Praktisch, nicht?«
    Er grinste zufrieden.
    »Die zweite gute Nachricht ist, dass hier eine brennende Fackel herumlag, als wir ankamen. Als hätte der vorige Besucher sie für uns dagelassen. Und der vorige Besucher . . .«
    Er sprach seinen Satz nicht zu Ende, weil er wusste, dass Sam die Andeutung auch so verstanden hatte. Denn falls seine Theorie stimmte, wurde ein Reisender, der eine Scheibe des Thot benutzte, um an einen Ort zurückzukehren, den er schon einmal besucht hatte, zu einem Zeitpunkt kurz nach seinem letzten Aufenthalt zurückgeschickt. Mit anderen Worten handelte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die Fackel, die Sam nach seinem Treffen mit Ahmousis hier hatte liegen lassen!
    »Welch eine Ironie des Schicksals, nicht wahr?«, strahlte Rudolf. »Du hast dir wirklich alle Mühe gegeben, diesen einzigartigen Moment zu erleuchten, in dem ich unsterblich werde! Und nun, mein Junge«, fügte er eilig hinzu, »musst du die Arbeit nur noch beenden. Wo ist der Ring?«
    Samuel antwortete nicht. Stattdessen suchte er unter den Grabbeigaben etwas, das ihm helfen könnte. Im Halbdunkel sah er zwei oder drei Tonkrüge, kleine Tierfiguren, mehrere Hocker, eine Lanze . . . Eine Lanze . . . Wenn es ihm gelingen sollte, damit seine Fesseln durchzuschneiden und sie dann als Waffe zu benutzen?
    »Du hast schon viel zu lange getrödelt«, warnte der Tätowierte. »Die Zeit läuft!«
    Sam ging hinüber zur nächstliegenden Wand, vor der eine große Statue des Thot umgeben von einer Unzahl Miniaturfiguren aufgebaut war. Er tat so, als würde er die schlichte Krone, die der Gott mit dem Ibiskopf in den Händen hielt, eingehender untersuchen, und inspizierte verstohlen die Lanze, die einen Meter neben ihm an der Wand lehnte. Es war keine Attrappe, sondern eine echte Waffe mit einer messerscharfen Klinge.
    »Ich könnte schon mal mit einer Kugel ins Knie anfangen . . .«, säuselte Rudolf.
    Sam schloss die Augen und konzentrierte sich ganz auf den doppelten Pulsschlag in seiner Brust. Der Ort war voller positiver Schwingungen, das spürte er sofort. Schon hatte sein Herzschlag sich dem Rhythmus des Sonnensteins angepasst. Das Halbdunkel erhellte sich kaum merklich und nahm einen zart hellgrünen Schimmer an, während die ihn umgebende Luft sich mit schwingenden Leuchtfäden zu füllen schien. Doch er spürte deutlich, dass seine Fähigkeit zur Verlangsamung äußerst begrenzt sein würde – immerhin hatte er sie bei Martha Calloway schon ziemlich ausgenutzt! Aber wie so oft hatte er keine andere Wahl.
    Mit dem Ellbogen stieß er den Speer um und klemmte ihn sich zwischen die Hacken. Dann kniete er sich über die metallene Klinge,

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