Der magische Reiter reiter1
Dinge, über die sie nicht nachdenken wollte.
»Komm zurück …«, hatte er gesagt, und sie hatte schon geglaubt, er würde den Satz mit »zu mir« beenden, doch dann hatte er sich hastig abgewandt.
Nun umklammerte Karigan das Heft des Schwertes mit eiserner Hand. Es war ein prächtiges Stück mit ziseliertem Griff, und in die Klinge war eine Jagdszene eingraviert. Hoffentlich musste sie keinen Gebrauch davon machen. Es war ein Jagdschwert, doch dieser Sport lag ihr nicht.
Ehe sie sich’s versah, hatten ihre müden Beine sie schon in den Schatten der Burgtore getragen. Ein seltsamer Anblick erwartete sie: Die Anti-Monarchie-Gesellschaft hatte sich dort versammelt, als wolle sie einen Plan schmieden. Karigan schlich sich in der Dunkelheit näher heran und hörte den vertrauten Tonfall von Lorilie Dorran, die in der Mitte der Gruppe stand.
»Wir können nicht leugnen, dass etwas Großes geschehen ist«, sagte Lorilie. »Doch selbst wenn Zacharias tot sein sollte und nun sein Bruder herrscht, sollte das an unseren Plänen
nichts ändern. Schließlich ist Monarchie in jeder Form Tyrannei, und dieser Monarch scheint noch tyrannischer zu sein als mancher andere.«
Ihre Anhänger schauten immer wieder flüchtig zu den Toren. Die standen weit offen, wurden jedoch von Soldaten in mirwellischem Scharlachrot gut bewacht. Ringsum in näherer Umgebung standen schemenhaft weitere, darunter auch Bogenschützen. Fackeln beleuchteten Leichen, die zu beiden Seiten des Tors von Haken baumelten.
Karigan würde sich sputen müssen, damit die Fackeln den Zauber der Unsichtbarkeit nicht aufhoben und die Mirweller ihre Anwesenheit mitbekamen. Zwei Wächter marschierten hinter den Toren auf und ab, so dass sie den richtigen Augenblick abpassen musste.
Die Anti-Monarchie-Gesellschaft löste ihr dichtes Gedränge auf und wandte sich trotzig den Toren zu. Wie aus einem Mund tönte sie: »Monarchie ist Tyrannei, kein König ist ein guter König. Monarchie ist Tyrannei …«
Die Wächter hinter dem Tor passierten einander, und Karigan raste über die Zugbrücke. Fast wäre sie in einen hünenhaften Soldaten gerannt, der im grauen Schleier ihrer Vision anscheinend aus dem Nichts heraus auftauchte. Sie wich gerade noch rechtzeitig aus, um ihn nicht zu rammen. Sie stürmte zum Wachhaus hinüber und presste sich gegen die kalte Steinmauer.
Stiefel pendelten über ihrem Kopf, Taue scheuerten an Holz. Das Geräusch drehte ihr den Magen um. Die Gehängten baumelten über ihr wie steife Marionetten, die irgendein Puppenspieler einfach zurückgelassen hatte, und das Flackern der nahen Fackeln verzerrte ihre blutleeren, erstarrten Gesichtszüge.
Der Wachposten, in den Karigan fast hineingerannt wäre, war einfach nur auf die Zugbrücke hinausgetreten, um die Anti-Monarchie-Gesellschaft besser in Augenschein nehmen zu können. Erstaunlicherweise schien er Karigan gar nicht bemerkt zu haben.
Sie tastete sich um das Wachhaus herum und sah, wie die Wächter hinter den Toren wieder auf und ab schritten.
Statt quer über den Hof zu laufen, drückte sie sich weiter am Wachhaus entlang, eilte an einem offenen Eingang vorbei, über dem Lampenlicht glühte, und unter dem Fallgitter hindurch. Auf der Innenseite des Tors angelangt, presste sie sich in die Schatten der Burgmauer. Einer der Wächter blieb überraschend stehen. Der andere gesellte sich zu ihm.
»Stimmt was nicht?«
»Nein … nur … ich dachte, ich hätte jemanden im Licht am Wachhaus gesehen.«
Sein Kamerad warf einen Blick in Karigans ungefähre Richtung. »Nichts zu sehen. Der Fackelschein kann den Augen üble Streiche spielen.«
»Glaub ich gern, wenn man bedenkt, dass da draußen diese Leichen baumeln.«
Karigan lauschte nicht länger, sondern stürmte über den Hof. Es gab hier einen überdachten Laufgang, der den Außenhof von den Ziergärten des Innenhofs trennte und beide Flügel der Burg miteinander verband. Ein kurzer Blick zum Haupteingang der Burg überzeugte sie davon, dass sie sich dort keinen Zutritt verschaffen konnte, weil er von Mirwellern schwer bewacht wurde.
Sie schwang die Beine über die niedrige Mauer in den Laufgang. Sicher würden hier die Wachen Streife gehen. Kaum war ihr der Gedanke gekommen, tauchten auf beiden Seiten des
Laufgangs Wachen mit Fackeln auf. Sie schritten aufeinander zu. Karigan hechtete über die niedrige Mauer des Innenhofs auf die andere Seite des Laufgangs und fiel im Innenhof geradewegs in eine Anzahl Rosensträucher.
Sie schrie
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