Der magische Reiter reiter1
verzweifelt. »Sie atmen noch. Sie vergiften die Toten.«
Zacharias legte dem Mann eine Hand auf die Schulter. »Ich habe das Recht, sie hierherzubringen. Ich habe kein Tabu gebrochen.«
»Sie müssen bleiben und Hüter werden. Sie dürfen nie mehr die lebendige Sonne sehen.«
»Nein«, sagte Zacharias. »Sie kommen mit mir. Sie beschützen mich. Sie beschützen alle die Grüfte.«
»Wie Ihr meint, mein Lord. Wie Ihr meint.« Agemon rückte seine Brille zurecht; Verzweiflung spiegelte sich auf seinen Zügen. »Doch die da«, und er deutete auf Karigan, »hat den Säbel der großen Ambriodhe berührt. Sie muss bleiben.«
»Nein«, sagte der König. »Du musst ihr den Säbel zurückgeben,
und sie muss damit fortgehen. Ich schwöre, dass der Säbel wieder hierher zurückkehren wird. Ich glaube nicht, dass die Erste Reiterin etwas dagegen hat.«
»Ich weiß nicht, ich weiß nicht.« Agemon schüttelte den Kopf, und seine verzweifelte Miene verdüsterte sich.
»Gib ihn ihr«, fuhr Brienne ihn an.
Agemon machte einen Satz nach hinten, dann hielt er Karigan den Säbel hin. Karigan nahm ihn entgegen und trat einen Schritt zurück.
Er warf ihr einen vernichtenden Blick zu, und seine Augen tasteten sie vom Scheitel bis zur Sohle ab, als wolle er abschätzen, ob sie es wert war oder nicht. »Die Toten haben sie ohnehin schon berührt. Ich schätze, ich habe nichts dagegen. « Eine kalte Hand schien sich bei seinen Worten auf Karigans Nacken zu legen.
Agemon wandte sich wieder dem König zu. »Der Vogelmann wird darüber nicht glücklich sein.«
»Westrion versteht das«, sagte König Zacharias. Er warf einen Blick zu Brienne. »Wir haben nicht die Zeit, darüber zu diskutieren.«
»Verstehe, mein Lord.« Sie nahm Agemon am Arm und zog ihn beiseite. »Agemon, du musst weiter deinen Pflichten nachkommen. Hast du begriffen?«
»Ja, ja.« Er schüttelte sie ab und verzog sich in den Gang. »Ich poliere die Rüstung des großen Heth. Ja, ja. Heth mit der Eisernen Hand. Ich poliere seine Rüstung.«
Brienne seufzte. »Tut mir leid, mein Lord, doch er ist der Oberste Hüter, und er fühlt sich verantwortlich dafür, dass die Ruhe der Toten nicht gestört wird.«
»Ich weiß«, sagte König Zacharias. »Ich nehme an, die anderen sind zu furchtsam, um sich zu zeigen.«
Sie lächelte. »Ganz recht. Einige würden nicht einmal mit uns reden. «
»Wie viele gibt es hier unten?«, fragte Karigan, die sich voller Abscheu vorzustellen versuchte, wie jemand in dieser Massengruft sein Leben fristen konnte.
»Vielleicht fünfzig, vielleicht hundert. Das ist schwer zu sagen, weil sie sich sehr zurückhalten. Manche haben eine Familie, die seit Generationen hier lebt. Von Zeit zu Zeit versuchen wir diese Familien nach oben umzusiedeln, doch oft genug können sie sich nicht anpassen. Es widerspricht allem, was sie gelernt haben, weil sie ihrer Meinung nach nie mehr das lebendige Licht sehen dürfen.«
Karigan runzelte angewidert die Stirn. »Wo leben sie?«
»Nicht weit weg von den Toten, in ihren eigenen Kammern. Das ist bei ihnen so üblich. Es war schon immer so.«
»Gehen wir weiter?«, schlug König Zacharias vor. »Ich schätze, Beryl und Hauptmann Mebstone befinden sich schon irgendwo innerhalb der Stadtmauern. Es wäre nicht gut für sie, wenn wir uns verspäten.«
DER ZORN EINER WAFFE
»Denkt daran, alter Mann«, sagte Beryl, »ich drücke Euch die ganze Zeit einen Dolch in den Rücken. Ein falsches Wort, und ich benutze ihn.« Mirwell saß gebeugt im Sattel, seine Knochen müde und kalt unter dem Baldachin der Nacht. Die Lampen der Stadt spendeten keine Wärme, nur ein eiskaltes Glühen. Wenn er wenigstens sein Bärenfell gehabt hätte, um es sich über die Schultern zu werfen. Die frühere Beryl Spencer hätte es ohne Zögern geholt, doch sie hatte sich verändert. Nein, sie hatte sich entblößt!
Sie ritt Knie an Knie mit ihm, als sie sich dem zweiten Stadttor näherten. Laren Mebstone ritt hinter ihnen, die graue Kapuze tief ins Gesicht gezogen, und daneben Reiter Connli, in die scharlachrote Uniform D’rangs gekleidet. Um die Illusion perfekt zu machen, ritt Mebstone auf Connlis grauem Hengst.
Wenn Mirwell weniger pragmatisch gewesen wäre, hätte die Ironie des Schicksals ihn vielleicht belustigt. Er und Beryl hatten praktisch die Rollen getauscht; nun war er der Gefangene und sie die Häscherin. Ihr schönes Gesicht, ihre harte Arbeit und ihre vermeintlich aufrichtige Loyalität hatten ihn zum Narren
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