Der magische Reiter reiter1
Baumstamm hinauf, und die Fältchen unter seinen Augen vertieften sich, als er lächelte.
Sie ließen die Kiefer hinter sich und umrundeten einige junge Fichten, die im Schatten auf die Gelegenheit warteten, heranzuwachsen. Die Nachmittagssonne verblasste, und mattes Zwielicht herrschte im Wald, als sie weiterzogen. Abram blieb mit geneigtem Kopf stehen und horchte. Schläge waren
zu hören, nicht das Rattatatt eines Spechts, sondern eher der Hieb einer Axt gegen Holz.
»Wir nähern uns der Grenze«, sagte Abram, »doch das erscheint mir dennoch zu nah.«
Ohne ein weiteres Wort huschte er davon, trotz seiner Masse überaus flink und behände. Karigan sah ihm einen Augenblick entsetzt nach, bevor sie Pferd antrieb, ihm im Schritt zu folgen. Abram hatte nicht übertrieben, als er gesagt hatte, seine langen Beine würden es ihm ermöglichen, sogar mit einem Pferd mitzuhalten.
Zwei Männer droschen mit großen Äxten auf einen Baum ein. Einen weiteren hatten sie schon gefällt. Zwei Ochsen standen wiederkäuend in der Nähe, und ein Schlitten war an ihrem Geschirr befestigt, damit sie das Holz fortziehen konnten. Die beiden Männer hörten nicht, wie Abram und Karigan sich näherten, so vertieft waren sie in ihre Arbeit.
»Halt!«, brüllte Abram.
Karigan wäre nicht überrascht gewesen, wenn auf seinen Befehl hin ganz Sacoridien innegehalten hätte. Sogar die Bäume erbebten. Die beiden Männer verharrten mitten im Schlag, und Entsetzen zeichnete sich auf ihren Gesichtern ab, als sie Abram erblickten.
»Ihr befindet euch auf dem Land des Königs.« Abram stemmte die Fäuste in die Hüften. Das Sonnenlicht brach sich in der Schneide seiner Axt.
Die beiden Männer wechselten einen Blick und hoben verteidigend die Äxte. »Der König schlägt hier niemals Holz«, sagte einer und spuckte aus. »Er kann diesen Wald nicht ewig schützen.«
Die Stimme des zweiten Mannes klang weniger selbstsicher. »Die Nachfrage nach Papier wird bald …«
»Ihr brecht das Gesetz des Königs«, unterbrach Abram ihn mit fester, unerbittlicher Stimme. »Wer sich an den Bäumen oder wilden Tieren des Königs vergreift, wird mit dem Tode bestraft. Was diesen Wald betrifft, ist es meine Aufgabe, dem Gesetz des Königs Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.«
Die Miene des ersten Mannes verfinsterte sich, doch der zweite verlor den Mut. Karigan warf Abram einen entsetzten Blick zu. Sein Gesichtsausdruck war nicht zu deuten. Er würde doch wohl nicht …
Abram machte einen Schritt nach vorn, und der erste Mann hob die Axt, diesmal zum Angriff. Abram hechtete auf ihn zu und packte die Axt, entriss sie dem Mann und brach sie über dem Knie entzwei. Der andere Mann ließ seine Axt freiwillig fallen.
»Karigan«, sagte Abram schwer atmend, »hier müssen wir uns trennen. Norden ist nicht mehr weit.«
»Was habt Ihr vor?«
»Lebe wohl, Grüne Reiterin.« Er nickte zum Abschied. »Es war schön, dich kennenzulernen.«
»Ich …« Abrams Blick sagte ihr, dass sie sich besser sputen sollte. »Leb wohl«, rief sie. »Danke.« Doch er hatte sich schon wieder den beiden Männern zugewandt und hörte sie nicht mehr.
Karigan bekam noch mit, dass der erste Mann ihr einen finsteren Blick zuwarf, als sie davonritt. Abram würde die beiden gewiss nicht mit dem Tode bestrafen. Das entsprach nicht seiner Natur. Aber das wussten die beiden Schurken nicht.
Die Bäume hörten einfach auf. Zum ersten Mal seit Beginn ihrer merkwürdigen gemeinsamen Reise waren Karigan und
Pferd in hellen Sonnenschein getaucht. Pferd schnaubte und tänzelte zur Seite, und Karigan beschattete ihre Augen, bis sie sich an das Licht gewöhnt hatten. Sie stieß einen leisen Pfiff aus. Soweit das Auge reichte, war das Land eine Ödnis aus Baumstümpfen. Lediglich auf den fernsten Hügelkuppen konnte sie Bäume entdecken. Und natürlich hinter sich.
Sie ritt am Waldrand entlang, bis sie auf die Straße stießen. Karigan schaute sich vorsichtig um, bevor sie sie betraten. Die Straße war ein einziger Morast aus unzähligen Hufabdrücken; dünne Rinnsale flossen in den Furchen, die die Kufen der Holzschlitten in die Oberfläche gegraben hatten. Sie galoppierten leicht dahin, einerseits, um dem traurigen Anblick des abgeholzten Waldes zu entkommen, doch andererseits auch, um Norden noch vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen. Die fehlenden Bäume setzten sie neugierigen Blicken aus, so dass Karigan sich schrecklich verwundbar fühlte.
Als die Sonne unterging, kam ihnen in
Weitere Kostenlose Bücher