Der magische Stein
langsamer zu fahren, denn bald würden wir die Straße verlassen müssen und in die noch dichtere Einsamkeit der Landschaft hineinfahren.
»Gibt es überhaupt eine Straße?«, fragte ich.
»So etwas Ähnliches...«
»Ha, das ist gut.«
»Jetzt müssen wir nach links. Achtung!«
Ich fuhr bereits im Schritttempo und spielte sicherheitshalber mit dem Fernlicht.
Es knallte in die leere Landschaft hinein und zerriss die Dunkelheit. Weit vor uns wurde ein Hase geblendet, der mitten auf dem Weg stehen blieb.
Die Einmündung war wirklich nur zu sehen, wenn man die Gegend hier kannte. Und Mandy hatte sich leider nicht geirrt. Wir rollten in einen Feldweg hinein, dessen Untergrund ziemlich aufgerissen war, sodass der Rover Probleme hatte, in der Spur zu bleiben. Es gibt immer wieder etwas Positives, und so war es auch hier.
In den letzten Tagen war das Wetter stabil geblieben. Man konnte sogar von einem wunderbaren Spätsommer sprechen, und der hatte zum Glück keinen Regen gebracht, sodass der Untergrund trocken war und wir nicht Gefahr liefen, stecken zu bleiben.
Die Räder drehten nicht mal durch, und so hatten wir nur das Schaukeln zu ertragen.
Das Fernlicht wies uns den Weg. Auf den ersten Metern war es noch ins Leere gestoßen, was sich nun änderte. Plötzlich sahen wir ein Hindernis vor uns.
Es gab keine Felder mehr. Sie waren von einem lichten Wald abgelöst worden, in dem unterschiedlich hohe Bäume wuchsen. Jedes Gewächs bekam Platz genug, um sich auszubreiten, und das Scheinwerferlicht stach in die breiten Lücken, die auch für uns wichtig werden würden.
Ich ließ den Wagen ausrollen, als der flache Weg einen hohen Buckel zeigte. »Reicht das?«
»Klar«, sagte Mandy.
Ich stellte den Motor ab und drehte den Kopf, damit ich die junge Frau anschauen konnte.
Gut ging es ihr nicht. Wie angeklebt hockte sie auf dem Rücksitz. Auch mein Lächeln heiterte sie nicht auf. Es war klar, dass dieser Ort bei ihr die Gefühle hochkochen ließ, aber sie hatte in den sauren Apfel gebissen und musste ihn jetzt essen.
»Ist es noch weit?«, wollte Suko wissen.
»Nein, wir müssen in den Wald, wo übrigens Eichen die Mehrzahl bilden.«
»Verstehe«, sagte ich. »Hat man die Druiden nicht auch die Eichenkundigen genannt?«
»So ist es.«
Es war genug geredet worden. Wir wollten keine Zeit mehr verlieren und stiegen aus. Eine angenehme Luft umwehte uns. Der kühle Wind, der Geruch nach frischem Grün... Das konnte uns schon gefallen.
Ich übernahm die Spitze. Mandy Gilmore hatte von Eichen gesprochen. Ein Baumfachmann war ich nicht, aber ich wollte schon sehen, ob sie Recht hatte.
Ja, es gab sie. Ich erkannte es nicht nur an den Eicheln auf dem Boden, es waren auch die so typischen Blätter, die selbst ein Laie wie ich kannte.
Wenn ich diesen Ort aus der Entfernung als Wald angesehen hatte, so musste ich meine Meinung jetzt revidieren. Es war kein richtiger Wald, dafür standen die Bäume einfach nicht dicht genug. Hier schienen sie im Laufe der Jahrhunderte vereinzelt auf einer großen Wiese gewachsen zu sein.
Mandy blieb bei Suko. Ich hörte, dass sie miteinander sprachen. Sie redeten so leise, dass ich nichts verstand. Wenn es wichtig war, würde ich es schon erfahren.
Ich kam mir vor wie in einem großen Dom. Die Bäume waren die Säulen, aber sie hatten nicht wirklich viel zu tragen, denn das Dach war doch recht durchlässig. Es war mehr Himmel zu sehen als Blattwerk.
War das hier ein magischer Ort? Konnte hier das Tor nach Aibon geöffnet werden?
Äußerlich wies nichts darauf hin. Vielleicht hatte ich auch nicht mehr den richtigen Blick dafür, aber Mandy hatte uns bestimmt nicht zum Spaß hergeführt.
»John, bitte, halt an«, rief sie leise.
Ich tat ihr den Gefallen. Sie kannte sich hier aus. Für mich war die Zeit gekommen, mich zu konzentrieren und mich auf etwas Neues einzustellen. Die Welt um mich herum war mir einigermaßen vertraut. Wälder kannte ich, da gab es keine Probleme, aber wo, zum Henker, befand sich das Tor nach Aibon?
Es gibt magische Orte auf der Welt, da spürt man, dass etwas anders geworden ist. In deren Umgebung schwang etwas, als sollte eine Botschaft verbreitet werden.
Hier suchte ich vergeblich danach. Ich kam mir wirklich vor wie in einem normalen Wald stehend. Die hohen Bäume um mich herum, ihr dichtes Blattwerk, der Duft, der mich von allen Seiten her erreichte, der weiche Boden...
Aber ich fand keinen Hinweis auf Aibon.
Mein Kreuz konnte ich vergessen. Es
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