Der magische Turm
sagte Mythor hastig.
»Ich zuerst!« rief Cheek.
»Erschrick nicht!« warnte Merwallon. »Wir kommen.«
Es geschah gar nichts. Er spürte nichts. Er dachte nur, dass alles doch nur eine Illusion sei wie die übrigen Kreaturen im Turm.
Dann dachte Mythor unvermittelt, dass Sadagar und der Lorvaner und Kalathee unten warteten. Und er fragte sich, wie viel Zeit wohl verstrichen sei. Aber noch immer fiel Tageslicht durch die schmalen Maueröffnungen.
»Merwallon! Keethwyn! Cheek?« rief er halblaut und kam sich verrückt vor dabei. Er erhielt auch keine Antwort, weder aus dem Raum noch aus seinem Inneren.
Ein langgezogener Laut drang über die Treppe herab, einem menschlichen Schrei nicht unähnlich und doch völlig unmenschlich. Er hatte ihn schon einmal vernommen, als er sich im Stockwerk unter diesem befand. Da hatte er gedacht, es käme aus diesem. Doch nun kam es von weiter oben.
Er wusste, dass er seinem Ziel schon nahe war. Aber die Prüfungen waren mit jedem Stockwerk schwerer geworden. Was da oben mit diesem grauenvollen Laut auf ihn wartete, mochte stark genug sein, alle seine Träume hier zu beenden. Es hatte beinahe geklungen wie die Laute des Gläsernen Schwertes. Gab es in diesem Turm vielleicht eine zweite Klinge wie seine?
Er wog sie bedächtig in der Rechten. Sie war eine gute Waffe, das hatte er oft genug erfahren. Früher oder später würde sich zeigen müssen, wie gut sie war.
Entschlossen stieg er die Stufen hoch.
*
Mythor wappnete sich innerlich, als er das nächste Stockwerk betrat, und kämpfte die Enttäuschung nieder.
Nichts, was auf den Helm hindeutete. Nur ein leerer Raum und eine neue Prüfung. Neue unsichtbare Gefahren. Neue Unwirklichkeiten. Er hielt nach dem Aufgang in das nächste Stockwerk Ausschau.
Er fand keine Treppe, nur eine mächtige, düstere, reglose Gestalt von groben menschlichen Formen. Sie ragte vom Boden bis zur Decke hoch. Sie schimmerte matt, nicht nach Metall, mehr wie geschliffener Marmor.
Die Gestalt saß auf ihren Fersen, der Oberkörper war aufgerichtet, die Hände auf die Knie gestützt. Sie war nackt. Das Gesicht war von einer dämonischen Kälte, ein Eindruck, der verstärkt wurde durch das eine übergroße Auge auf der Stirn.
»Eine Statue«, murmelte Mythor. »Sie muss der Aufgang sein.«
Er war vorsichtig. Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen, bis er etwa den halben Raum durchquert hatte.
Sein ganzer Rücken kribbelte, und er hatte das Gefühl, dass die Statue ihn beobachte.
Mehr noch, sie wirkte plötzlich wie ein lebendes Wesen. Ein klagender Schrei kam aus ihrem Mund, wie ihn Mythor schon vernommen hatte. Und mehr denn je erinnerte es ihn an die klagenden Laute Altons, wenn er die Klinge im Kampf führte.
Der Schrei wurde lauter und gewaltiger, als Mythor näher kam. Plötzlich begann das dunkle Auge an der Stirn zu glühen wie ein Rubin im Widerschein eines Feuers. Mythor vernahm eine donnernde Stimme: »Ich bin Cyclom, der Wächter des Wolkenhorts. Hier ist dein Weg zu Ende, Sterblicher, wenn nicht ich dir selbst das Tor öffne.«
Mythor tat einen weiteren Schritt vorwärts. Ein heller Strahl drang aus dem Auge und traf auf den metallenen Boden vor Mythor wie eine Lache von Blut.
Mythor wich erschrocken zurück. Er hob Alton abwehrend. Es war eine pure Reflexhandlung. Er tat es, ohne zu denken.
Die Klinge tauchte in das rote Licht, spiegelte es wider. Einen Atemzug lang huschte der reflektierte Spiegelstrahl über die Statue.
Sie schrie wie ein lebendes Wesen vor Schmerz und Wut. Eine dünne Spur von Rauch stieg auf, und ein Riss öffnete sich mit einem berstenden Geräusch. Das rote Licht erlosch. Das Auge war dunkel.
Stille herrschte darauf, bis Mythor entschlossen sagte: »Höre mich, Cyclom, ich bin Mythor. Ich werde gegen dich kämpfen, wenn das der einzige Weg ist. Ich begehre Einlass zu Althar. Ich begehre den Helm der Gerechten!«
Wieder folgte eine längere Stille, bis Mythor dachte, das rote Licht hätte alles Leben in dem Koloss zum Erlöschen gebracht.
Er ging zögernd einige Schritte auf ihn zu. Da glühte das Auge erneut auf. Doch diesmal war es kein Lichtstrahl, diesmal war es eine unsichtbare Kraft, die nach Mythor griff und ihn wie ein welkes Blatt zurückschleuderte, dass er benommen liegenblieb.
»Wurm!« dröhnte das Geschöpf. »Du wirst Abstand halten, bis es mein Wille ist, dass du eintrittst!«
Die Benommenheit verflog rasch. Mythor erhob sich.
Merwallons Stimme war plötzlich in ihm, in seinen
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