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Der magische Wald

Titel: Der magische Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kaerney
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Birken und Buchen waren mit unglaublicher Geschwindigkeit aus dem Boden geschossen. Sie waren schon fast hüfthoch und zitterten in der leichten Brise. Es lag ein schwerer Geruch von Wachstum in der Luft, wie von frisch gewendetem Mutterboden. Der Ort sah aus, als sei er für ein Jahr verlassen gewesen. Sie sattelten die Pferde ab, fütterten sie mit Nennians Vorräten und ließen sie in den Überresten von Nennians Ziegengehege frei herumlaufen. Dann tranken sie beide von dem klaren Wasser aus dem Bach, der über die Lichtung floß. Es war köstlich, und sie spürten seine Kälte an den Zähnen. Michael sah Cat über den Bach hinweg in die Augen und wußte, daß sie jetzt menschlich war, jedenfalls so menschlich, wie sie überhaupt sein konnte. Er fragte sich, ob sie beide eine Chance hatten, ob es in seiner Welt einen Platz für sie gab. Er fühlte sich mit seinem heimlichen Entschluß, nach Hause zu gehen, schuldig wie ein Mörder. Konnte er sie dazu bringen, ihn zu begleiten? Sie durchstöberten das Anwesen auf der Suche nach Nahrungsmitteln und fanden hauptsächlich Räucherfleisch; das Gemüse im Garten, das noch nicht vom Unkraut überwuchert worden war, und einen Topf mit Honig. Es war nicht genug für Cats süßen Geschmack, und entschlossen attackierte sie die Bienenkörbe, riß Hände voll Honig und Wachs heraus, während die erzürnten Bienen, die sich in der Kälte nur träge bewegen konnten, ihren Kopf umschwirrten. Als sie sich mit Michael zum Schlafen legte, war ihr Haar honigverklebt und ihr Gesicht von Stichen angeschwollen. Aber ein Grinsen lag auf ihrem klebrigen Gesicht. Er fühlte eine leichte Abscheu. In der Nacht bewegte sich etwas durch den Wald am Rande der Lichtung, und die Pferde wurden unruhig. Michael hinkte mit gezücktem Schwert vom Feuer und lauschte dem Knacken der Äste und den dumpfen Schritten. Etwas Großes umkreiste das Anwesen; er konnte seinen Atem spüren, die wachsamen Augen und nahm schwach den Gestank wahr, der von dem Wesen ausging. Aber vielleicht hing noch etwas von Nennians Glaubenskraft über dem Anwesen, denn in den frühen Morgenstunden verschwand ihr Besucher wieder tief im Wald. »Was war das?« fragte er Cat. »Ein Troll vielleicht. Wer weiß? Es heißt, daß es im Wolfswald Wesen gibt, die noch nie jemand gesehen hat. Wie die Baumwölfe, mit denen wir zu tun hatten. Ich glaube, die Zeit, in der der Wald uns ignoriert hat, ist vorüber, Michael. Es fängt wieder an.« Mit einem Gefühl des Bedauerns verließen sie Nennians Anwesen. Die Pferde waren mit allen Vorräten beladen, die sie gefunden hatten. Bündel von Hühnern hingen an den Sätteln und zwei frisch geschlachtete Ziegen. Als sie aufbrachen, warf Michael noch einen Blick zurück und sah, daß kleine Zweige aus Nennians Kreuz gesprossen waren und seine Umrisse verschwimmen ließen. Es war zu einem Baum geworden, lebendig und wachsend. Immer weiter ging die Reise, wie der vierzigjährige Zug durch die Wüste. Nur daß am Ende kein Kanaan auf sie wartete. Michaels Schenkelwunde verheilte langsam, und er konnte die Krücke wegwerfen. Die Pferde kamen dank Nennians Gerstenkörnern wieder zu Kräften und nahmen zu. Sie kamen besser voran, und das war auch gut so, denn immer wieder sahen sie aus den Augenwinkeln Schatten im Wald, dunkle Umrisse, die im Dämmerlicht des Waldes lauerten. Sie begannen, für die schwärzesten Stunden der Nacht Wachen einzuteilen, und waren sich der Bewegungen und der seltsamen Geräusche außerhalb des Lichtkreises des Feuers immer bewußt. Aber sie entfernten sich immer weiter aus dem Herzen des Wolfswaldes. Zweimal wurden sie von Kobolden angegriffen. Die untersetzten Gestalten lösten sich plötzlich aus den Bäumen und trafen auf Michaels Schwert und Cats Pfeile. Jedesmal konnten sie die Angreifer in einem blutigen Gemetzel zurückschlagen, und die Leichen ihrer Gegner übersäten den Lagerplatz. Die Angriffe waren unorganisiert und überhastet, die Grymyrchs stürmten in kleinen Gruppen anstatt in Wellen vor. Michael und Cat erlitten kaum einen Kratzer.

    Schließlich wurde der Wald lichter, und das Gelände fiel ab. Die Bäume wurden kleiner, und es gab genügend Licht, um Unterholz sprießen zu lassen. Es gab Vögel, Wild und klares Wasser. Cat lachte laut und warf ihre schwarze Haarmähne zurück. Es war nach der düsteren Enge des Wolfswalds wie ein Paradies. Sie fühlten sich, als seien sie einer Gefangenschaft entkommen und konnten wieder einen Blick auf die echte,

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