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Der magische Wald

Titel: Der magische Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kaerney
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den Augen zu glühen. »Jesus!« flüsterte Michael. Dort am Boden war jetzt kein Mann mehr, sondern irgendein riesiges, mißgestaltetes Tier mit einem mächtigen Brustkorb, langen Gliedern und schwarzem Fell. Eine Hand, oder jetzt vielmehr eine Pfote, kam frei ... Und ein Speer wurde dem Wesen mit aller Macht in den Brustkorb gerammt, nagelte es an den Boden. Der Tiermensch schrie, und Michael hörte aus den umliegenden Wäldern das verzweifelte Antwortgeheul von mehr als einem Wolf. Aber der Todeskampf des Wesens ging jetzt seinem Ende entgegen. Noch mehr Speere wurden in den noch zuckenden Körper gespießt. Er wurde ein halbes Dutzend Mal gepfählt. Das Leuchten in den Augen erlosch. Sofort knieten die Fuchsmänner nieder und bearbeiteten den leblosen Körper mit ihren Messern. Michael glaubte, einen von ihnen weinen zu hören, aber der Regen prasselte zu laut durch die Bäume, als daß er hätte sicher sein können. Er war naß bis auf die Knochen, bemerkte es aber kaum.

    Seine ganze Aufmerksamkeit galt der bestialischen Szene im Licht des niederbrennenden Feuers. Sie standen auf, und einer von ihnen hielt eine glitschige, dampfende Masse in beiden Händen. Sie ließen die ausgenommene Leiche hinter sich und legten neues Holz in das Feuer. Ein zwei Fäuste großes Fleischstück wurde auf den Spieß geschoben. Blut strömte zischend in die Glut. Die Männer leckten sich die Finger ab und setzten sich wieder ans Feuer. Zwei von ihnen bedeckten ihre Gesichter mit den Händen. Alle begannen ein leises Wehklagen. Sie sahen zu, wie das Herz das Wesens über dem Feuer geröstet wurde, drehten es ab und zu mit einem blutigen Messer. Sie alle waren über und über mit Blut beschmiert, und ihre Gesichtsbemalung lief ihnen in langen Streifen über die schmutzigen Gesichter. Noch bevor das Fleisch gar war, schnitten sieStückedavon herunter undaßensie. Sie hielten die Bissen erst dem Himmel entgegen, bevor sie sie mit großem Ernst hinunterschluckten. Sie aßen das ganze Herz. Manchmal streiften sie etwas geronnenes Blut ab und bissen zähe Stücke mit heftigen Kopfbewegungen ab. Als sie ihr Mahl beendet hatten, holte einer von ihnen einen gut gefüllten Trinkschlauch unter seinen Fellen hervor, trank daraus und gab ihn weiter. Sogar Michael konnte von seinem Versteck aus den scharfen Geruch des hochprozentigen Branntweins riechen. Jeder nahm einen langen Schluck, dann wischten sie sich über ihre klebrigen Gesichter, und zwei von ihnen gingen wieder zu der Leiche und begannen damit, sie abzuhäuten, auszunehmen und vollständig zu zergliedern, als handele es sich um ein Kalb. Mit einem schauerlichen Geräusch schabten die Steinklingen der Messer über Knochen, dann ertönte ein scharfes Knacken, und der grausige Kopf des Wesen rollte über den Boden. Die Zähne blitzten kurz im Licht der Flammen auf. »Michael! Michael!« Eine vertraute Stimme drang durch das Prasseln des Regens und das Knistern des Feuers. Michael zuckte zusammen. Die Stimme seines Großvaters, drüben von den Feldern hinter dem Wald. Die Fuchsleute zeigten keinerlei Anzeichen, daß sie etwas gehört hatten. Es war kein Teil ihrer Welt, begriff Michael. Er zog sich vorsichtig zurück, bemerkte jetzt erst, daß er in dem kalten Regen fast starr geworden war. Er war müde und kroch unbeholfen über den Boden, aber das Geräusch des Regens deckte seinen Rückzug. Das Licht des Feuers blieb zurück und verschwand dann, als hätte jemand es ausgeknipst. Er sah vor sich den hellen Streifen des Waldrandes, die Gestalt mit der brennenden Laterne, hell wie das Feuer, von dem er gerade kam. Pat, sein Großvater, stand groß wie ein Hügel im strömenden Regen und rief nach ihm. Michael platschte durch den Fluß, ließ den nassen Wald hinter sich und stieg mühsam den Wiesenhang hinauf, benommen und völlig verwirrt. Tante Rachel ging Michael in den nächsten Tagen aus dem Weg. Sie war ständig gereizt. Michael tat es ab als eine der zahlreichen Überspanntheiten, die allen Erwachsenen eigen waren. Er war noch nicht alt genug, um Groll oder Mißgunst gegen jemanden zu hegen, begriff nicht, was das eigentlich genau war. Er wollte noch einmal zum Fluß gehen und den Ort in Augenschein nehmen, an dem das fürchterliche Mahl der Fuchsleute stattgefunden hatte, zum Teil, um sich vergewissern, daß er nicht geträumt hatte, zum Teil aus einer morbiden Neugier heraus. Aber die kurzen Tage und die Schinderei von Schule, Hausaufgaben und den ›kleinen Aufträgen‹, die

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