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Der magische Wald

Titel: Der magische Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kaerney
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waren. Es kostete ihn große Mühe, die Worte seinem Verstand zu entreißen, dabei war es einmal die Sprache gewesen, in der er geträumt hatte. Der Grund dafür war, daß er so nah am Ziel war, so weit entfernt vom Inneren des Waldes. Mirkady hatte ihn davor gewarnt: daß der Wald Wurzeln und Fühler in das Bewußtsein schiebt, so sicher, wie die Bäume ihre Äste ausstrecken. Sie wichen langsam von ihm, zogen sich zurück, aber er glaubte, daß einige von ihnen immer dort sein würden, egal was die Zukunft für ihn bereithielt.

    Ringbone meldete ihnen, daß das Land verlassen war, daß der Wetterumschwung die Geschöpfe des Waldes in ihre Bauten und Höhlen getrieben hatte. Sogar die Trolle verhielten sich still, bis der Kälteeinbruch vorbei war. Aber Geruch blieb bei solchem Wetter lange haften. Gutes Wetter für Jäger. Der Schnee knirschte. Cat hatte ihr Maultier ein Stück vorangetrieben. Sie warf ihre Kapuze zurück. »Wir sollten die Gelegenheit nutzen und weiterreiten, Michael, damit wir den Waldrand vor Einbruch der Dunkelheit erreichen. Es ist die letzte Gelegenheit für sie, uns aus dem Schutz der Bäume heraus anzugreifen.« Er ruckte. Dann sprach sie Ringbone in seiner eigenen Sprache an, und Michael verzog angesichts seiner Unfähigkeit, dem Gespräch zu folgen, unwillig das Gesicht. Der Fuchsmann schien ihr zuzustimmen.

    Er lief voran in die Bäume und bedeutete ihnen zu folgen. Ringbone war allein. Der Rest seines Stammes — diejenigen, die mit dem Leben davongekommen waren — war weitergezogen, denn dieser Teil der Welt gehörte nicht zu ihrem Gebiet. Nach einer Weile standen die Bäume weniger dicht beieinander. Eine dicke Schneeschicht bedeckte den Boden zwischen den Bäumen. Es war eine große Erleichterung, reiten zu können, ohne ständig niedrigen Ästen ausweichen zu müssen und später über sich die ersten kaltfunkelnden Sterne am Himmel zu sehen. Michael und Cat kamen an das Ende des Waldes, stiegen ab und blickten aus den letzten Ausläufern des Waldes hinaus auf eine unendlich wirkende Fläche, einen langsam ansteigenden Landstrich mit schneebedeckten Hügeln, auf denen das Sternenlicht glitzerte. Endlich offenes Land. »Utwyda«, sagte Ringbone. Sein Atem bildete eine dampfende Wolke. Der Ort jenseits der Bäume. Schnell griff die Kälte nach ihnen, und sie wandten sich der vertrauten Routine des Lageraufschlagens zu. Feuermachen, Unterschlupf, Pferde versorgen -jeder hatte seine zugewiesene Aufgabe. Eine knappe halbe Stunde später saßen sie im gelben Licht des knisternden Feuers. Sie aßen einen Hasen, den Ringbone gestern erwischt hatte, und lehnten sich dann wie die Fürsten zurück. Dunkel ragten die Bäume um sie herum auf. Auf der einen Seite war eine helle Stelle. Dort hörte der Wald auf, und die Hügel begannen. Sie würden morgen den Wald vierzig Meilen weit hinter sich zurücklassen, aber für heute rollten sie ihr Bettzeug zum letzten Mal im Laub aus. Es war Cats Welt, die sie hinter sich zurückließen, das Land, das sie am besten kannte und am meisten liebte. Es war auch Ringbones Welt. Michael fragte sich, ob Cat lieber mit ihm umkehren würde, zurück in die Wälder und zu der Elfenexistenz, die sie gewohnt war. Sie schob sich in Michaels Arme und lag dort wie ein Kind, während er sein Gesicht in ihrem herrlichen Haar vergrub, das jetzt fettig und verfilzt war. Dort, am Lagerfeuer nach dem erschöpfenden Tagesritt, erzählte Ringbone ihnen eine Geschichte. Es war eine Geschichte, die Michael schon einmal gehört hatte, wenn sie damals auch von einem anderen Standpunkt aus erzählt worden war. Es schien der Ursprungsmythos aller Waldvölker zu sein, die Geschichte ihrer Entstehung. Er begriff sogar die Bedeutung der Wörter, da er sie so gut kannte. Er hatte den Verdacht, daß Ringbone ihnen die Geschichte erzählte, um sie zu trösten, wie auch sich selbst, hier am Rande des Waldes. Es war eine Sage seines Volkes, aller Völker des Waldes und der Hügel. Sein Stamm bestand einst aus Kriegern, sagte er, sie hatten im Dienste der Menschen gestanden, die in den Dörfern und Festungen lebten. Aber sie waren ihrer Pflichten überdrüssig geworden — dem Kontrollieren der Herden und dem Eskortieren von Wagenzügen -und in den Wald gezogen, um dort ihr eigenes Leben zu führen. Einige der Frauen aus den Dörfern hatten sie mitgenommen. Sie hatten sich in kleine Gruppen aufgelöst, hatten sich zersplittert wie ein Baum nach einem Blitzschlag und sich zu Stämmen

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