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Der magische Wald

Titel: Der magische Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kaerney
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ist der Schwarze Reiter?« Sie warf ihm einen düsteren Blick zu. »Der Teufel. Er sucht Seelen. Die schwarzen Wölfe begleiten ihn manchmal, und die Menschenwölfe.« »Menschenwölfe? Du meinst Werwölfe?« »Wie auch immer. Sie sind die schlimmsten der Bestien. Sie tragen Krankheiten mit sich und können sich durch Ansteckung vermehren, wenn sie es wollen. Schreckliche Wesen.« »Einer war hinter uns her.« Sie nickte. »Schreckliche Wesen. Diener des Satans nennen die Dorfbewohner sie. Sie stehlen Säuglinge und trinken Blut. Und dann ist da der Wald selbst. Er weiß Dinge. Er lebt, genau wie du und ich, und er erinnert sich an alles, was er gesehen hat.« Sie schwieg einen Moment und blickte empor zu dem Ästewirrwarr über ihnen. »Ich liebe den Wald.« »Ich liebe dich«, sagte er aus einem Impuls heraus.EinfacheWorte,einschüchternd und bedeutungsvoll. Sie nahm seinen Kopf zwischen ihre langen Hände. Für einen Augenblick lachte sie einmal nicht. »Ich weiß.« Sie erzählte nicht weiter, sondern packte die Reste des Frischlings in Michaels Jagdtasche. »Mach das Feuer aus. Pinkel darauf, wenn du kannst. Deck es mit Erde zu. Das Blut auch. Wir müssen weiter.« Er löschte die kleinen Flammen aus und bedeckte sie mit feuchter Erde. Als er fertig war, bestreute Cat die Stelle mit Laub und Zweigen, bis sie sich nicht mehr vom Waldboden unterschied. Der Geruch des Feuers und des Bluts lag immer noch in der Luft. Cats Nasenflügel blähten sich wie die Nüstern eines Rehs. »Wir beeilen uns besser. Das Blut wird irgend jemanden anlocken, sogar am Tage.« »Bringst du mich jetzt nach Hause?« »In der Tat.« »Wo ist denn dieser Durchgang? Müssen wir diesen Weg zurück?« »Eine ordentliche Strecke. Etwa ein Tagesmarsch, nicht mehr. Nimm dein Messer.« Es war schon fast Mittag, schätzte er. Seine Großmutter würde jetzt den Lunch vorbereiten. Sie zogen weiter, Cat mit schwingenden Armen, frei und unbehindert, er selbst beladen mit Gewehr und Tasche, Stiefeln und Mantel. Michael Fay, der unerschrockene Eroberer. Der Nachmittag brach an. Es war warm, und der Herbst zeigte sich nur in dem frischen Wind, der durch die Baumwipfel wehte. Ab und hörten sie ein Rascheln, bemerkten eine Bewegung im Unterholz oder schreckten ein Reh auf. Einmal beäugte sie eine große Ohreule von einem Eichenast aus. Sie trafen auch auf andere Dinge: auf einen Baum, der von Geißblatt und Heckenrosen überwuchert war, deren Blüten abgefallen waren. Am Fuß des Baumes lag ein Haufen Knochen und zerbrochene Speere. Michael nahm eine meisterhaft gearbeitete Speerspitze aus dem Haufen. Sie war blattförmig und rasiermesserscharf. Er sah Cat an, aber sie blickte finster und bedeutete ihm, die Klinge zurückzulegen. Sie sagte ihm, daß dieser Ort das Heiligtum irgendeines Stammes sei, das man am besten unberührt lasse. Später kamen sie an eine kleine Waldlichtung, die langsam wieder von Baumschößlingen und Gestrüpp zurückerobert wurde. Zwischen der wuchernden Vegetation fanden sich die zerfallenden Überreste von Flechtwerkmauern, Strohdächern, grob gemauerten Steinöfen, zurückgelassenen Fellen und eine Grube voller Knochen und Schmeißfliegen. Und an einer Stelle saß eine eingetrocknete Leiche mit dem Rücken an einem Baumstamm. Aller Geruch war schon von ihr gewichen. Die Jahreszeiten hatten sie ausgedörrt. Aus irgendeinem Grund hatten die Tiere sie unbehelligt gelassen. Leere Augenhöhlen starrten aus einem schwarzen Gesicht auf das verlorene Dorf. Hautreste spannten sich wie ein Trommelfell über den Schädel. Schweigen lag über der Lichtung, und die Sonne hatte sich hinter Wolken verzogen. Michael spürte, daß hier etwas Schreckliches geschehen war, irgendeine Katastrophe sich ereignet hatte. Er und Cat eilten wortlos weiter, ließen die Leiche auf ihrem Wachtposten zurück.

    Der Wald wurde dichter und dunkler, und es bewölkte sich immer mehr. Sie mußten sich durch Dickicht kämpfen. Michael verfluchte die Jagdtasche, die immer wieder irgendwo hängenblieb, und schlug mit dem Lauf seines Gewehrs Äste zur Seite. Regen. Zuerst war es nicht mehr als ein Hauch von Feuchtigkeit in der Luft, aber bald schon verdichtete er sich zu einem beständigen Nieseln, das Cats Haar an ihren Rücken klebte und ihren Umhang durchsichtig machte. Sie begann zu frösteln, und Michael gab ihr seinen Mantel. Dann gingen sie weiter. Michael ging voran, und Cat wies ihm immer wieder die Richtung. Abend. Er hob sich langsam aus den

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